LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Aktualisiert am 03.04.2019 - 15:54 UhrLesedauer: 4 Minuten
ANZEIGE

Marktkommentar von Thomas Lehr Das Märchen von der längsten Aktienrally aller Zeiten

Thomas Lehr, Kapitalmarktstratege bei Flossbach von Storch: „Die längste Aufwärtsbewegung im S&P 500 gab es zwischen den Jahren 1987 und 2000.“
Thomas Lehr, Kapitalmarktstratege bei Flossbach von Storch: „Die längste Aufwärtsbewegung im S&P 500 gab es zwischen den Jahren 1987 und 2000.“ | Foto: Flossbach von Storch

Oft sind gerade die unbedeutenden Kleinigkeiten, über die sich Geldanlage-Profis ärgern können. Scheinbar unwichtige Ungenauigkeiten. Halbwissen, das Anleger zu falschen Schlüssen führen kann. Auch wenn mich jetzt der ein oder andere Leser für einen Erbsenzähler halten könnte. In diesem Falle möchte ich einmal einen dieser Irrtümer aufzuklären. Eine angebliche Tatsache, von der mir  Investoren, Zeitungen oder „Finanzexperten“ immer wieder berichten. Die selbst US-Präsident Donald Trump per Twitter verbreitet.

Die Rede ist vom angeblich „längsten Bullenmarkt aller Zeiten“.

Gemeint ist die laufende Aufwärtsbewegung im US-Aktienindex S&P 500. Und tatsächlich: Seit dem 9. März 2009 gab es auf Basis der Schlusskurse der New York Stock Exchange keine Korrektur von mehr als 20 Prozent. Eben dieses Kriterium macht aus einem Bullen- einen Bärenmarkt. Bis hierhin stimmt die Geschichte sogar. Trotzdem ist die laufende Aufwärtsbewegung aber noch lange nicht der „längste Bullenmarkt aller Zeiten“.

Denn die längste Aufwärtsbewegung im S&P 500 gab es zwischen den Jahren 1987 und 2000. Sie dauerte 4.494 Tage. Damit aus der aktuellen Rally der „längsten Bullenmarkt der Geschichte“ werden kann, braucht es aber einen Schlusskursrekord nach dem 29. Juni 2021.Es fehlen also noch etwa drei Jahre!

Nun stellt sich natürlich die Frage, wieso dennoch so viele Menschen – darunter auch Finanzprofis –  so offensichtlich falsch liegen. Natürlich lässt sich darüber nur spekulieren. Letztlich ist es vielleicht einfach menschlich, Hörensagen ungeprüft weiterzuverbreiten.

Die ursprüngliche Quelle ist unbekannt. Der Urheber des „Bärenmarkt-Rekord-Gerüchts“ scheint jedenfalls der Ansicht zu sein, es habe zwischen Juli und Oktober 1990 eine Korrektur von mehr als 20 Prozent gegeben. Auf Schlusskursbasis ist das aber nicht korrekt.

Und es wird sogar noch schlimmer. Wenn man sich schon nicht an die saubere technische Definition eines „Bullenmarkts“ hält und auch Höchst- und Tiefstkurse innerhalb der Handelstage berücksichtigt, dann würde man auch im April bis Oktober des Jahres 2011 eine Korrektur von mehr als 20 Prozent entdecken. In dem Fall würde der laufende Bullenmarkt erst seit dem 4. Oktober 2011 laufen. Und wäre ebenso weit entfernt von dem Allzeit-Rekord.

Wie man es auch dreht und wendet. Entweder man rechnet sauber – dann läuft der aktuelle Bullenmarkt tatsächlich seit dem 9. März 2009 und braucht noch drei Jahre bis zum nächsten Rekord. Oder man rechnet unsauber – auch dann dauert es aber noch bis ins Jahr 2021 für den „längsten Bullenmarkt der Geschichte“.

Übrigens: Wer jetzt auf Partys mit diesem vermeintlich unnützem Wissen punkten möchte, dem möchte ich noch einen Tipp geben. Der höchste Schlusskurs im laufenden Bullenmarkt datiert vom 26. Januar dieses Jahres liegt bei 2.872,87 Punkten. Angenommen, es bliebe dabei. Und angenommen der S&P 500 fällt irgendwann auf Schlusskursbasis unter 2.298,27 Punkte. Dann markiert der 26. Januar 2018 das Ende des Bullenmarktes. Ganz gleich wann die 20-Prozent-Verlustmarke gerissen wird.

Ob wir uns aktuell überhaupt noch im Bullenmarkt befinden oder nicht – das ist davon abhängig, ob der S&P 500 als nächstes über 2.872,87 oder unter 2.298,27 Punkten den Handel beendet. Sie mögen mich für kleinlich halten. Aber das sind nun einmal die Fakten.

Das könnte Sie auch interessieren:

  • Aktienrückkäufe im Dax – Die große Kurspflege. Eine Analyse von Philipp Immenkötter.
  • Warum Nachaltigkeit nicht als Werbegag taugt, erläutert Bert Flossbach.
  • Die versteckte Inflation. Wo die expansive Geldpolitik die Preise treibt. Eine Analyse von Philipp Immenkötter.

RECHTLICHER HINWEIS

Diese Veröffentlichung dient unter anderem als Werbemitteilung.

Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen und zum Ausdruck gebrachten Meinungen geben die Einschätzungen von Flossbach von Storch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Angaben zu in die Zukunft gerichteten Aussagen spiegeln die Zukunftserwartung von Flossbach von Storch wider, können aber erheblich von den tatsächlichen Entwicklungen und Ergebnissen abweichen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann keine Gewähr übernommen werden. Der Wert jedes Investments kann sinken oder steigen und Sie erhalten möglicherweise nicht den investierten Geldbetrag zurück.

Mit dieser Veröffentlichung wird kein Angebot zum Verkauf, Kauf oder zur Zeichnung von Wertpapieren oder sonstigen Titeln unterbreitet. Die enthaltenen Informationen und Einschätzungen stellen keine Anlageberatung oder sonstige Empfehlung dar. Sie ersetzen unter anderem  keine individuelle Anlageberatung.

Diese Veröffentlichung unterliegt urheber-, marken- und gewerblichen Schutzrechten. Eine Vervielfältigung, Verbreitung, Bereithaltung zum Abruf oder Online-Zugänglichmachung (Übernahme in andere Webseite) der Veröffentlichung  ganz oder teilweise, in veränderter oder unveränderter Form ist nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung von Flossbach von Storch zulässig.

Angaben zu historischen Wertentwicklungen sind kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.

© 2018 Flossbach von Storch. Alle Rechte vorbehalten.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.