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Marc Friedrich zur Griechenland-Krise Die größte Insolvenzverschleppung der Geschichte geht weiter

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Zudem ist es rechtlich mehr als fragwürdig, ob ESM-Gelder überhaupt in ein Hilfspaket fließen dürfen. Damit das Land nicht sofort zahlungsunfähig ist, erhält es zunächst bis zum Abschluss der Verhandlungen bis Mitte August eine sogenannte Brückenfinanzierung in Höhe von sieben Milliarden Euro. Die Laufzeit der Hilfen beträgt drei Monate. Somit konnte das Land seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber EZB und IWF begleichen.  Die EZB hatte sich unter dem Franzosen Jean-Claude Trichet fleißig mit griechischen Staatsanleihen eingedeckt. Diese müssen selbstredend bezahlt werden. Fällig waren diese Bonds, in Höhe von 3,5 Milliarden, am 20. Juli 2015. Sie wurden pünktlich bezahlt – vom europäischen Steuerzahler. Nachdem dies geschah, erhöhte Draghis EZB die Notkredite ELA für Griechenland um 900 Millionen Euro.

Ferner kann Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem weiterhin in die Welt hinausposaunen: „Wir machen keine Brücken-Finanzierung“, denn es macht nicht die Euro-Gruppe den Bailout für die EZB, sondern die ganze EU.

Allein 60 aufrechte Unionsmitglieder lassen sich jedoch nicht mehr von der Kanzlerin täuschen und stimmten mit Nein, fünf enthielten sich. Der Kanzlerin sollte dieses Ergebnis eine Warnung sein, denn der Bundestag muss dem Paket als solchem am Ende noch einmal zustimmen. Wir sind gespannt wie die Abgeordneten ein weiteres Rettungspaket in ihren Wahlkreisen verkaufen. Hat es nicht nach dem zweiten Hilfspaket für Griechenland nicht schon geheißen, das sei aber nun wirklich das letzte?

Status Quo Griechenland

Nichts hat sich seit den letzten „Hilfen“ zu Positiven gewendet – ganz im Gegenteil. Die wirtschaftliche Gesamtsituation verschlechtert sich kontinuierlich. Seit 2009 ist Griechenland unaufhaltsam auf dem besten Weg das erste „Dritte-Welt-Land“ der Eurozone zu werden. Mehr und mehr zeigt die Austeritätspolitik seine desaströsen Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft.  

Der Mai 2015 markiert beim Industrieoutput den tiefsten Stand seit September 1978! Im Jahr 1978 betrugen die griechischen Staatsschulden vergleichsweise putzige 7,3 Milliarden Euro beziehungsweise 22,1 Prozent des nominalen BIPs! Heute stehen wir bei knapp 317 Milliarden Euro, 173,95 Prozent des BIP! Die Arbeitslosenquote liegt weiterhin bei 25,6 Prozent und über 53 Prozent der Jugendlichen sind weiterhin ohne Job. Wohlgemerkt sind dies die offiziellen Zahlen.

Die Griechen haben erkannt, dass das Land am Ende ist, und haben mit der letzten Wahl nicht nur ihre eigenen Eliten, sondern auch die EU und den Euro abgewählt. Jetzt hat auch noch der Hoffnungsträger der Griechen, Alexis Tsipras, von der linken Partei Syriza mit der Mehrheit des Parlaments das Land verraten. Nachdem das Volk „Nein“ gesagt hat, ist man komplett eingeknickt und hat genau dem zugestimmt, was die Bürger Griechenlands im Referendum abgelehnt haben. Ist das Demokratie? 

Dennoch hat das griechische Parlament Gesetze beschlossen, die ihm offensichtlich von außen aufgedrängt wurden und dessen Inhalt von der Troika bestimmt wurden. Ist das Demokratie? Ist das das Europa, das wir uns vorstellen? Wir sagen ganz klar: Nein, das ist es nicht! Die zerstörerische Wucht des Euro-Experimnents frisst sich mehr denn je durch die Länder – angefangen bei Griechenland, über Portugal, Spanien, Italien bis nach Frankreich. Es bröckelt an allen Ecken und Enden.

Griechenland wird niemals seine Schulden bezahlen können und ein Schuldenschnitt wird kommen – in welcher Form auch immer. Angela Merkel lehnt einen „klassischen“ Schuldenschnitt für Griechenland weiterhin energisch ab. Doch es existieren weitere Optionen. Die Schuldenlast soll in den kommenden Jahren größtenteils auf den ESM umgelagert werden und somit die Risiken großzügig auf die Schultern der europäischen Steuerzahler verteilt werden.

Heute sprechen wir lediglich von Griechenland, welches faktisch bankrott ist. Bald werden wir jedoch leider von viel größeren Problemen sprechen müssen.

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