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Main-First-Manager Olgerd Eichler „Nach dem Brexit haben wir Finanztitel gekauft“

Olgerd Eichler, Manager des Main First Germany Fund
Olgerd Eichler, Manager des Main First Germany Fund

DAS INVESTMENT.com: Europa und Deutschland sind enttäuscht und entsetzt über die Brexit-Entscheidung. Können Sie dem Votum irgendetwas Positives abgewinnen? Könnte der Brexit zum Beispiel das starke Signal sein, dass es brauchte, damit sich Europa neu aufstellt und stärker zusammenwächst?

Olgerd Eichler: Der Brexit bedeutet nicht das Ende der Europäischen Union. Er könnte sogar dazu führen, dass die verbleibenden Mitglieder in Zukunft stärker zusammenzufinden. Die zukünftigen Entwicklungen hängen nun vor allem von den Verhandlungen der Politiker über die Bedingungen des EU-Ausstiegs Großbritanniens ab. Für den Moment ist zumindest eine der stärksten Befürchtungen, die es im Vorfeld des Referendums gab, nicht eingetreten. Die Sorge, ein „Leave“-Szenario könnte die Populisten in Europa stärken, hat sich bei den Wahlen in Spanien nicht bestätigt: Dort ist die Linkspartei nicht die stärkste Kraft geworden.

Welche Nachrichten im Zusammenhang mit dem Brexit könnten uns in den kommenden Tagen und Wochen erreichen, die für weitere heftige Kursrückgänge sorgen würden? Oder anders: Welche Folgen des Brexits hat die Mehrheit der Marktteilnehmer vielleicht übersehen?

Eichler: Während es bis zum endgültigen Austritt aus der EU noch ein langer Weg ist, steigt die Verunsicherung über das Geschäftsumfeld in Großbritannien bereits unmittelbar an. Die Investitionsfreude der Unternehmen ist deutlich gedämpft. Genau wie die European Banking Authority erwägen auch einige Unternehmen eine Verlagerung ihrer Standorte und Arbeitsplätze aufs EU-Festland, um weiterhin die Vorteile des Marktzugangs und der Arbeitnehmer-Freizügigkeit zu genießen. Wir rechnen damit, dass diese Entwicklungen in Summe die Konjunkturindikatoren in Großbritannien deutlich belasten werden.

Wie wird das Thema Brexit im Speziellen und die Diskussion um Europa im Allgemeinen die Börsen in den kommenden Monaten begleiten? Gilt zumindest für den Brexit die alte Börsenweisheit „Politische Börsen haben kurze Beine“?

Eichler: Wir gehen davon aus, dass politische Nachrichten kurzfristig die Volatilität an den Börsen hoch halten werden. Mittelfristig spiegeln die Börsen natürlich die Wirtschaftsentwicklung über die Unternehmensgewinne wieder. Da der Brexit negative konjunkturelle Folgen für Großbritannien mit sich bringen wird, wird sich auch das gesamteuropäische Wirtschaftswachstum reduzieren. Allerdings stufen wir die Ansteckungsgefahr für Europa und die globalen Märkte als insgesamt eher gering ein: Eine Rezession in Europa durch den Brexit erwarten wir nicht. Das mittelfristige Bild ist daher so stabil, dass Anleger starke Aktienkursrückgänge bei aussichtsreichen europäischen Titeln gut als Kaufgelegenheit nutzen können, sofern sie bereit sind, Volatilität auszuhalten.