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Martin Hüfner über das Undenkbare Könnte die Inflation nicht doch plötzlich steigen?

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Wenn es heute so liefe wie damals, müsste die Geldentwertung jetzt auch nach oben gehen. Wahrscheinlich ist das nicht, wohl aber vorstellbar. Immerhin steigen die Krankenhauskosten in den USA nach den Angriffen von Trump auf Obamacare. In den USA mehren sich prominente Stimmen, die vor einer höheren Inflation warnen. Die Federal Reserve hat ihren Kurs leicht verschärft.

In Europa spüren wir vor allem, dass der Ölpreis in Bewegung gekommen ist. Seit Jahresanfang ist er von USD 66 auf USD 80 pro Barrel (Brent) gestiegen. Das sind mehr als 20 Prozent. Superbenzin ist kräftig teurer geworden. Die Preise für Energie, die immerhin einen Anteil von 11 Prozent am Warenkorb des Verbraucherpreisindex haben, haben sich spürbar erhöht.

Manche sagen, dass die Ölpreise ein Sonderfaktor sind, der mit Inflation nichts zu tun hat. Sie schauen nur auf die Kerninflation (ohne Preise für Energie, saisonabhängige Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak). Ich halte das für eine Milchmädchenrechnung. Zum einen muss der Verbraucher auch ölinduzierte Preissteigerungen bezahlen. Seine Kaufkraft (und die Fähigkeit zu sparen und zu konsumieren) verringert sich. Zum anderen beeinflussen Ölpreise auch das inflationäre Klima. Arbeitnehmer fordern höhere Löhne. Die ölverarbeitende Industrie hat größere Kosten.

Was heißt es für die Finanzmärkte, wenn die Geldentwertung wie im letzten Zyklus steigen würde? Damals erhöhte die EZB die Leitzinsen von 2,5 Prozent auf 3 Prozent. Die Anleiherenditen gingen um gut einen halben Prozentpunkt nach oben. Beides war verglichen mit dem Inflationsanstieg von über 2 Prozentpunkten relativ wenig. Das hing aber damit zusammen, dass die Welt damals schon unter dem Eindruck der beginnenden großen Finanzkrise stand und die Märkte sehr risikoavers waren.

Heute sähe das wohl anders aus. Zwar kann ich mir nicht vorstellen, dass die EZB bei stärkerer Preissteigerung ihren Kurs nennenswert verändern würde. Dazu hat sie sich zu sehr festgelegt. Die zehnjährigen Bundrenditen würden jedoch deutlich anziehen. Sie gingen schnell über 1 Prozent, im weiteren Verlauf aber vermutlich auch auf 1,5 Prozent. Das wäre immer noch niedrig, aber deutlich höher als heute.

Für den Anleger

Wenn die Zinsen steigen, fallen die Kurse der Anleihen und der Investor macht Verluste. Schon seit einiger Zeit rate ich, beim Kauf von Bonds vorsichtig zu sein. Andererseits: Je höher die Zinsen, umso interessanter werden die Kupons, wenn man die Papiere über die ganze Laufzeit hält. Vor allem bei Anleihen von Unternehmen und Emerging Markets kann man inzwischen ordentliche Renditen erzielen. Allerdings sind solche Papiere mit Emittenten- und eventuell auch mit Währungsrisiken verbunden.

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