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Frühstart-Rente: Merz' 10-Euro-Plan für die Altersvorsorge
Zehn Euro monatlich vom Staat für jedes Kind zwischen sechs und achtzehn Jahren – was Friedrich Merz da als „Frühstart-Rente“ vorschlägt, klingt zunächst bescheiden. Fast möchte man sagen: allzu bescheiden. Doch der CDU-Vorsitzende hat mit seinem Vorstoß etwas Wichtiges erkannt: Deutschland braucht dringend einen Kulturwandel in der Altersvorsorge.
Die reine Fixierung auf die gesetzliche Rente hat uns in eine Sackgasse geführt. Das System funktioniert nur noch mit massiven Steuerzuschüssen, während gleichzeitig die demografische Entwicklung die Grundannahmen der Umlagefinanzierung weiter untergräbt. Eine stärkere Kapitalmarktorientierung ist unausweichlich – und je früher damit begonnen wird, desto besser.
Insofern ist der Merz-Vorschlag konzeptionell richtig. Er setzt auf den Zinseszinseffekt, der besonders bei langen Anlagezeiträumen seine volle Wirkung entfaltet. Die prognostizierten 36.000 Euro bis zum Renteneintritt – bei einer durchaus realistischen Rendite von sechs Prozent – sind zwar keine Lösung für die Rentenfrage. Aber sie könnten als „Türöffner“ für eine breitere private Vorsorge fungieren.
Viele Fragen bei der „Frühstarter-Rente“ ungeklärt
Allerdings bleiben zentrale Fragen offen. Wie genau soll das Geld angelegt werden? Wer trifft die Anlageentscheidungen? Welche Rolle spielen dabei die Eltern? Die Erfahrungen mit der Riester-Rente haben gezeigt, dass gut gemeinte staatliche Förderung schnell in einem Dickicht aus Bürokratie und überhöhten Verwaltungskosten ersticken kann.
Auch die Finanzierung erscheint noch nebulös. Sieben Millionen Euro monatlich pro Jahrgang klingen überschaubar. Aber mit jedem Jahr käme ein neuer Jahrgang hinzu. Nach zwölf Jahren wären es dann schon gut eine Milliarde Euro jährlich. In Zeiten angespannter Haushalte keine triviale Summe.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Der entscheidende Schwachpunkt jedoch ist die geringe Höhe der monatlichen Einzahlung. Zehn Euro sind bestenfalls ein symbolischer Betrag. Zum Vergleich: Die CSU hatte 2020 in ihrem „Starterkit“-Konzept noch 100 Euro monatlich vorgeschlagen. Will man wirklich eine spürbare Ergänzung zur gesetzlichen Rente aufbauen, müsste der Betrag deutlich höher liegen.
Es braucht eine zeitnahe Rentenreform
Sinnvoll wäre auch, das Konzept mit einer breiteren Reform der privaten Altersvorsorge zu verbinden. Dazu gehören steuerliche Anreize für zusätzliche private Einzahlungen der Eltern oder Großeltern, eine Vereinfachung der betrieblichen Altersvorsorge und nicht zuletzt eine grundlegende Reform des gescheiterten Riester-Systems.
Die „Frühstart-Rente“ könnte ein erster Baustein sein für den überfälligen Umbau der Alterssicherung. Mehr aber auch nicht. Sie ist ein Tropfen – aber immerhin einer, der in die richtige Richtung fällt. Jetzt kommt es darauf an, aus dem Tropfen einen Strom zu machen. Das erfordert mehr Mut bei der Ausgestaltung und vor allem ein schlüssiges Gesamtkonzept.
Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Union, die allen Umfragen zufolge mit hoher Wahrscheinlichkeit den nächsten Bundeskanzler stellt, diesen Mut aufbringt. Die Grundidee stimmt, aber sie muss noch erheblich weiterentwickelt werden. Sonst bleibt am Ende nur eine weitere Klein-Klein-Reform, die das grundlegende Problem der Altersvorsorge nicht löst.
Dies ist ein persönlicher Kommentar, der ausschließlich die subjektive Meinung und Sichtweise des Autors widerspiegelt. Die hier dargestellten Ansichten, Interpretationen und Schlussfolgerungen repräsentieren nicht notwendigerweise die Position oder offizielle Haltung des Unternehmens.