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Martin Hüfner: „Dem Euro-Frieden ist nicht zu trauen“

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4. Denkbar ist freilich noch ein vierter Fall (und er ist vermutlich der wahrscheinlichste): Die hohe Liquidität im Bankensektor fließt weder in die Wirtschaft ab, noch wird sie von der Notenbank eingesammelt oder von den Banken zurückgegeben.

Vielmehr ändern die Banken ihre eigenen Dispositionen. Das Geld, das die Zentralbank ausgegeben hat, ist ja nicht fest angelegt. Es kann jederzeit verlagert werden, ohne dass die Zentralbank darauf einen Einfluss hat. Zynisch könnte man sagen: Es wabert umher und geht mal hierhin, mal dorthin.

Wenn sich zum Beispiel die Situation in Italien oder in Spanien stärker verschlechtern sollte, dann kann es passieren, dass die Banken die Papiere dieser Staaten trotz der insgesamt hohen Liquidität auf den Markt werfen. Sie vermeiden damit die Gefahr neuer Abschreibungen (oder gar einen erneuten Schuldenschnitt wie in Griechenland). Dann steigen die Zinsen dieser Staaten. Die Krise ist wieder da.

Solche Ausweichreaktionen können auch auf anderen Märkten entstehen. Ein Teil der Liquidität ist zum Beispiel in den Aktienmarkt gegangen. Wenn sich die konjunkturellen Aussichten (etwa durch eine Wachstumsabschwächung in China) verschlechtern sollten oder die Banken aus anderen Gründen "kalte Füße" bekommen, könnten sie sich schnell vom Aktienmarkt trennen und die Liquidität in andere Märkte umschichten.

Sie könnten sie auch vorübergehend bei der Zentralbank parken. Das war in den vergangenen Wochen zu beobachten, als die Aktienmärkte eher schwächelten, obwohl die EZB 500 Milliarden Euro in den Markt gegeben hatte.

Die Konsequenzen

Zum einen ist die ganze Verbesserung in der Eurokrise – anders als viele denken – nicht allein auf die massive Liquidität der EZB zurückzuführen. Banken kauften Staatsanleihen nicht nur, weil sie Geld hatten, sondern auch weil sie mehr Vertrauen in die Länder hatten. Der Fiskalpakt, der erweiterte Rettungsschirm und die Re-formen in einzelnen Ländern haben sich also positiv ausgewirkt.

Zum anderen ist die Liquidität alles andere als ein Ruhekissen für die Politik. Die Krise kann sich trotz hoher Liquidität jederzeit wieder zuspitzen, wenn die Reformen nicht weitergehen. Der zweite Teil der Sanierung des Euros, die Förderung des Wachstums in der Union und der Transfer von Souveränität an Gemeinschaftsinstitutionen, müssen weiter vorangetrieben werden.

Für den Anleger

Seien Sie sich bewusst, dass Sie es durch die 1.000 Milliarden Euro mit ganz anderen Märkten zu tun haben. Grundsätzlich ist die Liquidität gut für die Investoren, weil Geld da ist.

Andererseits kann das Geld bei Gerüchten in diese oder jene Richtung aber auch schnell umdisponiert werden. Die Märkte sind nicht mehr so verlässlich. Sie werden schwankungsanfälliger. Seien Sie also vorsichtig. Trauen Sie vor allem noch nicht dem Frieden beim Euro.

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