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OLG Hamburg bestätigt
Mehrfachagent bietet keine unabhängige Beratung
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OLG Hamburg bestätigt Mehrfachagent bietet keine unabhängige Beratung

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Das sagt das OLG Hamburg

Nachdem bereits das Landgericht Hamburg weitestgehend zu Gunsten der Versicherungsmaklerin entschieden hatte, sagte das Oberlandesgericht Hamburg in seinem Hinweisbeschluss, dass es das Urteil des LG Hamburg bestätigen werde. Das OLG Hamburg riet den Beklagten, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzunehmen, da keine Aussicht auf Erfolg bestehe. 

Um einen Unterlassungsanspruch zu begründen, muss nachgewiesen werden, dass ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien besteht. Hier genügte es dem OLG Hamburg, dass die Versicherungsmaklerin ihre Gewerbeerlaubnis, Nachweise zur allgemeinen Geschäftstätigkeit, Bilanzen und eine Kundenliste vorlegte. Entgegen der Auffassung der beklagten Versicherungsvertreterin war damit nicht nur die Existenz der Versicherungsmaklerin belegt, sondern auch ihre tatsächliche Betätigung als Maklerin.

In wessen Lager steht der Mehrfachagent? 

Das OLG Hamburg teilt die Auffassung des LG Hamburg, dass der Mehrfachagent – wie der Einfirmenvertreter – im Lager des Versicherers stehe. Denn Versicherungsvertreter stünden in einer vertraglichen Beziehung zu einem oder mehreren Versicherern. Sie verfügen über eine gesetzliche Vertretungsmacht. Verletzt der Versicherungsvertreter seine Sorgfalts- und Aufklärungspflichten, so richteten sich Haftungsansprüche üblicherweise gegen den Versicherer, nicht gegen den Vertreter.

 

Der Versicherungsvertreter sei somit dem Lager des Versicherers zuzuordnen. Anders als beim Versicherungsmakler bestehe eben kein Vertrag zwischen dem Vertreter und dem künftigem Versicherungsnehmer, sondern nur zwischen Vertreter und Versicherer.

Courtagen – widersprechen sie der Unabhängigkeit des Maklers?

Das OLG Hamburg pflichtet dem LG Hamburg auch hierin bei: Für eine Unabhängigkeit zählt die Sicht des angesprochenen Personenkreises. Bei einem unabhängigen Vermittler gehe man davon aus, dass dieser allein dem Versicherungsnehmer gegenüber vertraglich verpflichtet sei. Die Interessen des Versicherungsnehmers nehme er neutral wahr. Wenn dagegen ein Mehrfachagent auf seiner Internetseite mit einer unabhängigen Beratung wirbt, könne das Interessenten in die Irre führen. Denn es könne den Anschein erwecken, dass der betreibende Versicherungsvertreter allein die Interessen des Kunden vertrete und nicht auf Rechnung der Versicherungen tätig werde, so das OLG Hamburg.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass Versicherungsmakler bei Vertragsschluss eine Courtage von der Versicherung erhalten. Denn der Versicherer müsse den Vertrag, den der Makler angebahnt hat, noch selbst mit dem zukünftigen Versicherungsnehmer abschließen. Dadurch verpflichte er sich, dem Makler eine Courtage zu zahlen. Der Versicherungsvertreter hingegen könne aufgrund seiner Vertretungsmacht den Vertragsschluss und somit die Provisionszahlung eigenständig herbeiführen. Die Beziehung zwischen Versicherungsmakler und Versicherer hinsichtlich der Courtage sei also nicht mit der Provisionszahlung an den Versicherungsvertreter vergleichbar.

Mehrfachvertreter versus Makler – Fazit und Praxishinweis

Versicherungsvertreter werden dem Lager der Versicherungen zugerechnet – auch wenn sie als Mehrfachagenten für mehrere Versicherungen tätig sind. Denn sie haben eine gesetzliche Vertretungsmacht für die Versicherer und sind deren Wissensvertreter. Damit sind sie nach Verkehrsanschauung nicht unabhängig. Werben sie trotzdem mit unabhängiger Beratung, kann das wettbewerbsrechtliche Ansprüche nach sich ziehen.

Versicherungsmakler hingegen sind nicht schon deshalb abhängig, weil sie bei Vertragsabschlüssen eine Courtage bekommen. Denn die Begründung der Verpflichtung zur Zahlung liegt in der Hand der Versicherer. Makler schließen einen Maklervertrag mit dem zukünftigen Kunden. Diesem gegenüber haben sie vertragliche Pflichten. Anders als Vertreter stehen Makler im Lager des Versicherungsnehmers.

Aus der Einschätzung des LG Hamburg und des OLG Hamburg lässt durchaus schließen, dass sich der Versicherungsmakler grundsätzlich als „unabhängig“ bezeichnen darf. Natürlich ist auch hier jeder Einzelfall zu bewerten. Nicht ausgeschlossen ist, dass auch Versicherungsmakler ihre Unabhängig verlieren – zum Beispiel, wenn es Fremdbeteiligungen von Versicherungsunternehmen am Versicherungsmakler gibt.


Über den Autor:

Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Jöhnke ist Partner der Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Jöhnke & Reichow. Die Kanzlei hält regelmäßig Veranstaltung zum Wettbewerbs- und Vermittlerrecht und veranstaltet einen jährlichen Vermittlerkongress.

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