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Martin Hüfner über die Börsen-Hysterie China war nur Anlass, nicht Ursache

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Das alles gilt jedoch nur kaufkraftbereinigt. Solche Zahlen haben keine Relevanz für die Konjunktur. In „echten“, nicht kaufkraftbereinigten Zahlen produziert China in diesem Jahr ein Bruttoinlandsprodukt von  11.000 Dollar Milliarden. Wenn das Wachstum um einen Prozentpunkt niedriger ausfallen sollte, dann wäre das rund 110 Milliarden Dollar weniger. Das entspricht 0,15 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Die Weltwirtschaft würde also nicht um 3,5 Prozent wachsen, sondern vielleicht um 3,3 Prozent oder 3,4 Prozent. Das ist nichts, was die Konjunkturperspektiven (und die Weltbörsen) umwirft. Wer von dem niedrigeren Wachstum in China betroffen wird, sind die unmittelbaren Anrainer in Ost- und Südostasien. Das sind Länder wie Vietnam oder Südkorea. Auch Japan wird belastet. Hinzu kommen die großen Rohstoffproduzenten der Welt, die bisher nach China geliefert haben. Dazu gehören Staaten wie Australien, Brasilien oder Russland. Hier muss man an den Börsen aufpassen. Schwierig ist es auch für Unternehmen, die sich in den letzten Jahren sehr stark auf den chinesischen Markt konzentriert haben. Ein Beispiel sind die deutschen Autobauer. Auch hier sind Kursrückgänge gerechtfertigt.
Die großen Industrienationen USA und Europa sind dagegen weniger tangiert. Es könnte sogar sein, dass sie per Saldo von dem niedrigeren Wachstum in China profitieren. Denn hier gibt es zwei gegenläufige Effekte. Auf der einen Seite können sie weniger Güter nach China liefern. Das dämpft ihr gesamtwirtschaftliches Wachstum. Auf der anderen Seite führt aber der niedrigere Öl- und Rohstoffverbrauch im Fernen Osten zu geringeren Preisen. Das senkt die Kosten der Unternehmen, erhöht die Kaufkraft der Verbraucher und stärkt das Wachstum. Es ist natürlich spekulativ, die beiden Effekte gegeneinander aufzurechnen. Einen Konjunktureinbruch in den USA und Europa kann man jedoch ausschließen. Diese Staaten sind nach wie vor Fels in der Brandung der Weltkonjunktur. Und noch ein vielleicht etwas gewagter Vergleich. Wenn die deutschen Exporte nach China wegen des dortigen schwachen Wachstums um 10 Prozent einbrechen sollten, dann macht das ein Minus von 7 Milliarden Euro aus. Das ist weniger als der positive Konjunktureffekt, der sich in diesem Jahr in der Bundesrepublik durch den Zustrom von Flüchtlingen ergeben wird (rund 10 Milliarden Euro). Auch das spricht gegen einen Wachstumseinbruch oder gar eine Rezession.

Für den Anleger Von den Fakten her steht der Börsen-Crash auf dünnen Beinen. Es gibt keinen volkswirtschaftlichen Grund für den Einbruch. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass hier Ängste und Befürchtungen der Menschen über ungesunde Verhältnisse an den Finanzmärkten eine Rolle spielen. Wohin diese Gefühle führen, ist schwer einzuschätzen. Niemand kann ausschließen, dass sie das Ende des bald 7-jährigen Zyklus an den Aktienmärkten einleiten. Es kann aber auch sein, dass das Vertrauen der Investoren sukzessive wieder zurückkehrt und die Kurse wieder nach oben gehen. Kluge Anleger sollten sich auf beides vorbereiten.

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