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Urteil des OLG Dresden Maklervertrag kommt schneller zustande als vermutet

Am Laptop
Am Laptop: Ein Versicherungsmaklervertrag muss nicht zwingend schriftlich geschlossen werden. | Foto: imago images / Westend61

Ein Versicherungsmaklervertrag muss nicht zwingend schriftlich, sondern kann auch mündlich geschlossen werden. Er kann zum Beispiel zustande kommen, wenn der Kunde seine Kontaktdaten auf der Internetseite des Maklers hinterlassen hat und dieser ihn zwecks individueller Beratung zurückruft. Darauf macht die Hamburger Kanzlei Michaelis aufmerksam. Jurist Fabian Kosch hat sich eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden angesehen.

Der Fall

Eine Beamtenanwärterin wollte sich privat krankenversichern und nahm über dessen Internetseite Kontakt zu einem deutschlandweit tätigen Versicherungsmakler auf. Die Anwärterin litt an einer Vorerkrankung, dem Wolff-Parkinson-Syndrom. Ein selbstständiger, über die Internetseite erreichbarer Makler rief sie daraufhin zurück. Er forderte Unterlagen zu ihrem Gesundheitszustand an, teilte allerdings nach Erhalt mit, dass der Abschluss einer privaten Krankenversicherung hier nicht möglich sei.

Worauf der Makler nicht hingewiesen hatte: Die Interessentin hätte sich trotz Vorerkrankung sehr wohl privat krankenversichern können. Im Zuge einer sogenannten Öffnungsaktion hätte sie zum Zeitpunkt ihrer Verbeamtung mit einem Beitragszuschlag von bis zu 30 Prozent in den ersten sechs Monaten nach Erst-Verbeamtung eine PKV-Police abschließen können – ohne Leistungsausschlüsse und ohne Risikoprüfung.

Der Beamtenanwärterin gelang es in der Folge dennoch, ohne Beteiligung des Versicherungsmaklers, von einem privaten Anbieter aufgenommen zu werden. Allerdings zu einer höheren Prämie als sie im Wege der Öffnungsaktion hätte zahlen müssen. Die Interessentin warf dem Versicherungsmakler daraufhin vor, sie nicht auf die günstigere Möglichkeit hingewiesen zu haben. Sie forderte vor Gericht Schadenersatz wegen Falschberatung.  

Der Versicherungsmakler argumentierte: Zwischen der Interessentin und ihm sei gar kein Maklervertrag zustande gekommen. Seine Auskünfte seien rechtlich nicht verbindlich gewesen. Ohne schriftliche Maklervollmacht könne er keine Vermittlung vornehmen. Mangels Vertrags und Vollmacht sei er nicht zur Beratung verpflichtet gewesen.

Das Urteil

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Das OLG Dresden sah das anders, ebenso wie bereits die Vorinstanz, das Landgericht Leipzig. Das OLG argumentierte: Schon der telefonische Kontakt, das Anfordern der Daten und Fragen zur persönlichen Situation der Interessentin sprächen deutlich für eine rechtlich verbindliche Beratung. Allein dass der Versicherungsbedarf erörtert wurde und der Makler bei Versicherern nach Konditionen fragte, reiche aus, dass es sich hier um eine Versicherungsvermittlertätigkeit gehandelt habe. Es habe ein Versicherungsmaklervertrag bestanden, der den Makler in dem Fall auch haftbar mache. Er hätte die Interessentin gemäß den Paragrafen 60 und 61 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) umfassend beraten und dabei auch auf die hier mögliche Öffnungsaktion hinweisen müssen, so das Gericht.

Auch dass der Makler sich nur in der Rolle eines Tippgebers gefühlt haben wollte, ließ das OLG Dresden nicht gelten: Das vorgelegte Briefpapier spräche eine andere Sprache. Das OLG Dresden fügte zudem an, dass der Makler im vorliegenden Fall auch gegen Informationspflichten gemäß BGB und Versicherungsvermittlungsverordnung verstoßen haben könnte und verwies dabei auf Paragraf 823 Absatz 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Verbindung mit Paragraf 11 Absatz 1 VersVermV.

Der Versicherungsvermittler musste der Kundin schlussendlich Schadenersatz zahlen, nämlich die Differenz der höheren zur niedrigeren Prämie.

Jurist Kosch meint: „Die Annahme eines Maklervertrages und die damit einhergehenden umfassenden (Beratungs-)Pflichten werden sehr weit nach vorne verlagert. Wenn anhand der objektiven Umstände eine individuelle Kundenberatung mit dem möglichen Ziel auf Abschluss eines Versicherungsvertrages bereits beginnt, entsteht eine rechtsverbindliche und umfassende Beratungsverpflichtung. Das Unterlassen der erforderlichen Hinweise (hier auf die Öffnungsaktion) steht einer inhaltlichen falschen Auskunft und Beratung gleich.“

Dass beide Seiten schriftlich einen Maklervertrag unterzeichneten oder eine Bevollmächtigung schlössen, sei nicht zwingend erforderlich. Auch einfache Auskünfte, die etwa am Telefon erfolgten, könnten den Makler in Haftungsverantwortung bringen. „Der Versicherungsmakler kann also auch nicht nur für ‚Falschvermittlung‘, sondern auch für eine ‚Nichtvermittlung‘ haften“, gibt Kosch zu bedenken.

Der Jurist findet: Eine Öffnungsregelung für Beamte sollte zum Grundwissen für alle in der PKV tätigen Versicherungsvermittler gehören.

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