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Martin Hüfner: „Wir messen die Inflation falsch“

Martin Hüfner, Chefvolkswirt bei Assénagon
Martin Hüfner, Chefvolkswirt bei Assénagon
Derzeit gibt es auf der Welt so viel Geld wie noch nie. In Europa ist die Bilanzsumme der Europäischen Zentralbank (ein Maß für die Ausweitung der Liquidität) in den vergangenen zwölf Monaten um 32 Prozent gestiegen. Man kann im Hinblick auf den neuen EZB-Präsidenten sogar von einer Draghi-Spitze sprechen (siehe Chart).

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Trotzdem geht die Inflation zurück. In Deutschland ist mit 2 Prozent nach der offiziellen Definition praktisch Stabilität erreicht. Wie reimt sich das zusammen? Wo geht das viele Geld hin, wenn es nicht in den Preisen ankommt?  

Das Zusammenspiel von Geldmenge und Preisen

Nach der Quantitätstheorie des Geldes besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preisen. Wenn die Geldmenge steigt, dann haben Verbraucher und Unternehmen mehr in der Tasche und können mehr ausgeben. Das führt über kurz oder lang zu steigenden Preisen.

Natürlich kann es zu temporären Verzögerungen kommen – der Ökonom sagt: Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes verlangsamt sich. Zudem kann die Kapazitätsauslastung der Wirtschaft gering sein, so dass eine Nachfrageausweitung zunächst einmal zu einer Produktionssteigerung führt.

So drastische Divergenzen zwischen Geldmenge und Preisen, wie wir sie im Augenblick haben, sind jedoch ungewöhnlich. Ich habe so etwas noch nicht erlebt.

Die wichtigste Erklärung dafür ist, dass das Geld der Zentralbank nicht in der Wirtschaft ankommt. Es bleibt bei den Banken hängen. Sie nutzen es für Eigengeschäfte, zum Kauf von Staatsanleihen und/oder zur Aufstockung der "Vorsichtskasse". Indiz dafür ist, dass M3 – das übliche Maß für die Geldmenge – im Augenblick gerade einmal um ein Prozent über dem Vorjahr liegt.

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