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Aktualisiert am 01.03.2023 - 20:49 Uhrin FondsLesedauer: 10 Minuten

Matthias Kurzrock von Paladin AM „Mit einer breiten Streuung diversifiziert man auch die Performance weg“

Matthias Kurzrock ist seit Gründung Vorstand der Paladin Asset Management
Matthias Kurzrock ist seit Gründung Vorstand der Paladin Asset Management | Foto: Christoph Fröhlich

Der Paladin galt im Mittelalter als treuer Wegbegleiter eines Königs oder Fürsten. Dieses Bild des aufrechten Ritters wählten die Fonds-Manager Marcel Maschmeyer und Matthias Kurzrock auch für ihren gleichnamigen Paladin One Fonds mit Fokus auf europäischen Nebenwerten. Ein chancenreiches Marktsegment, das jedoch für seine Volatilität bekannt ist. Unruhiges Gelände erfordert Stabilität und Zuverlässigkeit – beides wollen die beiden Fonds Paladin One und Paladin Origins den Anlegern bieten. Zusammen haben sie mittlerweile ein Volumen von rund 250 Millionen Euro.

Wir sprachen im Rahmen der Hamburger Investorentage mit Vorstand Matthias Kurzrock über die Herausforderung, die besten Unternehmen in einem unruhigen Marktumfeld zu identifizieren, die Kunst des richtigen Timings und warum Cash im Fonds-Management nie unterschätzt werden darf.

DAS INVESTMENT: Herr Kurzrock, im aktuellen Investorenbrief schreiben Sie: „Im Gegensatz zu früheren Jahren gewinnt die Aktienauswahl 2023 wieder stark an Bedeutung und wird ein wesentlicher Schlüssel für den Anlageerfolg sein. Man muss sie gezielt suchen: jene Unternehmen, die sich freischwimmen und auch in einem uneinheitlichen Kapitalmarktumfeld erfolgreich behaupten können.“ Die positive Nachricht ist also: Es gibt nach wie vor gute Unternehmen. Ist es schwerer geworden, diese zu finden?

Matthias Kurzrock: Das würde ich nicht sagen. Aber der Ukrainekrieg hat das Marktumfeld ziemlich durcheinandergewirbelt. Wir erlebten einen beispiellosen Abverkauf an den Aktienmärkten über die gesamte Breite hinweg. Alles wurde verkauft, mitunter unabhängig vom Geschäftsmodell. Das sind die Momente, in denen wir ganz genau hinschauen. Schließlich suchen wir seit je her nach Unternehmen, die eine starke Marktpositionierung haben und sich aus eigener Kraft entwickeln können. Wenn es uns gelingt, solche Unternehmen zu identifizieren, kann man sich in einer schwierigen Phase vom Markt entkoppeln.

Das klingt alles andere als pessimistisch, sondern eher nach sportlichem Ehrgeiz. Ganz nach dem Motto: Lasst uns die Ärmel hochkrempeln, möge der Bessere gewinnen.

Kurzrock: So ist es auch gemeint. Wir haben ein konzentriertes Portfolio mit 20, maximal 25 Positionen. Im Gegensatz zu anderen Fonds gewichten wir einzelne Unternehmen auch mal mit 6 oder gar 7 Prozent. Nur mit einer solch hohen Gewichtung kann ein Unternehmen auch einen wirklichen Performancebeitrag leisten. Natürlich ist eine Marktphase mit so vielen Unwägbarkeiten herausfordernd. Aber es macht auch Spaß, gute Unternehmen in einem solchen Umfeld aufzuspüren.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Ihr Paladin One Fonds hat im Jahr 2022 rund 19 Prozent abgeben. Das war etwas besser als MDax und SDax, aber schlechter als der Dax. Welche Entwicklung haben Sie falsch eingeschätzt, welche Werte überschätzt? 

Kurzrock: Wir sind primär in einem Marktsegment mit kleineren Unternehmen investiert. Und das ist genau der Bereich, aus dem viel Liquidität herausgeflossen ist. Blickt man aber auf die einzelnen Unternehmen, sind wir mit der operativen Entwicklung an vielen Stellen vollkommen zufrieden. Die meisten haben sich genau so entwickelt, wie wir es zum Jahresbeginn erwartet haben. Sie wurden lediglich vom Markt aufgrund der äußeren Umstände überproportional abgestraft.

Ihr Portfolio besteht aus 20 bis 25 Aktien mit Fokus auf europäische Unternehmen. Bei so einer überschaubaren Auswahl ist - gerade bei Small und Mid Caps - viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefragt. Wie gehen Sie bei der Auswahl der Unternehmen vor?

Kurzrock: Am Anfang des Investmentprozesses steht immer die Idee. Im ersten Schritt erstellen wir einen internen Onepager, das ist ein Papier, welches die wichtigsten Informationen zusammenfasst. Zunächst einmal wird beantwortet, warum ein Unternehmen überhaupt attraktiv ist. Das ist die Basisvoraussetzung. Der nächste Punkt ist dann der Trigger, also die Antwort auf die Frage, warum das Ganze in diesem Moment spannend ist.  

Das Timing ist also entscheidend.

Kurzrock: Wir müssen einen Sachverhalt identifizieren, der klar macht, warum wir das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt genauer unter die Lupe nehmen müssen. Wenn wir diesen Trigger nicht finden, wandert das Unternehmen wieder zurück auf die Watchlist.

 

Was kann so ein Trigger sein?

Kurzrock: Ich gebe Ihnen ein Beispiel. 2019 hat der Gesetzgeber den Pfad geebnet für die Einführung des E-Rezepts. Durch die veränderte Gesetzgebung eröffnete sich plötzlich ein neuer Investment-Case, wir investierten damals in die beiden Marktführer Shop Apotheke und Zur Rose. Die Kurse beider Unternehmen liefen trotz der neuen Initiative unaufgeregt seitwärts. Dabei war das Thema potenziell ein echter Gamechanger. Der Kapitalmarkt hatte das Potenzial zum damaligen Zeitpunkt nur noch nicht eingepreist. Nach solchen Triggern suchen wir. Dabei geht es uns weniger um Entwicklungen für 6 bis 12 Monate, wir investieren langfristig.

Wie lange halten Sie Aktien im Schnitt? 

Kurzrock: Das kann man so pauschal nicht sagen. Die Online-Apotheken kauften wir mit dem Ziel, diese langfristig zu halten. Dann gab es 2020 eine totale Übertreibungsphase, die Kurse vervielfachten sich. In so einer Situation mussten wir verkaufen.

Weil der Kurs plötzlich deutlich über dem Unternehmenswert lag?

Kurzrock: Der Kurs ging durch die Decke, und unsere Szenario-Analyse zeigte, dass in diesem Fall bei der Einführung des E-Rezepts nichts mehr schief gehen durfte. Die Downside wurde zu groß, deshalb haben wir beide Unternehmen nach 8 bis 10 Monaten mit Gewinn verkauft. Ein anderes Beispiel ist Medios, unsere derzeit größte Position im Paladin One: Wir waren einer der ersten großen Investoren nach dem Börsengang 2016, seitdem halten wir die Aktie - mal mit höherer, mal mit niedrigerer Gewichtung. Aber wir sind durchgehend investiert.

Um eine Aktie bewerten zu können, sprechen Sie auch mit dem Vorstand. Was macht für Sie gutes Management aus? 

Kurzrock: Wir machen im Vorfeld unsere eigenen Analysen und gehen erst dann auf das Management zu, wenn wir das Unternehmen und das Umfeld, in dem es sich bewegt, verstanden haben. Schließlich wollen wir nicht die rosarote Equity-Story erzählt bekommen. Damit uns das Management überzeugt, müssen sich dessen Aussagen im Zahlenwerk widerspiegeln. Diese Rückkopplung ist für uns von zentraler Bedeutung.

Was ist ein No-Go beim Management? 

Kurzrock: Sprunghaftigkeit gefällt uns nicht. Bei einem guten Management ist ein roter Faden erkennbar, der sich über Jahre hinweg durchzieht. Verlässlichkeit ist unglaublich wichtig.

Auf der nächsten Seite: Warum Liquidität im Fonds-Management essenziell ist, weshalb Matthias Kurzrock eisern bei unter 25 Positionen bleibt und welchen europäischen Nebenwert er derzeit attraktiv findet.