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Made in China 2025 China auf dem Weg zum High-Tech-Land

Von Lesedauer: 5 Minuten
Jonathan Tseng, Research-Analyst bei Fidelity International

„In den 1950er Jahren stand ,Made in Japan‘ für schlechte Qualität und Nachahmer-Produkte. In den 1980er Jahren hatte sich die Wahrnehmung komplett gedreht“, sagt Jonathan Tseng, Research-Analyst bei Fidelity. Japan gilt seither als Produzent von High-Tech-Produkten und zählt zu den führenden Nationen bei technischen Innovationen, etwa auf dem Robotik-Markt. „In China sehen wir heute eine ähnliche Entwicklung“, beobachtet Tseng. Noch ist das Land dabei, seinen Ruf als Hersteller von einfacher Massenware abzuschütteln. Doch der Wandel vollzieht sich rasant.

Statt auf billige Kopien setzen chinesische Unternehmen zunehmend auf eigene Innovationen. Tseng nennt ein Beispiel: „Als vor einigen Jahren Apple in seinem iPhone 7 Plus zwei Kameras verbaute, haben Huawei und andere chinesische Hersteller dies schnell kopiert. Mittlerweile hat Huawei mit seinem P30 Pro die Kamerafunktion des US-Mitbewerbers Apple überboten. Und zwar nicht durch den Zukauf teurer Komponenten, sondern durch eigene Software-Innovationen.“ Ein weiteres Beispiel für überlegenes Tech-Know-how ist der gewaltige Erfolg der Mega-App WeChat von Tencent. Und nicht zu vergessen: „Huaweis 5G-Basisstationen sind nicht mehr gut, weil sie günstig sind. Sondern sie sind gut, weil sie gut sind“, meint Tseng und erklärt: „Sie sind kleiner, leichter und energieeffizienter als Konkurrenzprodukte. Das gibt Telekomanbietern mehr Flexibilität, diese zu platzieren.“

Fahrplan zur Modernisierung der Industrie

Die 5G-Entwicklung ist ein ganz entscheidendes Element auf dem Weg zum „chinesischen Traum“. „Denn 5G hat das Potenzial, China von einer kapital- und arbeitskraftintensiven Produktionswirtschaft in eine innovations- und konsumgetriebene Wirtschaft zu wandeln“, erwartet Tseng. 2015 stellte die Regierung ihren Fahrplan zur Modernisierung der chinesischen Industrie vor. Das Projekt „Made in China 2025“ soll China in die Liga der weltweiten Industrie- und Technologieführer katapultieren. Zehn Industrien wurden auserkoren, die diesen ambitionierten Plan stützen sollen; hierzu gehören Unternehmen aus den Bereichen Raumfahrt, Schiffbau, Fahrzeugbau, Robotik und IT.

„Made in China 2025 ist eine Reaktion auf eine Reihe langfristiger Trends. Dazu zählt Chinas mangelnde Eigenständigkeit in Schlüsseltechnologien“, sagt Tseng. Dies soll sich ändern. Bis 2020 sollen 40 Prozent der Komponenten der genutzten Technologien im Inland gefertigt werden, 2025 sollen es dann 70 Prozent sein. Einen weiteren Grund für das Megaprojekt sieht Tseng darin, dass China erkannt hat, dass das Angebot an günstigen Arbeitskräften nicht unendlich ist. Unternehmen müssen zukünftig mit weniger Arbeitskräften mehr leisten, das erfordert Investitionen in Technologie, aber auch produktivere Jobs.

Zugriff auf enorme Datenmengen stützt KI-Investitionen

Made in China 2025 kann in einigen Bereichen bereits gute Erfolge vorweisen, in anderen hapert es noch. „China hat sich bei Elektrofahrzeugen an die Spitze vorgearbeitet, aber bei Halbleitern fehlt noch das entscheidende Fertigungs-Know-how. Auch die jüngste Konjunkturabkühlung in China ist nicht hilfreich“, schränkt Tseng ein. Nicht sonderlich überraschend zieht das Programm harsche Kritik und Gegenmaßnahmen der US-Regierung auf sich, die Nachteile für die Tech-Unternehmen aus dem eigenen Land fürchtet. „Dies bringt China jedoch nicht vom Kurs ab. Im Gegenteil, der US-Widerstand führt eher dazu, dass China seine Bemühungen verdoppelt. Sollten die 2025er-Ziele nicht erreicht werden, dürften die 2030er-Ziele umso ambitionierter sein“, prophezeit Tseng.

Als spannendsten Bereich sieht der Research-Analyst die künstliche Intelligenz (KI). Denn hier kann China mit seinem Zugang zu extrem großen Datenmengen, die die Basis für KI bilden, aus dem Vollen schöpfen. Zudem wird China eines der ersten Länder mit einem umfangreichen 5G-Netzwerk sein. „Chinesische Entwickler haben einen beeindruckenden Vorsprung bei der Entwicklung von Apps und anderen Services, die das neue Geschwindigkeitsniveau nutzen. Wahrscheinlich werden die nächsten Super-Apps aus China stammen“, erwartet Tseng.

Das neue China ist ein attraktives Ziel für Investoren, es birgt aber auch Risiken, interne und externe. „China ist es gelungen, wirtschaftliches Wachstum zu liefern, allerdings auf Kosten von politischer und sozialer Freiheit. Bei den Einschränkungen hat auch die Technologie geholfen, etwa durch eine große chinesische Firewall um das Internet“, sagt Tseng und gibt zu bedenken, dass das System seine volle Funktionsfähigkeit bei schwächelndem Wachstum noch nicht unter Beweis stellen musste. Externe Risiken für Investoren sieht er in der zunehmend aggressiven Haltung einiger Regierungen gegenüber China: „Die globale Vernetzung der Technologieindustrie, von der alle profitieren, zeigt Schwächen.“

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