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Mit allen Wassern gewaschen Wie Betrüger mit Finanzmathematik die Kunden täuschen

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Das Ergebnis war geradezu erschreckend. Der Titel ihrer im Mai 2014 erschienenen Studie “Pseudo-Mathematics and Financial Charlatanism: The Effects of Backtest Overfitting on Out-of-Sample Performance” nimmt schon ihr Ergebnis vorweg: In finanzmathematischen Modellen ist sogenannte “Überanpassung”(Overfitting) bei Tests von Vergangenheitsdaten (Backtesting) üblich.

Dies bedeutet, dass Modelle an ihren Datensatz angepasst werden, indem eigentlich irrelevante Variablen als Erklärungen eingebaut werden. So passen Vergangenheitsdaten, Modelle und erwünschte Ergebnisse zwar immer schön zusammen, nur lassen sich seriös keine Aussagen ableiten.

Als wissenschaftlich anstößig – und insofern betrügerisch – empfanden es die Mathematiker, dass im Finanzbereich zumeist nur selektiv Teilergebnisse von Backtests veröffentlicht werden, die jeweils zu den gewünschten Aussagen passen, aber nicht die kompletten Ergebnisse. Nur aus ihnen könnte man Rückschlüsse auf die Allgemeingültigkeit der veröffentlichten Resultate ziehen.

Backtests sind eine wichtige und legitime Methode im quantitativen Research, um Hypothesen zu überprüfen und um Zusammenhänge zwischen Finanzmarktgrößen zu erforschen. Um aussagekräftig zu sein, müssen sie jedoch nach höchsten wissenschaftlichen Standards durchgeführt werden.

Im Finanzbereich ist dies derzeit nicht üblich, was die Manipulation von Daten, beziehungsweise das Ableiten von schon vorher festgelegten Ergebnissen erleichtert. Ob dies auf bewusster Betrugsabsicht, auf Ignoranz beziehungsweise Dilletatismus oder auf Selbsttäuschung bei den Researchern beruht, möchte ich einmal dahingestellt lassen.

Was letztlich zählt, ist das Resultat: Backtests von zweifelhafter Aussagekraft sind heutzutage beim Verkauf von Finanzprodukten insbesondere im institutionellen Geschäft Standard.

Kunden, die in der Regel keine ausgebildeten Mathematiker sind, ist normalerweise der dubiose Charakter der ihnen vorliegenden Berechnungen nicht bewusst. Im Gegenteil, mathematische Analysen wirken gerade bei professionellen Anlegern – genau wie vor 21 Jahren bei den Finanzmanagern von Proctor & Gamble – nach wie vor als besonders vertrauenserweckend.

Bernard Madoff: der Großmeister aller Arten des Finanzbetrugs

Wäre Bernard Madoff nicht ein so guter Betrüger gewesen, hätte man ihn vielleicht nie erwischt. Erst als 2008 einige seiner eigentlich zufriedenen Kunden im Zuge der Finanzkrise Liquiditätsprobleme hatten, bekam er Schwierigkeiten.

Denn diese mussten ihre anderweitigen Verluste mit Geld aus Madoffs Fonds kompensieren, weil diese noch die höchsten Gewinne auswiesen. Aber er konnte die Anleger nicht auszahlen, weil es real weder Geld noch Gewinne gab.
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