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Mark Mobius: Chinas Blaupause für Reformen lässt Anlegerherzen höher schlagen

Mark Mobius
Mark Mobius
Die chinesische Regierung legte mit dem Dokument ‚Die Entscheidung über wichtige Fragen zur allseitigen Vertiefung der Reformen‘ ihre Pläne für das restliche Jahrzehnt vor. Die sogenannte „Entscheidung“ war das Abschlusspapier zur dritten Plenarsitzung des 19. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, die Anfang November stattfand. Das Papier umreißt eine Reihe geplanter Reformen, die den Märkten eine zentralere Rolle zuweisen, da die Regierung von Präsident Xi Jinping Chinas beneidenswerte langfristige Wachstumsbilanz aufrechterhalten möchte. Unmittelbare Ergebnisse erwarten wir von der „Entscheidung“ nicht, denn sie ist wohl eher als Liste langfristiger Bestrebungen zu sehen. Dessen ungeachtet könnten die Vorschläge die längerfristigen Aussichten für Anleger in China unseres Erachtens deutlich verbessern. Staatsbetriebe bleiben Chinas Kernstück Die 60 Abschnitte der „Entscheidung“ decken viele Aspekte des Lebens in China ab, darunter manche, die für uns als Investoren besonders interessant sind. Ein Beispiel dafür sind die Pläne für Chinas Staatsbetriebe. Diese sollen offenbar weiter ein Kernstück der chinesischen Wirtschaft bleiben, dabei aber wesentliche Änderungen erfahren. Vorgeschlagen sind unter anderem Pläne zur Öffnung und Professionalisierung der Personalpolitik von Staatsunternehmen, Experimente mit Hybridstrukturen, in die auch privates Kapital einfließen soll, und die Überführung von Staatsbetrieben in Anlagegesellschaften wie die Temasek in Singapur. Pläne zur Bekämpfung von Überkapazitäten und zur Förderung eines offenen, fairen und transparenten Marktes deuten offenbar auf eine tragfähigere Einstellung zu langfristigen Rentabilitätszielen hin. Eine Reform der regulierten Brennstoff-, Wasser- und Versorgungspreise könnte die Rentabilität mancher Staatsbetriebe zusätzlich steigern. Parallel dazu könnten diese aber durch die Zusage einer Preisregulierung durch Marktkräfte sowie Maßnahmen gegen regionale Monopole und unfaire Handelspraktiken verstärktem Wettbewerb ausgesetzt werden. Eine kommerziellere Ausrichtung des Managements von Staatsbetrieben könnte allerdings positive Auswirkungen auf die börsennotierten Tochtergesellschaften solcher Körperschaften haben, während verschiedene gemischtwirtschaftliche Unternehmen und Anlagegesellschaften Anlegern ebenfalls Chancen bieten können. Anlagechancen durch Freihandelszonen Die Reform der Staatsbetriebe dürfte ein umfangreiches, langfristiges Projekt werden. Aus der „Entscheidung“ geht hervor, dass Veränderungen zunächst unter Federführung von Freihandelszonen (FTZ) nach dem Vorbild der jüngst angekündigten „Shanghai FTZ“ erfolgen sollen. Das operative Format der FTZ ist allerdings noch nicht umfassend definiert, doch ein maßgeblicher Aspekt ist offenbar die Abkehr vom vermuteten Ausschluss privaten und ausländischen Kapitals aus nicht ausdrücklich zugelassenen Projekten hin zum Zugang für Kapital zu allen Marktbereichen. Ausgenommen sind die, die auf einer „Negativliste“ erfasst sind. Wir finden die potenziellen Chancen für Anleger durch diese FTZ spannend, die unseres Erachtens viel ausländisches und chinesisches Kapital anziehen könnten. Gleichberechtigung von Land- und Stadtbewohnern Die Elemente der „Entscheidung“, die langfristig die größte Bedeutung haben könnten, sind unserer Ansicht nach die auf den Einzelbürger Chinas ausgerichteten. Dass die Ungleichheit zwischen Land- und Stadtbewohnern abgebaut und die Umsiedlung in kleinere und mittelgroße Städte erleichtert werden muss, wird in dem Papier klar thematisiert. Die Reform des „Hukou“-Meldesystems und die vorgeschlagene Garantie von Grundleistungen für alle Bewohner städtischer Regionen sind wesentliche Initiativen. Pläne zur Stärkung der Rechte der Landbevölkerung zum Landverkauf könnten einen erheblichen Transfer von Wohlstand von Kommunalbehörden auf Einzelne bewirken, während gleichzeitig mehr Land zur Erschließung zur Verfügung stünde. Die Zentralisierung von Sozialleistungen wie Renten könnte die Freizügigkeit erhöhen, da Migranten nicht länger Gefahr laufen, die an anderen Orten erworbenen Ansprüche zu verlieren. Ein engmaschigeres soziales Sicherheitsnetz könnte chinesische Verbraucher ebenfalls dazu animieren, einen höheren Teil ihres Einkommens auszugeben. Babyboom förderlich für Unternehmen Besonders wichtig ist vielleicht aber der starke Schwerpunkt des Papiers auf fairem Handel, Rechtsstaatlichkeit und Eigentumsrechten (auch Rechten an geistigem Eigentum), der Innovation und Unternehmertum lohnender erscheinen lässt. Änderungen am Finanzsystem, die die Einrichtung kleiner Privatbanken zulassen, könnten kleineren Unternehmen Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen, die Kapital vorher nur kostspielig aus inoffiziellen Quellen beschaffen konnten. Eine geplante Verringerung direkter staatlicher Einmischung in „kulturelle Aktivitäten“ könnte die Entwicklung dienstleistungsorientierter Unternehmen fördern. Ganz unmittelbar könnte die Lockerung der Ein-Kind-Politik zur Familienplanung – der zufolge Paare ein zweites Kind haben dürfen, sofern ein Elternteil Einzelkind ist – einen spürbaren Babyboom auslösen, der etlichen auf Kinder spezialisierten Unternehmen Auftrieb verleiht. All diese Faktoren könnten dem Thema „anziehende Konsumausgaben“ einen starken zusätzlichen Impuls geben, der chinesische Aktien unseres Erachtens nach langfristig beflügeln könnte. Da die Vorschläge der „Entscheidung“ bis 2020 umgesetzt werden sollen, könnte China unserer Ansicht nach komplexer, stärker personenzentriert und sogar dynamischer werden als derzeit. Als Investoren freuen wir uns über diese Aussicht und begrüßen sie.

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