Amundi-Marktausblick 2024 Wer von Chinas Konjunkturschwäche profitiert
Ende des Jahres – traditionell die Zeit des Ausblicks auf das kommende Jahr. Am Dienstag (5. Dezember) hatte Amundi eingeladen, auf die Themen, Herausforderungen und Chancen zu schauen, die aus Sicht der Fondsgesellschaft 2024 voraussichtlich wichtig werden oder bleiben. Das Programm, das Investmentchef Thomas Kruse (Geschäftsführer CIO) präsentierte, war breit gestreut. Sein Fazit: Anleger werden sich im kommenden Jahr auf uneinheitliche Wirtschaftsaussichten und eine ansteigende Volatilität einstellen müssen. Die Kernaussagen:
Zentralbanken:
Die Inflation sei größtenteils eingedämmt – insofern erwarten Kruse und Team keine weitere Zinserhöhung der Notenbanken. Stattdessen könnte sich die Inflation bis Ende 2024 den Zielen der Zentralbanken annähern. Für das kommende Jahr geht Amundi davon aus, dass die Fed und die EZB die Zinssätze um 150 beziehungsweise 125 Basispunkte senken werden. „Wir erwarten eine Umkehr der Zinspolitik in den USA zur Mitte nächsten Jahres, erste Zinssenkungen sollte es im Mai oder Juni geben“, so Kruse.
USA:
Die Amundi-Analysten erwarten in den USA eine leichte Rezession im ersten Halbjahr: Die zusätzlichen Ersparnisse der Bürger gingen zur Neige, die Investitionen könnten den schwachen Konsum nicht kompensieren, der Arbeitsmarkt sei zu angespannt. Ab dem zweiten Halbjahr sollten die Unternehmensgewinne dann wieder einen Aufwärtstrend verzeichnen können. Die Inflation werde sich normalisieren, da die Löhne ihren Höhepunkt überschritten hätten und sich nun weiter nach unten bewegten. Grund hierfür sei die Abkühlung des Arbeitsmarktes. Ab dem zweiten Halbjahr 2024 sehen die Amundi-Analysten einen Aufwärtstrend bei den Unternehmensgewinnen voraus. Kruse geht von einem Wachstum von 0,6 Prozent auf das Gesamtjahr gesehen aus. Für 2025 erwarten er und seine Kollegen ein Wachstum von 1,6 Prozent.
Europa und Vereinigtes Königreich:
Die Wirtschaft in Europa und UK sehen die Analysten im kommenden Jahr stagnieren beziehungsweise nur verhalten wachsen (Wachstum jeweils: 0,5 Prozent), 2025 dann wieder ansteigen (prognostiziertes Wachstum: 1,2 Prozent in Europa, 1,3 Prozent in UK). Die Inflation werde 2024 auf 2,6 Prozent und 2025 auf 2,2 Prozent sinken (UK: 2,9 Prozent beziehungsweise 2,3 Prozent).
Ein leicht positives Wachstum sieht Kruse 2024 ebenso für Deutschland, allerdings: „Mit einem Wachstum von 0,4 Prozent im kommenden Jahr und 0,5 Prozent in 2025 wird Deutschland aber leicht hinter den Erwartungen für die Eurozone zurückbleiben.“
China:
Hier erwartet Kruse eine strukturelle Abschwächung des Wachstums. Da der schwächelnde Immobiliensektor bisher eine große Rolle spielte, werde China vermutlich auf ein anderes Wachstumsmodell umschwenken und Immobilien zum Beispiel auspreisen. Stattdessen könnte sich die Wirtschaft auf ein mittelfristig niedrigeres Wachstum und neue Wachstumsfelder wie grüne Energie ausrichten. Das Land werden dann einen geringeren Wachstumsimpuls für andere entwickelte Volkswirtschaften bieten. Profiteure der chinesischen Neuausrichtung könnten Indien und Indonesien sein. „Da werden Anrainerstaaten im Speckgürtel profitieren“, wie Kruse es formuliert.
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Emerging Markets:
Die Schwellenländer weltweit sehen Kruse und Team unterschiedlich stark von der Konjunkturabschwächung in China betroffen. Für 2024 prognostizieren sie gesamt betrachtet ein Wachstum von 3,6 Prozent. Einen Lichtblick biete hier Indien, das 2024 um 6,0 Prozent (2025: 5,2 Prozent) wachsen könnte. Das Wachstum der Schwellenländer könnte 2024 ein Fünfjahreshoch gegenüber den Industrieländern erreichen. Großes Entwicklungspotenzial bieten laut Amundi die Länder, die im Zentrum neuer Lieferketten in Asien liegen.
Geopolitische Risiken:
Für das nächste Jahr sieht Kruse weiterhin erhöhtes Konfliktpotenzial, mit geopolitischen Hotspots beim anhaltenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine und dem Krieg zwischen Israel und der Hamas. Als ebenso kritisch bewertet Amundi die Spannungen zwischen China und Taiwan. Gewinne bei den 2024 in Taiwan anstehenden Wahlen ein chinakritischer Kandidat, könnte dies große Folgen haben.
Anleihen:
Festverzinsliche Wertpapiere stehen aufgrund der hohen Zinsen auch bei ihnen weiterhin im Fokus. Dabei sehen die Analysten Qualitätsanleihen, sowohl bei Staats- als auch bei Unternehmensanleihen, zu Beginn 2024 als die bevorzugte Anlageklasse. „Hier gilt es, allmählich die Duration zu erhöhen und sich auf Investment-Grade-Anleihen, Schwellenländeranleihen in Hartwährungen und kurzfristige Euro-Hochzinsanleihen zu konzentrieren“, führt Kruse aus.
2024 könnte jedoch auch einen erneuten Zinsumschwung bringen: „Mit einer ersten Zinssenkung der US-Notenbank erwarten wir eine Abschwächung des US-Dollar. Hiervon sollten vor allem Schwellenländeranleihen in lokaler Währung profitieren. US-Hochzinsanleihen könnten im ersten Halbjahr durch hohe Refinanzierungskosten unter Druck geraten, sich aber wieder erholen, wenn sich die finanziellen Bedingungen im zweiten Halbjahr entspannen“, so Kruse.
Aktien:
Zum Jahresbeginn 2024 wählt man bei Amundi eine defensive Strategie mit einem Fokus auf nachhaltige Dividenden, Qualitätstitel und geringe Volatilität. Schwerpunkte sind Value-orientierte Werte in den USA und Japan. „Wenn die Fed die Zinsen senkt, sollten mehr zyklischere Märkten und Sektoren wie Europa, Schwellenländer und Small Caps ins Portfolio“, empfiehlt Kruse.
Ein besonderes Augenmerk wolle man auf Sonderthemen wie die Energiewende, das Gesundheitswesen und künstliche Intelligenz legen. Insgesamt sehen die Amundi-Analysten auch Schwellenländeraktien im Aufwind begriffen, insbesondere in Asien. Dort könnte sogenanntes Nearshoring – das Verlagern von Betriebsaktivitäten ins nahe Ausland – für steigende Kurse sorgen. Bezogen auf konkrete Länder blickt Amundi besonders hoffnungsfroh auf die Entwicklung in Indien, auf Brasilien (und andere Rohstoffexporteure) sowie – trotz Wachstumsschwächen – auf China.