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Markus Krygier: "Der Euro ist stark überbewertet"

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DAS INVESTMENT.com: Droht Griechenland ein Staatsbankrott?

Krygier: Unwahrscheinlich! Sie müssen Griechenland als Bestandteil der Eurozone sehen. Diese Geschichte wird wirtschaftlich sehr schmerzhaft für Griechenland, aber das Land ist letztlich nicht auf sich selbst gestellt. Ein Scheitern Griechenlands käme einem politischen Scheitern der Eurozone gleich.Die Eurozone ist und bleibt ein politisches Projekt. Die politische Idee wird nicht auf dem Altar der fiskalischen Tugend geopfert. Deshalb habe ich auch die Spekulanten nicht verstanden. Die haben ja nicht nur Griechenland sondern die Eurozone angegriffen, und die fällt nicht um. Die haben einen falschen Gegner gewählt.

DAS INVESTMENT.com: Ein weiterer Problemfall ist Großbritannien. Sollte ich mir hier im verschlafenen Hamburg oder bei Ihnen in der Metropole London ein Häuschen suchen?

Krygier: Immobilien sind nicht unbedingt mein Spezialgebiet. Aber ich glaube, dass die Verwerfungen am britischen Kreditmarkt noch nicht vollständig ausgestanden sind und der Preisdruck auf dem Immobilienmarkt somit vielleicht auch noch nicht. Finanzierungen waren während der Krise weggebrochen, das hat den Markt gedrückt. Diese Entwicklung ist noch nicht ganz zu Ende.

DAS INVESTMENT.com: Mit einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent ist Großbritannien faktisch raus aus der Rezession.
Krygier: Wir sind überall raus. Auch in den USA. Die Frage ist, was wird jetzt folgen. Werden wir uns V-förmig erholen oder kommt das W, oder das U. Ich glaube es wird langsamer gehen, als erwartet. Es wird noch Enttäuschungen geben. Daher bin ich mir in einer Sache ganz sicher. Es wird zu keiner Inflation kommen.

DAS INVESTMENT.com: Wird das Pfund noch weiter abwerten?

Krygier: Es hat schon sehr stark verloren, besonders gegenüber dem Dollar. Kurzfristig gerät es sicher noch stärker unter Druck. Großbritannien hat ein sehr hohes Fiskaldefizit und wird reagieren müssen und das werden die Märkte auch. Dann sind auch noch Wahlen und in den vergangenen Wochen hat sich eine große politische Unsicherheit aufgebaut. Das Risiko ist sehr hoch, dass es zu einem Unentschieden bei der Sitzverteilung im Parlament kommt. In diesem Fall würde das sehr stark auf dem Pfund lasten. Ohne Mehrheit keine Konsolidierung des Defizits. Das wäre der Sündenfall fürs Pfund.

DAS INVESTMENT.com: Und eine Maggie Thatcher ist nicht in Sicht.

Krygier: Ein klares Mandat für die nächste Regierung wäre gut.

DAS INVESTMENT.com: Können Spekulanten das Pfund wirklich drücken?

Krygier: Alle anlagegetriebenen Währungsgeschäfte sind Bestandteil einer spekulativen Strategie. Aber es handelt sich nicht immer gleich um eine Verschwörung. Wenn sich der Euro von 1,60 auf 1,20 bewegt, ist das eine sehr massive Bewegung, aber diese als Teil einer großangelegten, gar verschwörerischen Spekulation zu sehen, ist vollkommen falsch. Denn es ist eine Rückbewegung zum Gleichgewicht.

DAS INVESTMENT.com: Also eher ein Naturgesetz als ein Erbe Soros’?

Krygier: Es ist eine zu erwartende Bewegung und natürlich ist da auch Spekulation dabei. Derzeit ist dies sogar positiv für die Eurozone. In der wirtschaftlichen Erholungsphase einen schwächeren Euro zu haben, ist ein Segen. Die Lawine an Schlagzeilen geht daher am Thema vorbei. Aber es ist attraktiver für die Medien, Attacken von Hedgefonds zu wittern, als über eine ganz normale zyklische Währungsentwicklung zu schreiben.

DAS INVESTMENT.com: Wird das Pfund irgendwann zu seiner enormen Stärke zurückkehren können?

Krygier: Nicht auszuschließen, aber dann reden wir über einen sehr langfristigen Zeitraum. Währungsmärkte verlaufen immer zyklisch und oftmals ist die Geburtsstunde neuer konjunktureller Stärke auch die einer stärkeren Währung. Aber das kann dauern.

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