Merger-Experte Felix Engelhardt
Woher die aktuelle Konsolidierungswelle im Mittelstand kommt
Felix Engelhardt ist Gründer und CEO des Beratungsunternehmens Zumera. Foto: Zumera / Canva
Die deutsche Wirtschaft hat sich längst von der Corona-Pandemie erholt – zumindest auf den ersten Blick. Wer nah an den Unternehmen ist, sieht jedoch: Unter der Oberfläche zeitigt der Jahre zurückliegende Schock durchaus gravierende Spätfolgen – in Form einer großen Konsolidierungswelle im Mittelstand. Felix Engelhardt analysiert die Gründe und erläutert, worauf Unternehmer achten sollten, wenn sie erfolgreich fusionieren wollen.
Nie zuvor gab es so viel Interesse an Mergers in Form von Zusammenschlüssen unter Unternehmen ohne oder mit nur geringer Cash-Komponente. Eine starke Motivation für die derzeitige Konsolidierungswelle ist die globale Wirtschaftsflaute, die zu einer reduzierten Nachfrage, zum Einbruch der Umsätze und damit auch der Gewinne führt. Um die Margen wieder zu steigern, suchen Unternehmen nach Synergien durch Fusionen.
Doch auch der Wunsch zur Diversifikation in neue Märkte oder Produktlinien treibt viele Unternehmen gegenwärtig zur Suche nach einem Partner. Zusätzliche Impulse für Fusionen liefern die geopolitischen Spannungen und die fragilen Lieferketten. Die jüngsten Angriffe der Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer verdeutlichen, dass die Lage angespannt bleibt.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Nie zuvor gab es so viel Interesse an Mergers in Form von Zusammenschlüssen unter Unternehmen ohne oder mit nur geringer Cash-Komponente. Eine starke Motivation für die derzeitige Konsolidierungswelle ist die globale Wirtschaftsflaute, die zu einer reduzierten Nachfrage, zum Einbruch der Umsätze und damit auch der Gewinne führt. Um die Margen wieder zu steigern, suchen Unternehmen nach Synergien durch Fusionen.
Doch auch der Wunsch zur Diversifikation in neue Märkte oder Produktlinien treibt viele Unternehmen gegenwärtig zur Suche nach einem Partner. Zusätzliche Impulse für Fusionen liefern die geopolitischen Spannungen und die fragilen Lieferketten. Die jüngsten Angriffe der Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer verdeutlichen, dass die Lage angespannt bleibt.
Fusionen können dazu beitragen, die eigenen Lieferketten zu stärken und möglichen Störungen vorzubeugen. Sie können zudem helfen, Abhängigkeiten von geopolitisch unsicheren Regionen zu reduzieren und auf lokalere Lieferketten umzusteigen.
Betriebliche Faktoren fördern das Interesse an Verschmelzungen
Abseits der externen Anlässe fördern betriebliche Faktoren das Interesse an Verschmelzungen. So stehen viele Unternehmen vor der Aufgabe, digitaler und nachhaltiger zu werden. Beides erfordert neben Knowhow vor allem gezielte Investitionen. Gerade für kleine Betriebe ist das allein kaum leistbar, sodass ein Zusammenschluss hier Abhilfe schafft.
Analysiert man die Fusionsbestrebungen in den einzelnen Sektoren, so lassen sich weitere, branchenindividuelle Gründe identifizieren.
Fertigungsindustrie: Hier ist einer der Hauptgründe die Notwendigkeit, Zugang zu modernsten Automatisierungs- und Fertigungstechnologien zu sichern. Durch Fusionen können Ressourcen gebündelt werden, um in diese fortschrittlichen Technologien zu investieren. Produktionsprozesse können so effizienter und kostengünstiger gestaltet werden.
Darüber hinaus bieten sie die Chance, auf neue Märkte zuzugreifen und den Kundenstamm auszuweiten. Ein weiterer Grund ist das Streben nach Skaleneffekten: Durch den Zusammenschluss entsteht eine größere Produktionseinheit mit höherer Kapazität. Dadurch können Fixkosten besser verteilt sowie Effizienzen maximiert werden.
Technologiesektor: Die Branche lebt stark von regelmäßigen Innovationen. Wer hier den Anschluss verpasst, kann schnell aus dem Markt gedrängt werden. Daher braucht es ausreichende Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch eine Hochzeit können Unternehmen ihre Ressourcen bündeln und so effektiver in neue Technologien investieren.
Darüber hinaus ermöglichen Fusionen den Zugang zu neuen oder ergänzenden Technologien. Diese können genutzt werden, um das eigene Produktportfolio auszuweiten oder bestehende Angebote zu verbessern. Für kleine und mittlere Technologieunternehmen ist die Fusion oft ein Mittel, um ihre Wettbewerbsfähigkeit mit den großen Playern auf dem Markt zu stärken.
Gesundheitswesen: Durch einen Zusammenschluss können Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen ein umfassenderes Behandlungsangebot schaffen, etwa wenn ein kleineres Krankenhaus mit begrenzten Ressourcen mit einem größeren Krankenhausbetreiber zusammengeht.
Doch auch der Zugang zu neuen Behandlungstechnologien spielt eine wichtige Rolle, denn der Mittelbedarf für hochmoderne medizinische Geräte wie bildgebende Verfahren oder chirurgische Instrumente ist oft beträchtlich. Ein weiterer Aspekt bei Fusionen im Gesundheitssektor: die gemeinschaftliche Bewältigung der steigenden regulatorischen Anforderungen.
Energiesektor: Immer mehr Unternehmen wollen in erneuerbare Energien und umweltfreundliche Technologien investieren. Fusionen erleichtern es, größere Investitionen zu tätigen und innovative Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels voranzutreiben. Oftmals sind sie auch eine Reaktion auf regulatorische Änderungen, die den Anbietern beträchtliche Aufwände abverlangen.
Darüber hinaus spielt auch die Marktvolatilität eine wichtige Rolle bei der Entscheidung zur Konsolidierung im Energiesektor. Preisschwankungen sowie sich ändernde Marktbedingungen stellen Unternehmen vor Herausforderungen. Durch eine Zusammenlegung von Ressourcen können sie Risiken minimieren und sich gegen unvorhersehbare Schwankungen absichern.
Kulturelle Unterschiede zählen zu den größten Herausforderungen bei Fusionen
So chancenreich Fusionen sind – sie bringen auch gewisse Herausforderungen mit sich. Zu den größten Hürden zählen kulturelle Unterschiede. Fusionieren zwei Unternehmen, bringt jedes seine eigene Unternehmenskultur mit in den Zusammenschluss ein. Diese Kulturen können sehr unterschiedlich sein und es erfordert Zeit, Geduld und Kommunikation, um diese Differenzen zu überbrücken.
Hinzu kommen rechtliche und regulatorische Hürden, insbesondere bei grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen. Verschiedene Länder haben unterschiedliche Gesetze und Vorschriften bezüglich Fusionen und Übernahmen sowie Steuer- oder Arbeitnehmerrechte. Dies kann dazu führen, dass die Integration der beiden Unternehmen komplex oder sogar blockiert wird.
Des Weiteren können Bewertungsunterschiede zwischen den fusionierenden Unternehmen sowie Meinungsverschiedenheiten über die zukünftige Unternehmensführung die Verhandlungen komplizieren. Die Bewertung eines Unternehmens ist eine komplexe Aufgabe, die mehrere Methoden erfordert, um ein umfassendes Bild des Wertes zu erhalten. Divergierende Vorstellungen von der Unternehmenszukunft müssen während des Fusionsprozesses zusammengeführt werden, andernfalls könnte ein latenter Richtungsstreit den Erfolg des Betriebes massiv beeinträchtigen.
Share for Share Deals im Mittelstand sind noch deutlich seltener
Eine Besonderheit bei Fusionen im Mittelstand im Vergleich zu Großunternehmen ist die dabei genutzte Währung. Während bei Deals im Large-Caps-Segment häufig mit Übertragungen von Unternehmensanteilen „bezahlt“ wird, sind sogenannte Share-for-Share-Deals im Mittelstand immer noch deutlich seltener.
Das liegt daran, dass kleine Unternehmen nicht an der Börse gelistet sind und somit nicht nur die Anteile des Targets bewertet werden müssten, sondern auch die des Erwerbers. Die Komplexität und Anforderungen an finanztechnisches Know-how erhöht sich also signifikant. Das trauen sich viele in dem Marktsegment nicht zu.
Share Deals sind jedoch eine attraktive Option für mittelständische Betriebe, da sich so Liquiditätsengpässe vermeiden lassen und die finanzielle Stabilität langfristig gesichert wird. Zudem können sie eine stärkere Bindung und langfristige Partnerschaft zwischen den fusionierenden Unternehmen fördern.
Damit der Share Deal glückt, sind drei Dinge entscheidend. Erstens muss die Bewertung der beteiligten Unternehmen fair und transparent sein, um das Vertrauen beider Parteien zu gewährleisten. Nur wenn alle Informationen offengelegt werden und die Unternehmenswerte objektiv bewertet werden, können potenzielle Risiken minimiert werden. Zweitens müssen Aktionärsvereinbarungen und Verträge sorgfältig ausgearbeitet werden, um Rechte und Pflichten zu regeln. Und drittens sind eine professionelle Beratung und eine sorgfältige Due-Diligence-Prüfung unerlässlich, um unerwartete Haftungen oder Probleme zu vermeiden.
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