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Aktualisiert am 16.05.2018 - 16:45 UhrLesedauer: 4 Minuten
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Matthias Hoppe von Franklin Templeton „Die politische Agenda für 2017 verspricht turbulente Märkte“

Ein politisches Börsenjahr geht zu Ende. Zunächst beschäftigten sich die Finanzmärkte mehrere Monate lang mit dem „Brexit“, dem Referendum zum Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union. Kaum war dieses Ereignis vorüber, verlagerte sich der Fokus auf die Präsidentschaftswahl in den USA.

Beide haben einiges gemeinsam. Zunächst einmal den Ausgang, denn beide Ergebnisse überraschten viele – ebenso wie die darauf folgende Marktreaktion. Denn der Konsens war sich eigentlich einig: Sollte der „Brexit“ eintreten und Donald Trump nächster US-Präsident werden, wäre das verheerend für die Börsen. Es kam aber anders. Der Schock an den Märkten währte nicht lang. Politische Börsen haben eben doch kurze Beine.

Eine weitere Gemeinsamkeit war der populistische Grundton, den sowohl die „Brexit“-Befürworter als auch Donald Trump zum Tenor des Wahlkampfs machten: mehr Protektionismus und mehr Nationalismus, zum Wohle des eigenen Landes. Angesichts des Verlustes vieler Arbeitsplätze sowohl in Großbritannien als auch in den USA – insbesondere im Industriesektor – bei gleichzeitig stagnierenden Reallöhnen, schließen viele Menschen intuitiv, dass weniger Globalisierung, weniger Wettbewerb und weniger Einwanderung im Gegenzug mehr Arbeitsplätze und einen besseren Lebensstandard bedeuten müssen.

Das kommende Jahr wird ebenfalls von politischen Ereignissen gekennzeichnet sein. In den Niederlanden, Frankreich und Deutschland stehen wichtige Wahlen an. In den drei Ländern, die über 55 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone ausmachen, werden neue Regierungen gewählt. Populismus erfährt auch in diesen Ländern Aufwind. Und so treibt die Finanzmärkte die Sorge um, dass nach dem ungewöhnlichen Sieg eines Polit-Außenseiters wie Donald Trump auch in Europa neue Köpfe unerwartet das politische Establishment erschüttern könnten.

Die bevorstehende Präsidentschaftswahl in Frankreich beunruhigt

Besonders aufmerksam beobachten internationale Investoren derzeit Frankreich. Was, wenn Marine Le Pen vom „Front National“ an die Spitze des zweitgrößten Landes der Europäischen Währungsunion (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) kommt? Sollte das der Fall sein, so wird geunkt, wäre das eine Gefahr für den Euro und die gesamte Europäische Union. Nicht nur die politischen Konsequenzen wären dramatisch, die Tumulte an den Börsen kaum auszudenken.

Bei genauerem Hinsehen wird aber klar: viele Parallelen zwischen dem Politprofi Le Pen, die nicht zum ersten Mal bei Wahlen antritt, und dem Unternehmer Trump gibt es nicht. Die Wahl von Le Pen zur Präsidentin ist damit nicht absolut unwahrscheinlich, aber sie müsste im zweiten Wahlgang Millionen von Franzosen von der politischen Mitte zu sich herüber ziehen. Le Pens Umfragewerte sind seit 2012 rückläufig, trotz der aktuellen Themen, durch die sie vermeintlich Zulauf erhalten sollte: europäische Flüchtlingskrise, mehrere Terroranschläge und schwaches Wirtschaftswachstum.

Trump-Wahl sorgt unerwartet für Optimismus in den USA

Während die Marktteilnehmer also nervös Richtung Frankreich schauen, scheint die Tatsache, dass sich nach dem „Brexit“ und der US-Wahl die Märkte schnell umorientiert haben, wieder in Vergessenheit geraten zu sein. Wie war das nochmal mit den politischen Börsen? Die vermeintlich negativen Wahlergebnisse wurden schnell positiv interpretiert. Der US-Aktienmarkt stieg am Tag nach der US-Wahl nach anfänglichen Kursverlusten um einen Prozent und setzte auch die Tage danach die Aufwärtsbewegung fort. Der US-Dollar wertete auf und die Renditen für US-Staatsanleihen schossen in die Höhe. Wie kam es zu dem Sinneswandel?

Der Markt preist momentan höheres Wachstum und höhere Inflation in den USA ein – basierend auf der Annahme, dass es zu den Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen kommt, die Trump im Wahlkampf angekündigt hat. Schon werden Parallelen zur Amtszeit von Ronald Reagan gezogen. Doch der Vergleich hinkt. Die Aktienmarkt-Rally unter Reagan startete unter anderen Voraussetzungen. In den 70er Jahren wurde am US-Aktienmarkt praktisch kein Geld verdient. Als im August 1982 die Rally begann, waren die Bewertungen außerordentlich günstig. Heute haben wir über sieben Jahre mehr oder weniger ununterbrochen steigende Aktienkurse hinter uns. Die Bewertungen sind ambitioniert. Zudem profitierten Aktien damals von stetig sinkenden Zinsen. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen lag im August 1982 bei rund 13 Prozent. Heute liegt sie bei etwa 2,30 Prozent.

Zugegeben: Die Wirtschaftslage in den USA ist heute relativ robust. Die Arbeitslosenquote ist extrem niedrig, das Konsumentenvertrauen entsprechend positiv. Die Löhne steigen, die Auftragslage des verarbeitenden Gewerbes ist gut. Der Sieg von Trump scheint den Amerikanern neuen Optimismus eingeflößt zu haben. Von daher ist es durchaus möglich, dass die Aktienmärkte weiter laufen, die Renditen weiter steigen, der US-Dollar weiter aufwertet. Politische Börsen… Das Enttäuschungspotenzial ist aber nicht zu unterschätzen. Denn das Ausmaß und der Zeitrahmen der fiskalpolitischen Maßnahmen sind noch völlig offen. Ein starker Dollar ist ebenfalls problematisch, wenn die USA wettbewerbsfähiger sein wollen, sprich: Arbeitsplätze zurückkommen sollen.

Volle politische Agenda im kommenden Jahr

Wir bleiben skeptisch. Eines scheint allerdings sicher: Wenn sich alle Marktteilnehmer auf politische Ereignisse fokussieren, dürfte die Volatilität an den Märkten steigen. Davon können wir mit unserem flexiblen Investmentansatz profitieren. Dieses Jahr blieb die Volatilität zwar noch insgesamt niedrig. Im Jahr 2017 ist die politische Agenda aber noch umfangreicher: Nicht nur Wahlen in Europa und eine neue US-Regierung, sondern auch wichtige geldpolitische Entscheidungen auf beiden Seiten des Atlantiks stehen an. Zudem bleibt abzuwarten, wie weit der leichte konjunkturelle Aufschwung der letzten Wochen anhalten kann. Das neue Jahr wird spannend.

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Hinweis: Diese Mitteilung des Unternehmens richtet sich ausschließlich an professionelle Investoren. Sie wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.
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