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Die Krypto-Regulierung stellt auch technische Anforderungen

Monatelang lag der Fokus in Sachen digitaler Assets auf der ausstehenden Zulassung der Bitcoin-Spot-ETFs in den USA durch die amerikanische Börsenaufsicht SEC. Mit dem Startschuss für die Zulassung hat die Aufsicht Kryptowährungen zu einer Asset-Klasse gemacht, die nun im finanziellen Mainstream angekommen ist.
Doch ein noch viel wichtigerer Meilenstein für die Entwicklung des Kryptomarktes ist die Markets in Crypto-Assets Regulation (Mica) der EU. Dieses Gesetz ist zwar bereits 2023 in Kraft getreten. Es wird aber ab 2024 stufenweise seine volle Wirkung entfalten. Mit dem umfangreichen und komplexen Regelwerk strebt die EU einen transparenten, einheitlichen und rechtssicheren Handel mit Kryptowährungen an. Illegale oder zumindest grob fahrlässige Geschäfte mit dem Geld der Anleger, wie sie bei dem Krypto-Anbieter FTX passiert sind, sollten in der EU zukünftig ausgeschlossen sein.
Zwar handelt es sich hierbei um eine europäische Regulierungsinitiative, doch dürfte diese – analog zu VARA in Dubai – erhebliche Signalwirkung entfalten.
Banken starten mit einem Vorsprung
Neben Emittenten von Kryptowerten fallen auch Kryptowerte-Dienstleister (Crypto Asset Service Provider – CASPs) unter die Mica-Regulierung. Zu letzteren zählen Händler beziehungsweise Broker und Verwahrer von Kryptowerten und damit neben den klassischen Handelsplattformen auch Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Wertpapierinstitute.
Neben der offiziellen Zulassung als CASP müssen Kryptowerte-Dienstleister weitere Auflagen in Bezug auf ihre Organisation erfüllen: So müssen diese zum Beispiel solide interne Kontroll- und Risikobewertungsmechanismen vorweisen. Traditionelle Banken und Finanzdienstleister haben in dieser Hinsicht schon einen deutlichen Vorsprung, da sie ohnehin bereits aus einer hochregulierten Branche mit strengen Governance-Vorschriften kommen.
Die zunehmende Akzeptanz von Kryptowährungen im Markt und der rechtssichere Rahmen für den Kryptohandel in der EU dürften dazu führen, dass die Nachfrage nach Kryptowährungen weiter ansteigt. Denn diese Rechtssicherheit war bis dato eine empfindliche Schwachstelle in der Evolution des Handels mit Krypto-Assets. Er hat den Banken gefehlt, um gegenüber den Kunden entsprechende Geschäfte im gewohnten Rechtsrahmen anbieten zu können. Jetzt können Banken entsprechende Geschäftsmodelle rechtssicher ausrollen und sie auf die neue Asset-Klasse ausdehnen.
Bereits heute gibt es einige Banken, die ein eigenes Kryptoverwahrungs- oder Handelsangebot lanciert haben. Andere Banken befinden sich in der Sondierungs- beziehungsweise Integrationsphase. Fakt ist: Immer mehr Institute kommen aus der passiven Beobachterposition ins Handeln. Doch die zunehmende Nachfrage nach Anbindung an den Kryptohandel durch institutionelle Investoren trifft noch immer auf eine vergleichsweise komplexe und fragmentierte technische Handelsinfrastruktur.
Dies liegt daran, dass es zuerst Privatanleger waren, die den Kryptohandel aufnahmen. Banken und andere Finanzinstitute müssen jetzt auf technologischer Ebene einiges beachten, um ihren Kunden den sicheren und Mica-konformen Handel mit Kryptowährungen anbieten zu können.
Was Banken bei der Anbindung beachten sollten
Wenn Banken sich an den Kryptohandel anbinden wollen, können sie auf keinen technischen Standard oder einheitliche Schnittstelle zur Integration verschiedener Handelsplätze und -kontrahenten zurückgreifen. Gerade der Kryptohandel ist ein höchst fragmentierter Markt, ein Großteil findet außerbörslich („over-the-counter“) statt.
Diese Fragmentierung führt dazu, dass es große Preis- und Liquiditätsunterschiede zwischen den Handelsplätzen gibt. Das eröffnet auf der einen Seite die Chance auf Arbitrage-Handel. Auf der anderen Seite werden Kryptowerte-Dienstleister durch Mica dazu verpflichtet, im besten Interesse ihrer Kunden zu handeln. Im Sinne einer Best Execution Policy müssen demnach mehrere Marktzugänge eingerichtet werden, um Preisdifferenzen über automatisierte Prozesse – sogenanntes Smart Order Routing – und Algorithmen auszunutzen und den niedrigsten Handelspreis garantieren zu können.
Gerade in Zeiten höherer Volatilität trägt die Einbindung mehrerer Handelskontrahenten zudem dazu bei, das Risiko eines Ausfalls eines oder mehrerer Gegenparteien zu minimieren.
Die Best Execution Policy bezieht sich jedoch nicht nur auf die Ebene des Handels, sondern auch auf die technische Seite. Aufgrund der hohen Fragmentierung der eingesetzten Technik bedarf es hier ebenso einer Optimierung mittels einer technischen Integrationsebene, die die notwendigen Technologiekomponenten miteinander vernetzt, orchestriert und automatisiert.
Mica: Anspruch und Realität müssen miteinander abgeglichen werden
Mit der ab diesem Jahr umzusetzenden Mica-Verordnung bietet sich Europa die Chance, zum führenden regulierten Handelsplatz für Kryptowährungen zu werden. Institutionelle Investoren, die den Anschluss an den Kryptohandel suchen, müssen im Rahmen der regulatorischen Anforderungen dafür Sorge tragen, dass der Handel mit den Krypto-Assets technisch sauber ausgeführt wird. Notwendig ist eine technische Integrationsfläche, über die sich sprichwörtlich rund um die Uhr das Order- und Execution Management ausführen lässt, um den Handel mit Kryptowährungen im stark fragmentierten Kryptomarkt im besten Interesse der Kunden durchzuführen.
Banken haben zudem die Chance, neue Erlösströme zu generieren. Dann steht einer erfolgreichen Etablierung des Kryptohandels nichts mehr im Weg.
Über den Autor:
Andy Flury ist Chef (CEO) der Kryptoplattform- und Technologiedienstleistungsfirma Wyden.