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Mehr Meinungen zu Christine Lagarde „Das längerfristige Bild ist eher beunruhigend“

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Aus finanzpolitischer Sicht gehen wir davon aus, dass Lagarde den gemäßigten Kurs beibehält. Und mit Sicherheit würde sie sich einer Wiederaufnahme des Wertpapieraufkaufprogramms nicht verweigern, sollte die Not hierfür (noch) deutlicher werden. Wir hoffen, dass ihr Defizit mit Blick auf institutionelle Kenntnisse – Duisenberg, Trichet und Draghi haben zuvor alle nationale Zentralbanken geleitet, bevor sie EZB-Präsident wurden, und kannten die europäischen Prozesse und das Prozedere daher – nicht zu einer stärker ausgeprägten Volatilität in der Kommunikation führen wird.

Dieses Risiko konnten wir gerade in der frühen Amtsperiode von Jerome Powell bei der amerikanischen Notenbank beobachten.

Francis Scotland, Portfoliomanager und Co-Direktor für globale Makro-Analyse bei der Legg Mason-Tochter Brandywine Global

Sehr bald schon könnten Juristen die drei großen Zentralbanken der Welt leiten: die Bank of Japan, die Federal Reserve und nun mit der Nominierung von Christine Lagarde auch die EZB. Ist das etwas Gutes oder Schlechtes? Ist einen Juristen zu fragen, die Geldpolitik zu verantworten, vergleichbar damit, einen Volkswirt zu fragen, Richter am Obersten Gericht zu werden? Es bleibt abzuwarten, welche Neigung die europäische Geldpolitik künftig bekommen wird.

Kuroda läuft im Windschatten von Premier Abe und hat die Hälfte der japanischen Schulden aufgekauft. Draghi hat Trichets straffe Geldpolitik umgekehrt und mit dem Aufkauf von Staatsanleihen die Verfechter des harten Geldes durch den Kakao gezogen. Powell hatte den Weg einer Normalisierung bereits abgeschrieben, bevor er von den Märkten Ende 2018 gedemütigt unterworfen wurde. Lagarde saß bisher an der Spitze einer Organisation, die im Gegenzug für finanzielle Rettung eine finanzpolitische Nüchternheit von den Ländern verlangen konnte. Sie könnte also zum Florett für die modernen geldpolitischen Theoretiker werden, die unermüdliche Staatsausgabe fordern, die dann mittels Gelddruckmaschine finanziert werden müssen.

Mark Holman, Geschäftsführer von Twenty-Four Asset Management

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Die europäischen Anleihenmärkte können aufatmen, nachdem bekannt wurde, dass Christine Lagarde als neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) die Nachfolge von Mario Draghi im Oktober antreten wird.

Grund zur Erleichterung gibt es jedoch weniger deshalb, weil nun feststeht, wer künftig an der Spitze der EZB steht, sondern vielmehr, weil klar ist, wer das Ruder nicht übernimmt. Bundesbankchef Jens Weidmann galt als einer der Spitzenkandidaten für den Posten. Während Draghi in Erinnerung bleiben wird, weil er versprochen hat, „alles zu tun, was nötig ist“, um den Euro zu stützen, wird Weidmann als erbitterter Verhinderer einiger von Draghis Strategien in die Geschichte eingehen. Zur Erinnerung: Das erste Mal wurde in der Eurozone mit quantitativer Lockerung (QE) geliebäugelt als die sogenannten Outright Monetary Transactions, kurz OMTs, ins Auge gefasst wurden. Zwar wurden sie nie genutzt, gaben den Märkten aber viel Stabilität in schwierigen Zeiten. Es war Weidmann, der dieses Programm so vehement ablehnte, dass er bis vor das deutsche Verfassungsgericht zog, um seine Rechtmäßigkeit anzufechten. Zum Glück ist er mit seinem Vorhaben gescheitert. Eine EZB unter Jens Weidmann hätte in schwierigen Marktphasen immer Schwäche signalisiert, was weitere Angriffe auf den Euro wahrscheinlicher gemacht hätte.

Und was ist mit Christine Lagarde? Sie wird die erste Frau an der Spitze der EZB sein und ist zugleich auch die erste Person, die von Beruf kein Ökonom bzw. keine Ökonomin ist. Natürlich begrüßen wir den Geist der Geschlechtervielfältigkeit in den Reihen einer der europäischen Führungsinstitutionen. Als noch bemerkenswerter erachten wir jedoch, dass eine Politikerin mit einem beeindruckenden Lebenslauf eine noch bessere Arbeit leisten könnte als ein Ökonom. Die EZB hat ohnehin schon genügend kompetente Ökonomen. Braucht sie wirklich noch einen mehr?

Mario Draghi wird dagegen nicht als großer Ökonom in die Geschichte eingehen, sondern vielmehr wegen seines politischen Verstandes, der mit großer Entschlossenheit dazu beigetragen hat, den Euro zu bewahren. Das sind Fähigkeiten, die Christine Lagarde ebenfalls in ihren Rollen im französischen Finanzministerium und als Vorsitzende des Internationalen Währungsfonds (IWF) erworben hat. In ihrer letzten Amtszeit im IWF appellierte sie wiederholt an die Nationen, mehr dafür zu tun, um ihre Volkswirtschaften anzukurbeln, entweder durch Geldpolitik, Fiskalexpansion oder Strukturreformen. Es ist zwar schwierig, sie an dieser Stelle als dovish oder hawkish zu bezeichnen, da sie noch keine klare geldpolitische Stellung bezogen hat. Allerdings haben wir den Eindruck, dass sie weiterhin, wie ihr Vorgänger auch, Vorsicht walten lassen wird – was die Märkte begrüßen würden.

Wir wünschen ihr alles Gute in ihrer neuen Rolle und freuen uns auf die Eröffnungspressekonferenz im vierten Quartal.

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