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Manfred Schlumberger: „Vola schützt vor Langeweile“

Manfred Schlumberger, BHF Trust
Manfred Schlumberger, BHF Trust
Die Aktienmärkte in Europa scheinen sich aktuell vom Wahlausgang in Italien nicht stoppen lassen zu wollen. Dennoch hat die Wahl einige Marktstrategen widerlegt, die voreilig das Ende der Eurokrise ausgerufen hatten. Denn die Krise war nie weg, sondern lediglich durch die Aktionen der Europäischen Zentralbank EZB in den Hintergrund gedrängt worden. Italiens bisherigem Regierungschef Monti war es gelungen, die Nettoneuverschuldung in Italien durch Steuererhöhungen in Richtung 3 Prozent zu senken. Dafür ist er jetzt bestraft worden, weitere Reformmaßnahmen, insbesondere den Arbeitsmarkt betreffend, sind ihm nicht gelungen. Durch das Patt in den Parlamenten wird der Reformprozess wie auch schon in Spanien zum Erliegen kommen. Bei wohlwollender Interpretation kann man damit auf ein Ende der fiskalischen Bremsmanöver setzen. Negativ ist jedoch zu vermerken, dass die EZB angesichts des Endes des Reformprozesses keine Staatsanleihenkäufe initiieren kann, ansonsten würde sie jegliche Glaubwürdigkeit verlieren und ein Desaster an den Kapitalmärkten anrichten.

USA wie Münchhausen

In den USA lässt sich Fed-Chef Bernanke bei seinem dritten QE-Programm nicht von einigen (nicht stimmberechtigten) Fed-Kollegen stoppen. Bernanke erkennt zwar potentielle Risiken und Kosten seiner Anleihenkaufprogramme an (Preisblasen bei riskanten Assets, etwas Inflation), schätzt aber den Nutzen für Wachstum und Beschäftigung deutlich höher ein. Und so scheinen es die USA wieder einmal zu schaffen, sich am eigenen Schopf aus der Krise zu ziehen. Niedrige Löhne und niedrige Energiepreise durch die massive Ausbeutung eigener Schiefergasvorkommen erlauben eine sukzessive Re-Industrialisierung in vielen US-Regionen. Auch die fortschreitende Erholung am Immobilienmarkt lässt einen weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit und ein zumindest moderates Wachstum der US-Wirtschaft zu. Der beginnende Sequester mit seinen automatischen Ausgabenkürzungen ist nicht gerade hilfreich, gehört aber zur politischen Folklore in den USA und erschreckt schlimmstenfalls temporär die Kapitalmärkte.

Aktien in den Emerging Markets schwach, aber Wachstum bleibt

Extrem verhalten ist 2013 die Aktienmarktentwicklung in den wichtigen Schwellenländern. So treten die Chinesen aktuell wegen der massiven Immobilienpreissteigerungen in den Metropolen geldpolitisch leicht auf die Bremse, wodurch auch dem Aktienmarkt wieder etwas die Puste ausgegangen ist. Da die Emerging Markets jedoch auch weiterhin die Quelle allen weltwirtschaftlichen Wachstums sind (über 70 Prozent des globalen Wachstums kommen aus Asien!), gilt es auch weiterhin, von diesem Wachstum zu profitieren. Dies gelingt insbesondere durch die Selektion von Aktien von Unternehmen mit hohen Umsatz- und Ertragsanteilen in den Schwellenländern. Zudem verlagert sich zwischenzeitlich das Wachstum in vielen Schwellenländern, insbesondere in China, mehr und mehr auf den Binnenkonsum. Oder, um den legendären Jim O’Neill zu zitieren: „Anleger sollten weiter in Aktien investieren, die vom Konsum in China profitieren: Das bleibt die Geschichte des Jahrzehnts!“

Fazit: Volatilität bewahrt vor Langeweile

Mit dem erneuten Aufflackern der Eurokrise erscheint ein Ausbrechen der Aktienmärkte aus ihrer Konsolidierungsbewegung nach oben unwahrscheinlicher geworden zu sein. Stützend wirken sich jedoch das Fehlen an anlagepolitischen Alternativen und der permanente monetäre Rückenwind aus.

Die „große Rotation“ aus den Anleihen- in die Aktienmärkte vollzieht sich langsam, aber stetig und vermutlich unaufhaltsam. Die letzten Monate waren bereits international von merklichen Zuflüssen in Aktienfonds geprägt. Der Druck auf Großanleger wie Versicherungen wächst mit jeden Tag, an dem ihre Renten mit hohen Zinskupons auslaufen. Dennoch beschert uns das erneute Aufflackern der Krise in Europa die Rückkehr der Volatilität an den Kapitalmärkten mit vermutlich auch wieder etwas heftigeren Rückschlägen und bewahrt uns somit vor Langeweile.

Hintergrund:

Manfred Schlumberger, geboren 1958 in Langenau, Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Augsburg mit Promotion, berufliche Stationen bei Frankfurter Volksbank, DIT und Dresdner Bank. Seit 2001 bei der BHF Trust Management Gesellschaft für Vermögensverwaltung. Dort Sprecher der Geschäftsführung und Leiter der klassischen und individuellen Vermögensverwaltung sowie der Multi-Asset- und Fonds-Vermögensverwaltung. Der BHF TRUST wurde aktuell vom Fachmagazin Euro als „Beste Vermögensverwaltung 2013“ ausgezeichnet. Schlumberger managt für FRANKFURT-TRUST den BHF Flexible Allocation FT (ISIN: LU0319572730).

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