Marktausblick von Syz „Der jüngste Abverkauf war eine gesunde Korrektur“
Politische Risiken
Entgegen diesem fundamental beruhigenden Hintergrund belasten politische Gegenwinde zunehmend das Konjunkturklima – mit beunruhigenden Ähnlichkeiten zu beiden Seiten des Atlantiks. In den USA hat Donald Trump möglicherweise nicht ganz Unrecht, wenn er darauf hinweist, dass höhere Leitzinsen ein Risiko für die Wirtschaft darstellen könnten. Dabei lässt er jedoch geflissentlich unter den Tisch fallen, dass das starke Wirtschaftswachstum in den USA – das von seiner eigenen Fiskalpolitik angetrieben wird – den aktuellen Zyklus der stetigen Zinserhöhungen rechtfertigt. Er könnte sich auch vor Augen führen, dass die höheren Zinssätze für die Schwellenländer vermutlich nicht so problematisch wären, wenn diese nicht zur gleichen Zeit durch die US-Zölle belastet würden.
In Europa könnte eine ähnlich negative Rückkopplungsschleife am Werk sein. Der fiskalische Aktivismus der italienischen Regierung zwingt die Europäische Zentralbank (EZB), an ihrem Normalisierungskurs festzuhalten, um sich nicht dem Vorwurf einer allzu unbekümmerten Haltung auszusetzen – selbst wenn die ständigen Enttäuschungen bei den europäischen Daten eine mildere Gangart rechtfertigen würden.
Auf diese Weise erhöhen die politischen Einmischungen in die Geldpolitik allmählich das Risiko, dass ein Nachlassen der globalen Konjunkturdynamik die robusten Fundamentaldaten der Endnachfrage untergräbt. Dies ist zwar noch nicht der Fall, darf aber gewiss nicht aus den Augen gelassen werden.
Wirtschaftsentwicklung zunehmend polarisiert
Das globale Wachstumsbild wird zunehmend polarisiert: Auf der einen Seite steht das robuste Wachstum in den Industriestaaten dank der festen Binnennachfrage. Auf der anderen Seite steht die nachlassende Wachstumsdynamik in den Schwellenländern, da die Verlangsamung des Handels und der stärkere US-Dollar die Aktivität belasten.
Im Gegensatz zum Wachstum ist die Inflationsdynamik in den Industrie- und Schwellenländern bemerkenswert synchron, wenn man von einigen Sonderfällen wie der Türkei und Argentinien absieht. Der Großteil der Weltwirtschaft verzeichnet derzeit eine relativ milde positive Inflation.
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China führt auch zu unterschiedlichen geldpolitischen Richtungen: fortgesetzte Normalisierung in den USA und geldpolitische Lockerung in China. In den meisten nicht angelsächsischen Industrieländern ist die Geldpolitik immer noch sehr akkommodierend.
Privatkonsum stützt Wachstum der Industrieländer
Im Umfeld des schwächeren Wachstums in China und der Verlangsamung des Welthandels bleibt der Privatkonsum ein wichtiger Treiber des Wirtschaftswachstums in den Industrieländern, unterstützt durch niedrige oder sinkende Arbeitslosenquoten, steigende Löhne und in einigen Fällen durch fiskalpolitische Impulse. Dies trifft nicht nur auf die USA zu, wo das Konsumentenvertrauen Niveaus erreicht hat, die seit dem Jahr 2000 nicht mehr zu beobachten waren, sondern gilt auch für Europa und Japan – wenn auch etwas weniger beeindruckend. Infolgedessen ist die Aktivität im Dienstleistungssektor nach wie vor eine tragende Säule des Wachstumszyklus. Die Dynamik im Fertigungssektor, insbesondere in Europa, leidet dagegen unter der nachlassenden globalen Auslandsnachfrage.
Zwar ist die Stimmung in Europa ebenfalls mit erneuten politischen Unsicherheiten konfrontiert: Italien stellt den fiskalischen Rahmen der EU infrage, in Deutschland wurde das Ende der Ära Merkel angekündigt, und in einigen Ländern in Europa stehen Wahlen an, die populistische Parteien zu einer Machtdemonstration nutzen möchten. Bisher hatten diese Gegenwinde jedoch keine Auswirkungen auf die Stimmung der Privathaushalte und stellen daher bis jetzt keine Gefahr für das laufende Wirtschaftswachstum dar.