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Aktualisiert am 27.01.2020 - 15:54 Uhrin MärkteLesedauer: 4 Minuten

"Miss Anti-Finanzkrise" beim Eurovision Song Contest

Svetlana Loboda, das ukrainische Anti-Krisen-Girl
Svetlana Loboda, das ukrainische Anti-Krisen-Girl;
Quelle: svetlana.loboda.com

„Baby, I can save your world! I’m your anti-crisis girl” – mit dieser musikalischen Botschaft will sich die Ukraine der internationalen Finanzkrise entgegenstemmen und gleichzeitig möglichst viele Punkte beim Eurovision Song Contest (ESC) im Mai in Moskau einsammeln. Svetlana Loboda, Sängerin des ukrainischen Beitrags, änderte eigens den Text ihres Liedes.  An „Be My Valentine“ wurde der zeitgemäße Untertitel „Anti-Crisis Girl” angehängt. Die 26-jährige Popsängerin und Modeschöpferin hatte die ukrainische Vorentscheidung zum ESC noch überwiegend an ihren Backgroundtänzern über Kopf hängend gewonnen. Ihren Auftritt in Moskau will sie ganz im Zeichen der grassierenden Finanzmarktkrise gestalten. „Ich werde das Image einer Anti-Krisen-Lady verkörpern, die bereitsteht, die Welt zu retten“ erklärte Loboda der Zeitung „Kyivpost“. Wer die bisherigen Auftritte der Popdiva kennt, kann darauf gefasst sein, dass ihre Botschaft keinesfalls durch das Tragen überflüssiger Textilien verwässert wird. Ein neues Video sei bereits in Planung, ebenso wie eine ausgedehnte Promotion-Tour durch Europa. >>> Zur Bildstrecke „Sex & Finanzkrise – der richtige Mix beim Eurovision Song Contest Hintergrund: Die Ukraine steht laut Europäischer Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Osteuropabank) dem Staatsbankrott von allen osteuropäischen Ländern am nächsten und musste bereits den Internationalen Währungsfonds (IWF) um einen Notkredit in Höhe von insgesamt 16,5 Milliarden Euro bitten. Die ukrainische Währung Griwna ist im freien Fall. Insbesondere die schwache Nachfrage und der Preisverfall bei Stahl haben die Ukraine hart getroffen; die Stahlindustrie ist im Land an der Dnjepr einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Noch härter als die Ukraine hat es die isländische Wirtschaft getroffen. Island war im Herbst 2008 als erstes Land der Welt wegen der globalen Finanzkrise einem Staatsbankrott nur knapp entronnen. Nur durch einen 4,8 Milliarden US-Dollar-Kredit (3,7 Milliarden Euro) des IWF, der nordischen Länder und Polens konnte der Zusammenbruch in letzter Sekunde abgewendet werden. Im Januar war die isländische Regierung nach tagelangen Protestaktionen der Bürger zurückgetreten. Musik gegen mieses Image Es wundert nicht, dass sich all dies auch im ESC-Beitrag der schwer gebeutelten Inselrepublik niederschlägt. Aufgrund des landesweiten Chaos war bereits die isländische Vorauswahl im Herbst verschoben worden. Nun muss sich die Sängerin der Atlantikinsel, Jóhanna Guðrún Jónsdóttir, einem speziellen Wissenstraining zur Finanzmarktkrise unterziehen, bevor sie als Botschafterin zum internationalen Sangeswettstreit nach Moskau reisen darf. „Island ist zurzeit nicht gerade die beliebteste Nation der Welt. Jóhanna wird zweifellos schwierige Fragen in den Pressekonferenzen beantworten müssen“, sagte die Chefin der isländischen Eurovisionsdelegation der Zeitung „Fréttabladid“. Maria Björk Sverrisdóttir erklärte, dass das Training Fakten zum ökonomischen Kollaps Islands auf objektive Art vermitteln werde und nicht darauf abziele, der Sängerin eine vorbestimmte Meinung, zum Beispiel diejenige der neuen Regierung, einzubläuen. Sie solle einfach als informierte Botschafterin Islands im Ausland auftreten können. Wer den „Crash-Kurs“ leiten wird, sei allerdings noch nicht entscheiden. Jónsdottir will mit einer sphärischen Ballade mit dem zum heimatlichen Finanzdesaster recht gut passenden Titel „Is it true?“ am 12. Mai im ersten Halbfinale des früher als Grand Prix d’Eurovision bekannten Musikwettbewerbs antreten. Ihre Sangeskollegin, das ukrainische Krisen-Supergirl, tritt zwei Tage später am 14. Mai im zweiten Halbfinale an. Beide hoffen darauf, genügend Televoting-Stimmen aus ganz Europa zu erhalten, um sich für das Eurovisions-Finale am 16. Mai im Moskauer „Sport Complex Olimpiyskiy“ zu qualifizieren. Insgesamt nehmen 42 Nationen teil. Deutschland bezahlt Von der deutschen Eurovisions-Delegation sind bislang keine ähnlich gearteten Vorbereitungen bekannt. Der deutsche Vertreter, der vom Norddeutschen Rundfunk in einer internen Auswahl bestimmte, völlig unbekannte Kalifornier Oscar Loya (Songitel: „Miss Kiss Kiss Bang“), braucht sich um seine Finalqualifikation in Moskau indes keine Sorgen zu machen. Anders als die finanzschwachen Isländer und Ukrainer hat Deutschland als einer der größten Beitragszahler der European Broadcasting Union (EBU) – ebenso wie Frankreich, Großbritannien und Spanien – stets einen gesetzten Startplatz im Finale sicher. Die Aufmerksamkeit Europas will der smarte Beau Loya nicht nur mit seinem flotten Swing-Titel, sondern auch mit Hilfe einer international bekannten Deutschen erreichen. Die Identität dieser „Miss Kiss“, die den attraktiven Sänger auf der Moskauer Bühne umtanzen soll, wurde noch nicht gelüftet. Die Kosten der mit mehr als 100 Millionen Zuschauern größten Entertainment-Fernsehshow der Welt (außerhalb des Sports) werden auf über 12 Millionen Euro geschätzt. Ein Teil der Kosten wird durch Sponsoren, den Erlösen aus dem Ticketverkauf sowie den Telefongebühren für die Abstimmung ausgeglichen. In 2008 wurden europaweit 8 Millionen Anrufe für das Televoting gezählt. Die Tickets kosten zwischen 1.000 und 30.000 Rubel, umgerechnet zwischen 20 und 660 Euro. Link zum ukrainischen ESC-Video "Be my Valentine (Anti-Crisis Girl)"
Link zum deutschen ESC-Video "Miss Kiss Kiss Bang"
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