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Robert Halver über Frankreich Mit Macrons Wiederwahl hat Europa nur Zeit gewonnen

Emmanuel Macron nach seinem Sieg in der Stichwahl
Emmanuel Macron nach seinem Sieg in der Stichwahl: Wenn extreme Parteien auch bei der nächsten Wahl in Frankreich nicht zum Zug kommen sollen, kann sich der alte und neue Staatspräsident keinen weiteren Reformstau leisten. | Foto: imago images / Starface

Viele Franzosen haben Emmanuel Macron nur als das kleinere Übel gegenüber Marine Le Pen gewählt. Weiteren Reformstau und damit Wohlfahrtsverluste kann sich der alte und neue Staatspräsident nicht mehr erlauben. Sonst könnten extreme Parteien bei der nächsten Präsidentenwahl in fünf Jahren doch noch zum Zug kommen. EU-relevant wie Frankreich ist, könnte Europa dann – zumal in geopolitisch und wirtschaftlich schwierigem Fahrwasser – irreparabler Schaden zugefügt werden.    

In Frankreich ist noch einmal alles gut gegangen, aber…

Unter Le Pen käme der deutsch-französische Motor, der Europa schon oft aus dem Krisen-Sumpf gezogen hat, zum Stehen. Sollte nach Großbritannien noch ein weiterer Stammspieler den EU-Verein verlassen oder zumindest angeschlagen auf der Ersatzbank sitzen, hätte Rest-Europa in der geopolitischen Champions League gegenüber Autokratien kaum noch Chancen. Frieden, Freiheit und Menschenrechte gerieten in die Defensive. Leider muss man feststellen, dass diese Segnungen, für die kein europäisches Land so sehr wie Frankreich gekämpft hat, heutzutage als selbstverständlich betrachtet werden. Nein, das sind sie nicht!  

Überhaupt, wie will ein europäischer Flickenteppich zukünftig gegen die harten Wirtschaftshegemone China und USA bestehen, die uns zum Fressen gernhaben. Die finale Euro-Sklerose ist zum Glück aufgehalten worden und so ist man in Brüssel, Paris und Berlin längst wieder zur Tagesordnung übergegangen.

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Doch es gibt auch das schleichende Euro-Gift. Vier von zehn Franzosen haben Le Pen gewählt. Man kann hier nicht wirklich von einer Minderheit, von einem kleinen gallischen Dorf sprechen. Was ist denn, wenn sich bis zur nächsten Präsidentenwahl 2027 die Lebensumstände der Franzosen noch weiter verschlechtert haben? Dann würde ihre Neigung noch größer, es doch einmal mit der rechten Gruppe zu versuchen. Bereits heute glauben viele Franzosen, dass nur der klassische Nationalstaat die (wirtschaftlichen) Probleme lösen könne, die Europa erst verursacht habe. Tatsächlich gehört Frankreich mittlerweile zu den Ländern mit den geringsten EU-Zustimmungsquoten. Nur noch circa ein Drittel vertraut Europa.

Der Weg des geringsten politischen Widerstands ist am Ende immer der schwerste

Die Gefahr einer Rechtsverschiebung in Frankreich mit der Folge europäischen Siechtums darf jetzt keinesfalls als Alibi missbraucht werden, auch noch die letzten europäischen Stabilitätskriterien und marktwirtschaftlichen Reformaktivitäten unter die Guillotine zu legen. Nicht ihre Anwendung, sondern ihre Nichtanwendung hat dazu geführt, dass die Perspektiven der Franzosen nicht mehr La Vie En Rose versprechen. Immer weniger Wettbewerbsfähigkeit und damit Wachstumsschwäche führen dazu, dass das Wohlstands- und Sozialversprechen immer weniger einhalten werden kann.  

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