DAS INVESTMENT: Herr Schmidt, Ihr Haus steht ja von jeher für Aktienanlagen. Neulich haben Sie eine „Liebeserklärung an die Aktie“ formuliert. Sind Sie nicht etwas überschwänglich? Ich habe zumindest einmal gelernt, dass man sich nicht in eine Aktie verlieben soll.
Oliver Schmidt (lacht): Da haben Sie völlig Recht, es geht mir aber auch nicht um eine einzelne Aktie, sondern die Assetklasse an sich. Aktien sind ein wichtiges Fundament in der langfristigen Altersvorsorge, aber leider haben wir in Deutschland nicht die Aktienkultur wie beispielsweise in den USA. Die Aktionärsquote bei Privatanlegern liegt hierzulande bei kläglichen 4 Prozent. Das ist, ganz offen formuliert, vernichtend gering. Alle Bestrebungen der Branche in den letzten Jahren, dies zu ändern, muss man leider als weitgehend wirkungslos bezeichnen.
Es bleibt bislang beim Reden über Aktien, aber nicht beim Handeln.
Schmidt: So sieht es leider aus. Umso wichtiger, dass wir als Finanzbranche weiter die Vorzüge der Aktienanlage betonen. Denn es steht viel auf dem Spiel.
Was genau meinen Sie?
Schmidt: Schauen Sie, immer mehr Unternehmen orientieren sich weg von Europa. Die attraktiveren Börsengänge finden dann woanders statt, genauso wandern die Steuereinnahmen und Jobs ab. Sollte dieser Trend langfristig anhalten, wäre das eine Gefahr für den Standort Europa. Weil Aktien eine Erfolgsgeschichte sind, lohnt es sich, für sie zu kämpfen und auf die langfristigen Vorteile hinzuweisen.
In der Theorie mögen Aktien ja langfristig immer gewonnen haben. Aber angesichts der heutigen Dynamik an den Börsen mit immer kürzeren Zyklen fragt man sich: Kann man da noch sorglos eine Unternehmens-Aktie kaufen und diese im Buffet-Stil noch 30 Jahre liegen lassen?
Schmidt: Ich stimme Ihnen zu, die Zeiten haben sich in mancher Hinsicht geändert. Aktienkurse gingen viele Jahre fast nur nach oben, getrieben von immer weiter fallenden Zinsen. Jetzt müssen wir uns auf mehr Volatilität einstellen. Bewertungsaspekte werden wieder wichtiger, jetzt wo das Zinsumfeld ein anderes ist.
Was schließen Sie daraus?
Schmidt: Wieder verstärkt auf aktives Management zu setzen. Aktive Fonds können bestimmte Segmente wie Nebenwerte oder Nachhaltigkeit gezielter bespielen. Auch können Fondsmanager durch geschickte Titelauswahl Risiken steuern und Chancen nutzen – gerade in stürmischen Börsenzeiten. Schauen wir zum Beispiel auf den Corona-Crash 2020, als Aktienmärkte binnen weniger Wochen um rund 30 Prozent einbrachen und sich dann ebenso schnell wieder erholten. Hier konnten aktive Manager beherzt reagieren, indem sie Absicherungen einsetzten oder bei günstigen Kursen Käufe tätigten. In solchen volatilen Zeiten hat der aktive Fondsmanager klare Vorteile. Er kann die Gunst der Stunde nutzen.
Nun zeigen Studien immer wieder, dass nur wenige Fondsmanager über Jahre hinweg die Benchmark schlagen. Viele Fonds hinken langfristig dem Markt hinterher.
Schmidt: Der Anteil der Fonds, die langfristig ihre Benchmark schlagen, ist überschaubar. Das liegt in der Natur der Sache. Aber es gibt durchaus aktiv gemanagte Strategien, die sehr erfolgreich sind. Unsere Small-Cap-Strategie hat als Publikumsfonds über 20 Jahre rund 400 Prozent zugelegt und damit den zugrundeliegenden Small-Cap-Index geschlagen. Solche aktiven Leistungen kann man nur aufbauen, wenn man einen langfristigen Anlagehorizont hat. Denn auch der beste Fondsmanager kann den Markt nicht timen.
Das heißt, die Studien betrachten aus Ihrer Sicht zu kurze Zeiträume?
Schmidt: Je kürzer der Betrachtungszeitraum, desto schwieriger wird es für aktive Fonds, ihre Stärken auszuspielen. Sie brauchen einen gewissen Spielraum. Deshalb funktionieren bestimmte aktiv gemanagte Nischenstrategien eben besser als der Versuch, den breiten Markt zu schlagen.