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KI-Genie Mira Murati: Diese Frau steckt hinter ChatGPT
Die Sache mit Revolutionen ist die: Sie beginnen oft leise, fast unbemerkt, bis sie plötzlich die Welt verändern. So geschehen auch beim Trend-Thema der Stunde, der Künstlichen Intelligenz. Seit Jahren schleicht sich die Technologie in unseren Alltag, von der Suchmaschine im Internet bis zur smarten Heizungssteuerung im Keller. Wirklich greifbar wurde sie für viele Menschen jedoch erst mit der Einführung von ChatGPT - jener Anwendung, mit der Maschinen plötzlich Gedanken zu haben scheinen und menschenähnliche Konversationen führen können. Eine Technologie, die auch die Fantasie von Investoren beflügelt.
Eine der treibenden Kräfte hinter dieser Entwicklung ist Mira Murati. Als Chief Technology Officer (CTO) bei OpenAI ist es ihr gelungen, in einer von Männern dominierten Branche bis in die oberste Führungsetage aufzusteigen und dabei nicht nur das Technologieunternehmen, sondern auch die Zukunft selbst zu formen. Denn ihre Erfindungen sind gerade dabei, die Welt, wie wir sie kennen, komplett umzukrempeln.
Doch Muratis Geschichte beginnt nicht wie so oft in einer Millionen-Metropole an der US-amerikanischen Westküste oder in einem noblen Apartment in New York, sondern in Osteuropa.
Ein Talent für Technik
Mira Murati wird 1988 in Albanien geboren. Schon früh interessiert sie sich für Mathematik und Videospiele, letztere erwecken ihr Interesse für Künstliche Intelligenz. Mit 16 Jahren zieht sie nach Kanada und studiert anschließend Maschinenbau an der Ivy League Universität Dartmouth in den USA.
Es folgen mehrere Etappen bei Technologiekonzernen: 2012 bis 2013 arbeitet sie bei Zodiac Aerospace, danach drei Jahre bei Tesla, wo sie an der Entwicklung des Model X beteiligt ist. Nach einer kurzen Episode bei der Virtual-Reality-Firma LeapMotion wechselt sie 2018 zu OpenAI, einem der weltweit führenden Unternehmen für KI-Forschung, zu dessen Gründungsmitgliedern auch Tesla-Boss Elon Musk gehört.
Hier findet Murati eine Plattform, auf der sie ihre Visionen und Ideen verwirklichen kann – und sie nutzt diese Chance. Im Mai 2022 wird sie zur CTO befördert, als technische Leiterin bei OpenAI ist sie für den Launch gleich mehrerer Produkte verantwortlich, die einen globalen Hype auslösen. Etwa die Software Dall-E, die man nur mit etwas Text füttern muss und die daraus innerhalb von Sekunden ein künstlich erzeugtes Bild erstellt.
Und natürlich ChatGPT, die am schnellsten wachsende Anwendung aller Zeiten. Bereits nach zwei Monaten knackte sie die Marke von 100 Millionen aktiven Nutzern. Instagram braucht für diesen Meilenstein zweieinhalb Jahre. Der Andrang ist immer noch so groß, dass die Server regelmäßig in die Knie gehen.
Revolution des Lernens
In ihrer Rolle als CTO von OpenAI zeichnet sich Murati durch ihre klare Vision und ihren Glauben an die Fähigkeit der KI aus, die Welt zum Besseren zu wenden. Für sie selbst ist Künstliche Intelligenz nicht weniger als eine Bildungs-Revolution: „Sie hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir lernen, wirklich zu revolutionieren. Die Menschen sitzen in Klassenzimmern mit, sagen wir, 30 Personen. Alle haben einen anderen Hintergrund, eine andere Art zu lernen, und alle bekommen im Grunde den gleichen Lehrplan“, sagt sie im Gespräch mit dem Time Magazine.
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„Mit Tools wie ChatGPT kann man sich endlos mit einem Modell unterhalten, um ein Konzept auf eine Weise zu verstehen, die auf den eigenen Kenntnisstand abgestimmt ist. Es hat ein immenses Potenzial, uns bei der personalisierten Bildung zu helfen."
Ein Potenzial, das auch andere erkannt haben. Microsoft investiert im Januar 2023 trotz Entlassungswelle 10 Milliarden US-Dollar in OpenAI – und fachte damit ein Wettrüsten im Silicon Valley an. Google stellt kurz darauf sein Sprachmodell Bard vor, welches ChatGPT Paroli bieten soll, Facebook kontert mit seinem KI-Modell LLaMA.
OpenAI scheint sich von der Übermacht der Tech-Giganten nicht aus dem Takt bringen zu lassen. Mitte März veröffentlichte das Unternehmen GPT-4, eine multimodale KI, die Bilder als Input verarbeiten und interpretieren kann.
Transparenz und Ethik für KI
Die Grenzen dessen, was KI leisten kann, werden mittlerweile im Wochentakt verschoben. Und zunehmend rücken ethische und gesellschaftliche Fragestellungen in den Mittelpunkt.
„Dies ist ein einzigartiger Moment, in dem wir Einfluss darauf haben, wie die Gesellschaft gestaltet wird. Und das gilt in beide Richtungen: Die Technologie formt uns und wir formen sie“, sagt Murati, die sich lautstark für einen ethischen und verantwortungsvollen Umgang mit KI-Technologien einsetzt. „Angesichts der Auswirkungen, die diese Technologien haben werden, ist es sehr wichtig, dass jeder anfängt, sich zu engagieren.“ Sie will die Technologie, die sie selbst erschaffen hat, zugleich regulieren.
Ihre Forderung nach Transparenz und Ethik in der KI-Entwicklung hat sie zu einer Stimme der Vernunft in einer Branche gemacht, die allzu oft von Hype und Spekulation geprägt ist. In der häufig erst einmal gemacht und im Nachhinein erklärt wird. Murati ist bestrebt, eine nachhaltige und integrative KI-Industrie zu schaffen, die auch Vielfalt abbildet. Die Technik von morgen dürfe nicht nur von einer Handvoll Software-Ingenieuren aus dem Silicon Valley entwickelt werden. „Es ist wichtig, dass wir verschiedene Stimmen einbeziehen, wie Philosophen, Sozialwissenschaftler, Künstler und Menschen aus den Geisteswissenschaften“, sagt sie im Time Magazin.
Schon jetzt ist klar: Nicht nur die Technologie fasziniert die Menschen, sondern auch die Menschen dahinter. Mira Muratis Werdegang wird von Medien auf der gesamten Welt aufgegriffen. Auf Twitter folgen der KI-Pionierin mittlerweile 94.500 Menschen, Tendenz stark wachsend. Sie wird zur Inspiration für die nächste Generation junger Entwicklerinnen und Ingenieurinnen auf der ganzen Welt.