Merger-Experte Kai Lucks
Fusionen fordern Management

Merger-Experte Kai Lucks
Die in den letzten Jahren zu beobachtenden Sprünge, begründet vor allem mit dem höheren Niveau in den USA und der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands um Spitzenleister, hat die Bundesregierung bewogen, die Unternehmen auf Deckelungen zu verpflichten. Herausgekommen sind Appelle.
Stabilität der neuen Siemens-Konstruktion
Ob Kaesers Umbau, er spricht von Weiterentwicklung, wirklich zur Erfolgsgeschic...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die in den letzten Jahren zu beobachtenden Sprünge, begründet vor allem mit dem höheren Niveau in den USA und der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands um Spitzenleister, hat die Bundesregierung bewogen, die Unternehmen auf Deckelungen zu verpflichten. Herausgekommen sind Appelle.
Stabilität der neuen Siemens-Konstruktion
Ob Kaesers Umbau, er spricht von Weiterentwicklung, wirklich zur Erfolgsgeschichte wird, ist nicht gesichert. Kaeser balanciert zwischen Agilität und Stabilität. Er will den Geschäften mehr an spezifisch notwendiger Beweglichkeit verschaffen. Die digitalgetriebenen Segmente müssen zweifellos schnell agieren und dürfen nicht vom Tempo klassischer Geschäftszweige abhängen. Der Lebenszyklus einer industriellen Gasturbine liegt bei etwa acht Jahren, die Taktung in der digitalen Fabrik ist viel kürzer.
Das ist aber nichts Neues im Haus Siemens: Das damals noch im Konzern liegende Halbleitergeschäft musste bereits mit einem Sechs-Monats-Rhythmus für neue Produktgenerationen zurechtkommen. Eine Verzögerung bei der Markteinführung von Elektronikprodukten kostet typischerweise das kumulierte Ergebnis des ganzen Produktlebenszyklus. Das Problem konnte der integrierte alte Konzern auch bewältigen – daran hinderten ihn ja auch die Industriegeschäfte anderer Bereiche an anderen Standorten und unter andere Verantwortung nicht.
Stellt sich also die Frage, ob dafür wirklich die Bildung separater AGs erforderlich ist. Mit einer entsprechenden Prozess- und Genehmigungsstruktur im Hause wäre das auch zu schaffen, vorausgesetzt, die Machtbefugnisse und der Dezentralisierungsgrad für Entscheidungen passen. Kaesers Weg könnte somit auch als Eingeständnis gewertet werden, dass er ein internes Reengineering von Strukturen und Prozessen nicht hinbekommt.
Da trägt er wohl auch schmerzliche Erfahrungen mit sich herum. Ganz schuldlos ist er daran nicht, denn er hat Kompetenzen und Spitzenkompetenzträger abgebaut, die ihm persönlich nicht gefallen haben, weil sie vor kostspieligen Fehlentscheidungen gewarnt hatten – die er dann trotzdem gefällt hatte.
Wie Fliehkräfte wirken
Die neuen Freiheiten der neuen AG-Chefs erlauben ihnen neue individuelle Ordnungsmodelle. Sie riskieren damit schließlich das Auseinanderdriften vormaliger Verhaltensregeln. Somit löst die Neuordnung auch zusätzliche Fliehkräfte aus. Kaeser muss gut erklären, was den neuen Siemens-Verbund noch im Innersten zusammenhält. Die Marke Siemens und kulturelle Gemeinsamkeiten stehen dabei im Mittelpunkt. Bei langjährigen Infrastrukturaufträgen spielt Verlässlichkeit eine große Rolle. Dafür steht der Name Siemens immer noch.
Die Gefahr, dass die neue Struktur in eine weiter reichende Zerlegung oder Zerschlagung mündet, ist allerdings nicht ganz von der Hand zu weisen. Roland Busch, der designierte Kaeser-Nachfolger, der im Jahr 2021 den Dienst antreten soll, könnte in schwierigeren Zeiten in Versuchung geraten, Geschäfte wie die Bahntechnik, die derzeit kriselnde Kraftwerkssparte oder die Medizintechnik ganz herauszulösen, wenn dies etwa auf Druck aggressiver Investoren als opportun erscheint.
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