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Main-First-Manager Cornel Bruhin über Russland-Anleihen „Die USA missbrauchen die Ratingagenturen als politisches Mittel“

Cornel Bruhin von Main First
Cornel Bruhin von Main First
DER FONDS: Ihr Fonds hat 2014 bis zum Herbst stark zugelegt, doch dann gingen innerhalb weniger Wochen nahezu sämtliche Gewinne wieder verloren. Was ist passiert?

Cornel Bruhin: Als Value-Investoren haben wir Ende März angefangen, Russland-Anleihen zu kaufen – und damit bis Anfang Juli extrem gut verdient. Der Wendepunkt kam mit dem Flugzeugabsturz über der Ukraine und den Sanktionen gegen Russland. Seit Herbst missbrauchen die USA nun die Ratingagenturen als politisches Mittel. Das hat den Kursen dieser Papiere natürlich geschadet. Die jüngsten Abstufungen und niedrigen Bewertungen halten wir jedoch für nicht gerechtfertigt – so ist zum Beispiel trotz der aktuellen Umstände das Staatsdefizit Russlands nicht höher als 2 bis 3 Prozent des Bruttosozialprodukts und somit wesentlich geringer als zum Beispiel das Italiens oder Spaniens. Wir sehen hier somit weiterhin attraktive Einstiegschancen.


Blau: Main First Emerging Markets Corporate Bond Fund Balanced A2
Rot: FWW Sektordurchschnitt Rentenfonds Unternehmensanleihen höherverzinst Emerging Markets Hart- und Weichwährungen (Welt)
Quelle: fondsweb

Fast ein Fünftel Ihres Fondsvermögens steckt in Anleihen aus dem Öl- und Gassektor. Hat auch das eine Rolle gespielt?


Natürlich. Seit Juli sind die Ölpreise gefallen. Wir halten vor allem Anleihen von Unternehmen, die im normalen Fördergeschäft tätig sind, zum Beispiel von Rosneft in Russland, Mie Holding in China, Pacific Rubiales in Kolumbien oder Odebrecht Offshore Drilling in Brasilien. In den Schwellenländern sind dabei die Preise viel stärker gefallen als bei Hochzinsanleihen aus den USA, obwohl unkonventionelle Methoden – also zum Beispiel das Fracking – im Schnitt viel höhere Kosten aufweisen. Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Mit fallenden Ölpreisen haben viele Investoren vorsichtshalber verkauft, ohne vorher genau zu analysieren. In den Schwellenländern sitzen die meist traditionellen Produzenten mit deutlich tieferen Produktionskosten als in den USA und Kanada. Zudem sind die Währungen vieler ölfördernder Schwellenländer stark unter Druck gekommen. Dies hat die Kostenbasis dieser Förderer zusätzlich verbessert, die für ihre Verkäufe wiederum US-Dollar erhalten.

Insgesamt kommen Anleihen aus Russland und Brasilien in Ihrem Fonds auf einen Anteil von 30 Prozent. Was macht Sie so sicher, dass dieses hohe Engagement Früchte tragen wird?

Die großen russischen Unternehmen wie Rosneft oder Gazprom sind vor allem Rohstoffproduzenten. Die verkaufen ihre Ware an den internationalen Märkten und bekommen dafür Devisen: Euro und Dollar. Viele dieser Unternehmen haben genügend Spielraum, ihre Schulden zu bezahlen. Russland hat 2014 insgesamt 130 Milliarden US-Dollar an Schulden zurückbezahlt, davon spricht niemand. Ende 2015 wird die Verschuldung in Russland auf 530 Milliarden Dollar zurückgehen. Die Möglichkeit zu bezahlen besteht allemal. Außerdem zwingen die Sanktionen russische Unternehmen zum Abbau von Fremdwährungsschulden. Einige Unternehmen kaufen bereits aktiv eigene Obligationen auf gedrücktem Niveau zurück. Wir sind daher weiterhin vom Potenzial dieser Titel überzeugt.

Und Brasilien?

Dort gab es im Oktober Wahlen, bei denen Dilma Rousseff knapp gewonnen hat. Ich glaube, die internationalen Investoren hätten es lieber gesehen, wenn ihr Gegenkandidat Aécio Neves gewählt worden wäre. Dann hätte es eine Wahl-Rally und eventuell Reformen geben können. Hier gab es zudem im November einen Einschnitt mit der Korruptionsaffäre um Petrobras. Alle Konstruktionsunternehmen wie Odebrecht sind abgestraft worden. Abseits der Korruption wird weiter Öl gefördert. Petrobras profitiert zurzeit von unveränderten Benzinpreisen. Jahrelang musste Petrobras teures Benzin am internationalen Markt einkaufen und mit Verlusten an Brasiliens Zapfsäulen anbieten. Zu aktuellen Preisen verdient Petrobras gut und kann die vergangenen Verluste ausgleichen.

China schwächelt momentan, der Ausblick enttäuscht viele Investoren. Auch dort sind Sie jedoch mit einem Anteil von rund 15 Prozent recht hoch gewichtet.

Bei China sprechen Investoren schon von einer Enttäuschung, wenn das Wachstum unter 7,5 Prozent bleibt. Wenn wir 7,4 Prozent Wachstum in Deutschland hätten, wäre das eine gute Nachricht. Ein Wachstum von 7,5 Prozent jährlich erhöht die Basis – das heißt, es wird immer schwieriger, dieses Ergebnis zu wiederholen. Die Jahre des einfachen Wachstums für China sind vorbei. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass China in fünf bis acht Jahren nur noch 4,5 bis 5 Prozent wachsen wird. Wir sehen das jedoch nicht dramatisch, sondern als Rückkehr zur Normalität. Das große Thema ist aktuell der Wandel von investitionsgetriebenem hin zu konsumgetriebenem Wachstum. Dies lässt einige Unternehmensbereiche als Verlierer zurück, schafft aber gleichzeitig neue Gewinner. Es gibt nach wie vor Industrien, die sehr gut laufen. China ist ein riesiges Land, und wir sind dort sehr breit aufgestellt.

Gibt es außer den drei genannten Ländern weitere, auf die Sie 2015 besonders schauen?

Wir investieren weltweit in über 40 Ländern und gehen dahin, wo wir glauben, dass der Markt vollkommen unterbewertet ist. Momentan zum Beispiel nach Indonesien. Das Land wird 2015 stärker wachsen, deshalb finden wir dort viele Unternehmen mit vielversprechendem Potenzial. Auch Afrika birgt viele Chancen. So haben wir zum Beispiel angefangen, Staatsanleihen aus Angola zu kaufen, weil die Verschuldung nicht sehr hoch ist. Auch in Aserbaidschan, Kolumbien und Argentinien kaufen wir vereinzelt zu tiefen Preisen ein.

Welche Performance erwarten Sie im laufenden Jahr?

Das hängt von den Rohstoffpreisen ab. Momentan haben die Anleihen in unserem Portfolio eine durchschnittliche Rendite von 10 Prozent. Die Hälfte unseres Portfolios ist mit einem Investment Grade Rating versehen. Wenn der Ölpreis Ende des Jahres zwischen 60 und 70 US-Dollar steht, sollte die Performance im Portfolio sehr attraktiv ausfallen.

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