Merger-Experte Kai Lucks
Fusionen in der Krise
Aktualisiert am 21.04.2020 - 11:09 Uhr
Kai Lucks ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions. Foto: Bundesverband Mergers & Acquisitions
Fusionen und Übernahmen sind ein komplexes Geschäft. Kai Lucks, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions, erklärt an Beispielen, warum sich Unternehmen dafür entscheiden und welche Probleme im Management auftauchen.
Die Targets aktivistischer Investoren sind durchaus unterschiedlich. Je nach Zeithorizont, mit dem sie in das anzugehende Unternehmen investieren, wählen sie einmal (kurze Perspektive) vor allem spezialisierte Branchenchampions, bei denen sie einfache und offensichtliche Veränderungshebel erkennen, die man schnell anwenden kann. Manchmal führt bereits die Bekanntgabe, dass ein aggressiver Investor an Bord gekommen ist, zu einer Kurssteigerung, ohne dass der Investor bereits aktiv wurde.
Insofern profitiert ein Aktivist sowohl von den passiv erreichbaren Effekten als auch von seinem aktiven Eingreifen in die Geschäftspolitik. Ein tiefergehendes Engagement fordern stattdessen etwa Industriekonglomerate,...
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Die Targets aktivistischer Investoren sind durchaus unterschiedlich. Je nach Zeithorizont, mit dem sie in das anzugehende Unternehmen investieren, wählen sie einmal (kurze Perspektive) vor allem spezialisierte Branchenchampions, bei denen sie einfache und offensichtliche Veränderungshebel erkennen, die man schnell anwenden kann. Manchmal führt bereits die Bekanntgabe, dass ein aggressiver Investor an Bord gekommen ist, zu einer Kurssteigerung, ohne dass der Investor bereits aktiv wurde.
Insofern profitiert ein Aktivist sowohl von den passiv erreichbaren Effekten als auch von seinem aktiven Eingreifen in die Geschäftspolitik. Ein tiefergehendes Engagement fordern stattdessen etwa Industriekonglomerate, deren Restrukturierungen komplexer ausfallen und längere Zeit in Anspruch nehmen. In beiden Fällen bauen Aktivisten Druck auf das Management aus. Für ihre Kampagnen suchen sie besondere Gelegenheiten. Rund die Hälfte ihrer Kampagnen sind M&A-getrieben.
Häufige Forderungen der Aktivisten sind Abspaltungen von Unternehmensteilen oder der komplette Rückzug aus Geschäftseinheiten, mit dem Ziel, ihre Beteiligung auf die höherwertigen Geschäfte fokussieren zu können und damit den Wert ihres Investments nach oben zu hebeln. Dabei schrecken sie auch nicht vor der vollständigen Zerschlagung zurück, indem sie Unternehmensteile etwa wissentlich in Sackgassen führen, aus der es kaum noch strategischen Auswege gibt. Diese Reste interessieren sie nicht mehr: Die Schäden, vor allem infolge von Arbeitsplatzverlusten, Steuerausfällen und Strukturproblemen, werden der Sozialgesellschaft aufgebürdet.
Um ihre Ziele durchsetzen zu können brauchen aktivistische Investoren weitere Partner, denn ihre Beteiligungsquote allein reicht dafür selten aus. Sie haben schlichtweg zu wenig Zeit und verfügen über zu geringe eigene Finanzmittel, um im Alleingang strategische Positionen aufzubauen. Primär suchen sie Allianzen mit anderen externen Partnern, vor allem mit klassischen Großinvestoren oder Hedgefonds. Sie nutzen aber auch den Schulterschluss mit unternehmensinternen Mächten.
Das kann über zwei Motive geschehen: Zum Ersten könnte ein aktivistischer Investor durchaus ein gewünschter Partner für einen Vorstand werden, um Restrukturierungen im eigenen Hause durchsetzen zu können. Damit werden sie zu guten Aktivisten aufgewertet. Sie können aber auch aus Sicht der Unternehmensführung zu den Bösewichten werden, wenn sich ihr Interesse gegen den Vorstand kehrt oder sogar dessen Ablösung fordert.
Ein dritter Weg ist die Spaltungsstrategie, etwa wenn der Aktivist die anderen Aktionäre, eventuell sogar aus dem Mitarbeiterkreis, überzeugen kann, dass er über bessere Konzepte verfügt, den Börsenwert zu steigern, und diese Aktionäre dann gegen den Vorstand aufwiegelt. Dabei kommt ihm ein Vorteil zugute: er braucht sich weniger um soziale Belange, um Identitäten und Kulturen des Unternehmens zu kümmern, die Margen und Zeit kosten können. Sein Interesse ist allein der ökonomische Wert.
In der Vergangenheit war für Deutschland die Kontrolle von Unternehmen durch Mehrheitsaktionäre oder mehrere Großaktionäre typisch, häufig getragen durch andere deutsche Unternehmen. Vor diesem Hintergrund wurde auch die Bezeichnung Deutschland AG geläufig, das für ein gegenüber ausländischen Investoren abgeschottetes System der Unternehmenskontrolle kennzeichnete.
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