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"Man kauft ja auch keinem Fahranfänger einen 300-PS-Sportwagen"

Marius Hoerner
Marius Hoerner
Die Kritik an Mittelstandsanleihen will nicht verstummen. Grundsätzlich ist das gut so. Die Kritik bewahrt vor Fehlern. Doch auch die Kritik muss sich hinterfragen lassen. Warum begrüßt ein Vermögensverwalter, der seine Anlagepolitik bei Zinsprodukten auf den Mittelstand ausgerichtet hat, die Kritik an eben diesem Segment? Dafür gibt es mehrere Gründe.

Zunächst, salopp gesagt, unser eigenes Interesse: Die Kritik sichert dem Marktsegment insgesamt Beachtung. Ohne Aufmerksamkeit setzt kein Prozess der Meinungsbildung ein. Wer aber keine Einschätzung zu einer Sache hat, interessiert sich auch nicht dafür. Genau dieses Interesse brauchen wir als Vermögensverwalter aber.

Wichtig ist indes in erster Linie die kritische Betrachtung der einzelnen Emittenten. Es wäre zu einfach und zu schön, wenn man ein Raster über die Anleihen legen könnte, das  die Perlen sofort offenbart. Umgekehrt ist es auch zu einfach zu glauben, die weniger guten oder gar schlechten Papiere anhand weniger Kriterien ausfindig machen zu können.

Eine Pauschalkritik an neuen Trends ist hingegen wenig hilfreich. Schiffe oder Immobilien zum Beispiel, wie sie bisher aus geschlossenen Beteiligungen bekannt sind, können als Basis von Anleihen mit ebenso so wenigen oder vielen Risiken behaftet sein wie die Anleihe eines produzierenden Unternehmens. Hier wie dort sind also die Strukturen im Einzelfall genau zu prüfen. Zu Riskant?

Kommen wir zum Vorwurf, das gesamte Segment sei zu riskant. In der Tat können insbesondere private Investoren in vielen Fällen nicht beurteilen, ob das Risiko einer Anlage tatsächlich zu ihrem Profil passt – selbst wenn sie sich als risikobewusst einschätzen. Das gilt indes nicht nur für Mittelstandsanleihen, sondern für jede Anlageklasse und ganz speziell für die fast ausschließlich für Privatkunden konzipierten Zertifikate und Optionsscheine.

Oft sind es also – ich sage es mal provokant – Miesmacher, die alles schlechtreden, was sie nicht verstehen können oder wollen – oder die genau wissen, wann sich schlechte Nachrichten besser verkaufen als gute.

Erstaunlich ist ein ganz anderer Punkt: Dass die Besicherungskonzepte vieler Anleihen bisher nicht in den Fokus getreten sind. Denn in einigen Fällen sind diese Konzepte tatsächlich fragwürdig. Allerdings nicht auf den ersten Blick, sondern erst bei genauer Analyse. Hier gilt es, mit Fachkenntnis genau hinzuschauen, um die guten von den schlechten Papieren unterscheiden zu können.

Wie immer im Leben sind pauschale Urteile die einfachsten. Die gängigsten, die manchen Stammtischparolen nicht unähnlich sind, spare ich mir an dieser Stelle. Vielmehr rate ich dem Anleger, bei der Geldanlage so zu agieren, wie er es auch im täglichen Leben tut.

Zum Beispiel: Kauft man einem Fahranfänger einen 300-PS-Sportwagen oder doch lieber die „Golf-Klasse“? Sind Sie als Anleger eher ein Fahranfänger oder ein Routinier, der neben seiner Erfahrung auch die Reflexe für ein Fahren mit 300 PS am Limit hat?

Wenn der Anleger sich diese Frage ehrlich beantwortet, wird er schon eine Menge Anlagen ausschließen können. Und wenn es um spezielles Wissen geht, fragt man Fachleute. Oder ziehen Sie sich Ihre Zähne auch selbst?

Unter dem Strich ist Kritik also zu begrüßen. Es wäre aber schön, wenn sie reflektiert geäußert würde und auch die positiven Seiten zur Sprache kämen. Das Marktsegment der Mittelstandsanleihen ist jung und erst in der Entwicklung.

Genau wie bei den großen Corporates wird sich auch hier ein Junk Bond-Bereich bilden. Einige Emissionen sind in der Tat auf dem besten Wege dahin beziehungsweise schon dort angekommen.

Der größere Teil der bisherigen Emissionen präsentiert sich aber solide und gut finanziert. Das sollte auch mal gesagt werden. Wer breit streut, sichert sich besser ab. In unserem Fonds "Artus Mittelstands-Renten HI-Fonds (A0RHHB)" liegt der Anteil der meisten Titel deutlich unter zwei Prozent.

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