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Melanie Kümmel von der Techniker Krankenkasse „Der Pensionsfonds bietet uns deutlich mehr Anlagemöglichkeiten“

Von , in FondsLesedauer: 8 Minuten
Melanie Kümmel, Leiterin Finanzanlagen bei der Techniker Krankenkasse: „Unter dem Strich konnten wir uns dadurch einen sehr guten Puffer aufbauen, was wir im Sozialgesetzbuch-Kontext bei Weitem nicht geschafft hätten.“
Melanie Kümmel, Leiterin Finanzanlagen bei der Techniker Krankenkasse: „Unter dem Strich konnten wir uns dadurch einen sehr guten Puffer aufbauen, was wir im Sozialgesetzbuch-Kontext bei Weitem nicht geschafft hätten.“ | Foto: Markus Kirchgessner

leitwolf: Frau Kümmel, die TK hat vor drei Jahren als erster Sozialversicherungsträger einen betrieblichen Pensionsfonds gegründet. Wie kam es dazu?

Melanie Kümmel: Die betriebliche Altersversorgung der Mitarbeitenden der TK war seit Anfang der 2000er-Jahre in einem CTA-Modell, der TK-Treuhand e. V., aufgehängt. Doch mit den Anlagemöglichkeiten waren wir alles andere als zufrieden – zum damaligen Zeitpunkt war beispielsweise überhaupt keine Aktienquote möglich. Um das enge Anlagekorsett des Sozialgesetzbuchs zu verlassen, sind wir auf die Pensionsfondslösung gekommen. Bis zum Start hat es dann aber doch noch bis zum Jahr 2020 gedauert.

leitwolf: Dazu gehörte sicherlich sehr viel Mut und Durchhaltevermögen. Welche Rolle spielten Sie in diesem Prozess? 

Kümmel: Zunächst einmal waren an diesem Großprojekt sehr viele Kolleginnen und Kollegen der TK beteiligt, die sich sehr eingesetzt haben. Eine Genehmigung der BaFin einzuholen, ist ein extrem aufwendiger Prozess. Ich habe das Umsetzungsprojekt geleitet, wobei es immer wieder auf ein Höchstmaß an Kommunikation und Transparenz angekommen ist, nicht zuletzt, um die Beteiligten zu begeistern, unser Ziel gemeinsam voranzutreiben.

leitwolf: Welche Möglichkeiten der Kapitalanlage haben Sie durch den Schritt zum Pensionsfonds gewonnen?

Kümmel: Der Pensionsfonds bietet uns deutlich mehr Anlagemöglich­keiten. Unser Ziel war und ist es, eine möglichst global diversifizierte Kapitalanlage für ein langfristiges Vermögen abbilden zu können. Hierfür haben wir zunächst eine Asset-Liability-Management-Studie gemacht, um eine strategische Asset Allocation für das Niedrig-/Negativzinsumfeld zu entwickeln. Die Kapitalanlage im Pensionsfonds ermöglicht es uns, auch Anleihen beispielsweise außerhalb des Investment-Grade-Bereichs aufzunehmen oder im Aktienkontext etwa auch den Emerging-Markets- oder Small & Mid Caps-Bereich.

leitwolf: Wie hoch ist Ihre Aktienquote?

Kümmel: In der Strategischen Asset Allocation liegt sie bei 33 Prozent, wobei wir bewusst taktische Bandbreiten haben, die wir nach oben und unten steuern können, im Maximum auf bis zu 40 Prozent. Im Fixed-Income-Bereich sind wir breit diversifiziert mit 55 Prozent und im Bereich Private Markets mit 12 Prozent gewichtet, wovon eine Zielquote von 5 bis 7 Prozent auf Immobilien entfällt.

leitwolf: Sind die Assets eher aktiv oder passiv gemanagt?

Kümmel: Sowohl als auch. 

leitwolf: Wie würden Sie Ihre bisherigen Anlageerfahrungen zusammenfassen?

Kümmel: Wir sind mit dem Pensionsfonds ja direkt in der Corona-­Phase gestartet, was sicherlich eine der größten Herausforderungen war. Allerdings hatten wir den Vorteil, dass wir verhältnismäßig zurückhaltend starten konnten und zu teilweise richtig günstigen Marktpreisen investiert haben. Unter dem Strich konnten wir uns dadurch einen sehr guten Puffer aufbauen, was wir im Sozialgesetzbuchkontext bei Weitem nicht geschafft hätten.

leitwolf: Hat einer Ihrer Wettbewerber Ihren Schritt kopiert? 

Kümmel: Bislang nicht. Wir hatten schon einige Nachfragen, beispielsweise inwieweit das eine überbetriebliche Lösung sei, bei der man mit unter unseren Mantel schlüpfen könne. Wir haben das aber ganz klar als unternehmenseigenen Pensionsfonds gegründet und dies auch im Zulassungsverfahren deutlich gemacht, sodass dies gar nicht möglich wäre.

Melanie Kümmel, Leiterin Finanzanlagen bei der Techniker Krankenkasse, mit Ralf Lochmüller (rechts) und Dejan Saravanja (links) © Markus Kirchgessner

leitwolf: Wir haben es gegenwärtig mit ­einem sehr schnellen Zinsanstieg zu tun – wie gehen Sie damit um? 

Kümmel: Wir sind gerade dabei, ein neues ALM-Modell aufzustellen. Da werden wir wahrscheinlich die Aktienquote zugunsten der Anleihen absenken, uns aber trotzdem verhältnismäßig hohe Bandbreiten belassen, sodass wir in der Lage sind, das Portfolio taktisch zu steuern.

leitwolf: Als aktives Zusammenspiel von strategischer und taktischer Allokation?

Kümmel: Ja, wir definieren unsere Zielquoten mit ausreichend taktischen Bandbreiten, um auf Marktentwicklungen reagieren zu können. Das Ganze stimmen wir direkt mit dem TK-Vorstand ab.

leitwolf: Können Sie beschreiben, wie die Entscheidungsprozesse bei Ihnen ablaufen? 

Kümmel: Wir arbeiten im Team eng zusammen. Dabei ist es sehr wichtig, dass wir zum Teil auch unterschiedliche Meinungen haben. Das bedeutet, die Argumente zu sammeln und zu diskutieren, bevor wir eine Entscheidung treffen – auch mit unseren Geschäftspartnern und den externen Asset Managern. 

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leitwolf: Worauf achten Sie bei der Auswahl externer Manager in erster Linie?

Kümmel: Ich finde es sehr wichtig zu wissen, wie der Manager organisatorisch aufgestellt ist und wie der Investmentprozess abläuft. Und dass nicht nur eine schöne Story dahintersteckt. Daneben muss natürlich der Track-Record stimmen – und nachvollziehbar sein. Schließlich laden wir die Kandidaten zum persönlichen Gespräch ein, um abschätzen zu können, ob die Investmentphilosophie und die Personen im Gesamtkontext zu uns passen. Wir legen viel Wert darauf, alle handelnden Personen kennenzulernen. Nach der Mandatsvergabe beobachten wir, ob die Erwartungen erfüllt werden.

leitwolf: Wie erschließen Sie sich eine neue Anlageklasse?

Kümmel: Es ergibt sich oft aus Gesprächen mit Marktteilnehmern, dass wir auf interessante Ergänzungsmöglichkeiten stoßen, die wir ins Portfolio übernehmen können und mit denen wir eventuell unser Chance-Risiko-Profil verbessern können. So geschehen mit dem Bereich der Private Markets. Ein für uns komplett neuer Bereich, den wir uns über eigenes Research erst erschließen mussten.

Melanie Kümmel
Melanie Kümmel: „Unser Ziel war und ist es, eine möglichst global diversifizierte Kapitalanlage für ein langfristiges Vermögen abbilden zu können.“ © Markus Kirchgessner

leitwolf: Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für Sie?

Kümmel: Das Thema Nachhaltigkeit wird zunehmend wichtiger. Wir haben festgelegte Rahmenbedingungen für die Kapitalanlage, schauen uns aber auch immer wieder neue Themen an, die wir umsetzen wollen. Auch jetzt, im Rahmen der neuen ALM-Studie. Aber es muss immer ein Gesamtpaket sein und sicherstellen, dass wir ein insgesamt gut diversifiziertes Portfolio darstellen können.

leitwolf: Wie transparent sind Ihre Anlageergebnisse? 

Kümmel: Sehr transparent. Wir veröffentlichen einen Geschäftsbericht und wir beschreiben auf der Internetseite unsere Anlagerichtlinien sowie die Grundsätze der Anlagepolitik – inklusive diverser Erfolgszahlen.

leitwolf: Wenn Sie auf Ihre langjährige Tätigkeit am Kapitalmarkt zurückblicken – was halten Sie in der Kapitalanlage für ­besonders wichtig?

Kümmel: Grundsätzlich finde ich das richtige Maß an Risikotragfähigkeit sehr wichtig, das heißt, dass man sich bei Marktschwankungen nicht sofort ausstoppen lässt. Dafür ist es essenziell, richtig zu kommunizieren. Ich möchte im Kontakt mit unseren Asset Managern immer nachvollziehen können, warum sie so oder so agiert haben, da ich ja wiederum auch an meine Gremien berichten muss. 

leitwolf: Was macht Ihnen am meisten Spaß an Ihrem Job? 

Kümmel: Ich finde die Entwicklungen am Kapitalmarkt einfach sehr spannend und abwechslungsreich! Der ist ständig in Bewegung, jeden Tag gibt es neue Nachrichten, auf die wir reagieren müssen.

leitwolf: Und was machen Sie, wenn Sie sich mal nicht um die Kapitalanlage kümmern? 

Kümmel: Da ist zunächst meine Familie, mein Mann und unsere drei Söhne. Ansonsten habe ich vor drei Jahren wieder mit dem Klavierspielen begonnen. Das nutze ich zur Zerstreuung und auch dazu, mich ab und zu auf andere Dinge zu konzentrieren.

leitwolf: Frau Kümmel, vielen Dank für das Gespräch!

Über die Interviewte:

Melanie Kümmel ist Leiterin Finanzanlagen bei der Techniker Krankenkasse (TK), Deutschlands größter Krankenkasse mit mehr als 11 Millionen Versicherten. Außerdem ist sie seit 2006 Mitglied des Vorstands der TK-Treuhand e. V. sowie Vorstandsvorsitzende der seit Januar 2020 am Markt tätigen TK Pensionsfonds AG. In dieser Funktion verantwortet sie ein Anlagevermögen in Höhe von rund 11 Milliarden Euro. Bevor sie im Jahr 1999 ihre Karriere bei der Techniker Krankenkasse startete, war sie in verschiedenen Positionen im Bankenbereich tätig. Melanie Kümmel hat einen Abschluss der Frankfurt School of Finance & Management.

Über die TK Pensionsfonds AG

Die TK Pensionsfonds AG wurde im Mai 2019 gegründet und hat am 1. Januar 2020 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen. Sie ist eine unternehmenseigene Einrichtung der Techniker Krankenkasse (TK) für die betriebliche Altersversorgung. Mit der TK Pensionsfonds AG bieten sich der Techniker Krankenkasse, die dieses Vehikel als bisher einzige Sozialversicherung ins Leben gerufen hat, erweiterte Kapitalanlagemöglichkeiten für das Pensionsvermögen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der TK. So kann die TK die Finanzierung der Pensionszusagen auch in der Zukunft nachhaltig sichern. Die TK Pensionsfonds AG unterliegt der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Dieses Interview wurde uns freundlicherweise von Lupus alpha zur Verfügung gestellt und stammt aus dem aktuellen leitwolf-Magazin(leitwolf-magazin.de)

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