


Lukas Spang interessierte sich schon als BWL-Student intensiv für das Auf und Ab der Börse. Im Jahr 2013 eröffnete er ein Musterportfolio auf der Plattform Wikifolio. 2021 legte er seine bewährte Strategie mit Schwerpunkt auf Klein- und Kleinstwerte (Small und Micro Cap) als Fonds auf (mehr zur Geschichte des Fonds gibt es hier zum Nachlesen). 2022 wurde der Nebenwerte-Sektor in Folge von Ukraine-Krieg, Zinsanstieg und Inflation kräftig durchgerüttelt.
Im Gespräch mit DAS INVESTMENT verrät Lukas Spang, auf welche Faktoren es im Zuge des neuen Marktumfeldes besonders ankommt, wie er die perfekten Unternehmen findet und welche Aktien er derzeit besonders spannend findet.
DAS INVESTMENT: Herr Spang, 2022 war das Jahr der Giganten, zumindest an der Börse. Viele investierten lieber in Sicherheit als Abenteuer. 2023 kommt es zur Trendwende – glaubt jedenfalls die Bank of America. Sie sieht bei Small Caps eine Outperformance. Teilen Sie den bullishen Eindruck?
Lukas Spang: Der Dax lief ab Ende 2021 stärker als der SDax, das Tief haben wir im Oktober gesehen. Allmählich startet wieder eine Aufwärtsbewegung. Der Blick in die Geschichte zeigt uns jedoch, dass es noch etwas dauern kann. Es ist gut möglich, dass die Phase der Outperformance der Nebenwerte erst Ende des ersten Halbjahres beginnt. Doch selbst dann muss man unterscheiden zwischen Small Caps im SDax und noch kleineren Werten, wie sie etwa in meinem Fonds zu finden sind. Denn die sind meist noch weniger liquide.
Sie beraten den Tigris Small & Micro Cap Growth Fund. Der Name legt es bereits nahe: Es geht um Wachstum. Was heißt das genau?
Spang: Mein Fokus liegt auf Unternehmen mit profitablem Wachstum in der DACH-Region. Also auf Unternehmen, die durch neue Produkte, Technologien oder durch Gesetzesinitiativen wachsen und geringe Investitionen tätigen müssen. Das wiederum ermöglicht hohe Kapitalrenditen.
Ein Unternehmen bei Ihnen muss also zwingend profitabel sein?
Spang: Nein. Aber die Perspektive sollte so sein, dass es innerhalb der nächsten 12 Monate auf EBITDA-Basis profitabel ist. Es geht mir nicht um Wachstum um jeden Preis, sondern um qualitatives Wachstum.
Was ist aus Ihrer Sicht die entscheidende KPI bei der Unternehmensbewertung?
Spang: Die Free-Cashflow-Rendite ist der wichtigste Wert überhaupt. Denn ein Unternehmen kann ein positives Ergebnis erzielen, aber aufgrund von Investitionen am Ende dennoch einen negativen Cashflow haben. Natürlich muss ein Unternehmen in einem steigenden Zinsumfeld mehr Cashflow generieren als eine „sichere“ Anlage wie etwa eine Bundesanleihe. Das ist für mich in den letzten Monaten durch das gestiegene Zinsumfeld immer wichtiger geworden.
Robert Smith vom US-amerikanischen Fondshaus Barings hat eine Vorliebe für europäische Unternehmen. Für ihn muss ein Nebenwert mindestens ein Kurspotenzial von 25 Prozent besitzen. Haben Sie ähnliche Vorstellungen?
Spang: Bei mir sind es mindestens 50 Prozent. Aber eigentlich suche ich immer den nächsten Verdoppler.
Das ist ambitioniert.
Spang: Man muss immer erst einmal in die Aktie reinkommen. Denn kauft man sie über den Markt, treibt man möglicherweise den Kurs auch nach oben. Beim Verkauf besteht dementsprechend das Risiko, den Kurs zu drücken. Und deshalb braucht man ein entsprechend höheres Kurspotenzial.
Wie managen Sie die Risiken in Ihrem Fonds?
Spang: Der Fonds ist fokussiert aufgestellt, strategisch sind 20 bis 30 Werte angedacht - derzeit sind es 21. Ich betrachte immer die Liquidität der Aktie, um nicht zu viele illiquide Werte anzuhäufen, sondern eine gute und gesunde Mischung zu garantieren. Und natürlich geht es auch ums Potenzial einer Aktie. Je höher das ist, desto größer kann auch die Gewichtung sein. Am Ende spielen viele Facetten rein: Neben Chance und Risiko sind auch qualitative Faktoren wie das Management und dessen Prognosetreue aus den vergangenen Jahren wichtig, die Corporate Governance und so weiter.
Analysieren Sie das alles selbst?
Spang: Ich mache alles allein, ja. Ich bin bereits seit 2013 im Markt, kenne also schon viele Firmen sehr gut und lange.

Erklären Sie bitte aus Ihrer Sicht die DNA für den perfekten Nebenwert.
Spang: Nah ran kommt in meinen Augen die Limes Schlossklinik. Es handelt sich dabei um Privatkliniken für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Mehrere Faktoren sprechen für das Unternehmen: In Deutschland steigt die Zahl der psychischen Erkrankungen, das ist – leider – ein Markttrend. Inzwischen gehören drei Kliniken zum Unternehmen, zwei befinden sich in Deutschland, eine in der Schweiz. Das Wachstumspotenzial ist dementsprechend groß. Und das Geschäftsmodell sehr profitabel, wir reden von EBITDA-Margen um die 30 Prozent. Gleichzeitig gibt es keinen nennenswerten Investitionsbedarf, weil die Kliniken nicht gekauft, sondern gemietet werden. Perspektivisch ist vielleicht sogar eine Dividende drin, derzeit wird der Cashflow jedoch komplett in die Expansion investiert. Eine sehr spannende Story.
Dennoch ist es nicht Ihre größte Position im Fonds …
Spang: Mein großer Schwerpunkt liegt aktuell auf dem Bereich IT-Service und -Beratung, vor allem in Kombination mit Software-Lösungen. Hier sehe ich durch die Digitalisierung starke Wachstumstreiber. Meine zwei größten Positionen sind Nagarro und Allgeier. Diese Unternehmen wachsen noch organisch im zweistelligen Bereich und steigern durch Skalierungseffekte gleichzeitig ihre Margen – genau solche Unternehmen suche ich.
Welchen Sektor meiden Sie 2023?
Spang: Ich habe mich zuletzt im Konsumsektor stark zurückgehalten, ganz egal ob es sich um eine fashionette, Westwing oder Shop Apotheke handelt. Zum einen bin ich der Meinung, dass diese Aktien immer noch sehr teuer sind, zum anderen ist das aktuelle Konsumumfeld nicht besonders förderlich. Sollte sich die Stimmung drehen, könnten solche Unternehmen langfristig aber wieder interessant werden. Unternehmen, die erst in zwei Jahren profitabel sind, meide ich grundsätzlich.
Über den Interviewten:
Lukas Spang ist Geschäftsführer der Tigris Capital GmbH und verfügt über mehrjährige Erfahrung im Small & Micro Cap Kapitalmarktumfeld.