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Malte Dreher feiert 20-jähriges Dienstjubiläum „Ich neige zur unruhigen Gelassenheit“

Selina Piening, Leiterin Großkundenvertrieb Deutschland und Österreich bei Oddo BHF (links) und Malte Dreher,
Selina Piening, Leiterin Großkundenvertrieb Deutschland und Österreich bei Oddo BHF (links) befragte Malte Dreher, Herausgeber von DAS INVESTMENT und dem private banking magazin, zu seinem 20-jährigen Dienstjubiläum | Foto: Privat

Selina Piening: Wie bist Du Finanzjournalist geworden?

Malte Dreher: Ich wollte immer Journalist werden. Denn ich habe mich gefragt: Was kannst Du? Was kannst Du nicht? Okay, und was machen wir nun daraus? Naturwissenschaften waren ein Krampf, Mathe, Musik oder auch Kunst, alles Mist. Deutsch habe ich geliebt. Da hatte ich Lehrer, die beim Zitieren von Baudelaires „Blumen des Bösen“ auf den Tisch gesprungen sind und gebrüllt haben. Wie bei „Club der toten Dichter“. Diese Leidenschaft hat mich begeistert.

Hier noch ganz unbedarft: der Jungredakteur Malte Dreher.
Hier noch ganz am Anfang der Karriere:
Jungredakteur Malte Dreher. © Privat

Ich habe dann ganz klassisch mit zwei Freundinnen und einem Kumpel aus der Foto-AG eine Schülerzeitung gegründet und da ich auf einem Internat war, gab es unglaublich viel Klatsch und Tratsch. Wir haben Affären aufgedeckt und ich meine Liebe zum Boulevard entdeckt. Während des Studiums in Heidelberg habe ich zusammen mit Horst von Buttlar die Lokalredaktionen eines Anzeigenblatts in Speyer und Schwetzingen geleitet. Später habe ich in Köln studiert und bei der Bild als freier Redakteur gearbeitet. Lokal und Polizei, großartig.

Für die Stelle hier in Hamburg als Finanzredakteur habe ich mich vor 20 Jahren entschieden, weil ich Köln durchgefeiert hatte und solide werden musste. Erstes Kind und so. Finanzen fand ich spannend, mein Vater war Banker, aber auch nicht so spannend, dass ich eine Leidenschaft entwickeln würde. Die habe ich fürs Feuilleton – aber da wollte ich mir von keinem leitenden Redakteur reinquatschen lassen. Also Finanzen für den Alltag, Feuilleton fürs Vergnügen. Inzwischen habe ich mit Freunden aus der Finanzszene einige Whatsapp-Gruppen für Literatur und Theater. Großartig.    

Was wolltest Du eigentlich werden?

Dreher: Ressortleiter oder Chefredakteur irgendwo im Feuilleton, mit eigener großer Bibliothek, dem Fokus auf moderne Literatur, Kunst und Theater und vielen Reisen. So ein bisschen wie Roger Willemsen. Vor dem habe ich eine ganz tiefe Hochachtung. Solche Leute gibt es leider nicht viele. 

Und was wolltest Du als Kind mal werden?

Dreher: Diplomat. Meine Eltern haben Freunde, die mussten alle vier Jahre in ein neues Land umziehen. Das finde ich auch heute noch faszinierend. Ich habe Freunde bei den Vereinten Nationen oder der GTZ und bin jedes Mal geflasht, wenn die von ihren Projekten erzählen. Ganz gleich, ob in Ghana, der Mongolei oder Costa Rica. Später nach dem Zivildienst – ich habe mit behinderten Kindern gearbeitet – habe ich kurz überlegt, Sozialpädagogik zu studieren. Aber das erlebte Tamtam zwischen großartigen Menschen in der Pflege und einer maximal behäbigen und destruktiven Verwaltung hat mich abgeschreckt. 

 

Was war das skurrilste Interview, das Du hattest?

Dreher: Ich hatte bei der Bild-Zeitung viele schräge Gespräche. Vom Puff-Besitzer über einen deutschen Mutter-Mörder in einem Pariser Untersuchungsgefängnis. Da waren die vergangenen 20 Jahre etwas weniger aufregend und nicht wirklich skurril. Ich hatte aber tolle Erfahrungen. Eines meiner ersten Interviews war mit Graham French. Der war Portfoliomanager bei M&G und hat den Global Basics Fonds gemanagt. Wir sprachen im Hotel Atlantic, als plötzlich Muhammed Ali plus Tross ins Hotel kam. Riesige Bodyguards und ein schon zitternder Ex-Boxer mit Parkinson.

Graham ist aufgesprungen und hat es geschafft, Ali die Hand zu schütteln. Der war sein Kindheits-Idol und Graham French hatte Tränen in den Augen nach der Begegnung. Ein anderes Treffen war mit Bill Miller, US-Star und Portfoliomanager von Legg Mason. Ich hatte am Tag des Google-Börsengangs im Londoner Dorchester Hotel ein Gespräch mit ihm. Er wollte den Börsengang und ein Footballspiel gleichzeitig sehen, hatte zwei Fernseher im Zimmer und ich durfte mit. Wir haben gequatscht, Chips gegessen, auf seinem Bett gesessen und nebenher Google und Football geguckt.

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„Man wird zusammen älter, manchmal auch reifer und teilt gute Momente. Das ist der Vorteil einer Branche, die überschaubar viele Protagonisten hat.“

Hast Du auch mal nach einem Interview mit einem Fondsmanager seinen Fonds gekauft und damit super Erfahrungen gemacht?

Dreher: Ja, indirekt. Ich habe 2004 mit Jim O’Neill von Goldman Sachs gesprochen: Der hat die Bric-Idee aufgebracht. Man kann das für einen Marketing-Gag halten. Ich glaube an die Dynamik der Schwellenländer. Damals habe ich einen Sparplan für meine erste Tochter auf einen Bric-Fonds abgeschlossen. Das hat sich gelohnt, war aber auch gut volatil. 

Was ist das Geheimnis Deines Erfolges als Herausgeber?

Dreher: Ich bin da über die Jahre so reingewachsen und ich habe mir immer meine Authentizität erhalten. Das bekomme ich zumindest so gespiegelt. Und ich weiß nach wie vor, was ich kann und was nicht. Das ist ganz wichtig. Ich möchte auch bei Kolleginnen und Kollegen deren Stärken ausbauen, die Schwächen kann ich gut weglächeln. Mich lädt ja auch keiner zu Prozessoptimierungs-Meetings ein – aus Gründen. 

Was ist das Beste, was Du dieser Branche zu verdanken hast?

Dreher: Richtig gute Leute, die mich seit 20 Jahren begleiten. Das ist der Vorteil einer Branche, die überschaubar viele Protagonisten hat. Man wird zusammen älter, manchmal auch reifer und teilt gute Momente. 

 

Wie hat Dich die Arbeit als Finanzjournalist und Herausgeber persönlich geprägt?

Dreher: Ich habe zwangsläufig ein tieferes Verständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen bekommen und viele Unternehmerpersönlichkeiten kennengelernt. Auch großartige Portfoliomanager. Nun bin ich auch Partner der Edelstoff Media. Diese ganzen Eindrücke und Erfahrungen haben mich ganz gut reifen lassen und eine Erkenntnis verstärkt: Man sollte Verantwortung übernehmen, nicht jammern und nicht die Schuld bei anderen suchen, aber auch nicht über jedes Stöckchen springen. Ferner wurde ja eigentlich schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Kurzum: Ich neige zur unruhigen Gelassenheit. 

Wen möchtest Du noch am liebsten für eine Titelgeschichte interviewen?

Dreher: Bill Browder. Er ist Kind amerikanischer Kommunisten, ging nach Moskau, und wurde als Hedgefondsmanager sehr vermögend und unbequem. Heute lebt er als Putins Staatsfeind Nummer eins in ständiger Bedrohung in London und schreibt unglaublich spannende Bücher. Ich habe ihn vor 15 Jahren mal in Moskau getroffen. Ein beeindruckender Mann, den ich gern mal wiedersehen würde.