Gegen den Herdentrieb Mit diesen ETFs gehst du auf Schnäppchenjagd
Anleger stehen immer wieder vor der Frage: Wie soll ich investieren? Wachstum oder Substanz? Soll es jetzt noch die enorm teure Aktie von Nvidia sein oder doch diese unschlagbar günstige Energieaktie?
Wohin geht die künftige Börsenfahrt - nach Europa, in die USA oder vielleicht doch in die Schwellenländer? Welche Märkte werden in Zukunft die Nase vorn haben und wo sind die Züge längst abgefahren?
Als Anleger kann einem bei all diesen Fragen schon mal der Kopf schwirren.
Über Börsenlieblinge hinausdenken
Gerade wer sein Portfolio strukturiert und langfristig plant, sollte sich nicht nur auf die Aktienmärkte versteifen, die in den vergangenen Jahren die Überflieger waren. Denn wer von uns kann mit Sicherheit sagen, was in den kommenden Monaten und Jahren im Rampenlicht stehen wird? Es ist ein Ratespiel, bei dem selbst Experten nur begrenzte Einblicke haben.
Zugegeben: Börsenlieblinge wie Apple, Microsoft oder Nvidia reißen viele mit. Ohne sie - so lautet seit einigen Jahren das Motto vieler Aktionäre - kommt kein Depot mehr aus. Vor allem Technologiekonzerne dominieren die Indizes mit ihrer übermächtigen Strahlkraft. Seit Herbst haben sie wieder kräftig zugelegt. Grundsätzlich wird niemand bezweifeln, dass aus dem Sektor der Technologieunternehmen die großen Innovationen und Wachstumsschübe der kommenden Jahre kommen werden. Deshalb sollten IT-Aktien in der Regel auch Bestandteil eines Depots sein.
Die Gefahren des prozyklischen Investierens
Prozyklisch den aktuellen Börsentrends hinterherlaufen und nur auf die Überflieger setzen - das kann allerdings ein gefährlicher Tanz auf dem Börsenparkett sein. Die jüngste Vergangenheit hat dies eindrucksvoll gezeigt. So mancher Highflyer aus dem Technologiesektor kämpft noch immer darum, die Verluste des Jahres 2022 wieder wettzumachen. Ein Blick auf die Charts der Technologiefonds, sei es der Ark Innovation ETF von Cathie Wood oder auch der Bit Global Internet Leaders 30 von Jan Becker, offenbart: Trotz der Erholung in diesem Jahr weisen die Fonds seit ihrem Höchststand im Herbst 2021 immer noch einen Verlust von mehr als 50 Prozent aus. Um die alten Höchststände wieder zu erreichen, wäre im Grunde eine Verdoppelung nötig.
Der antizyklische Ansatz: Kluge Investitionen jenseits des Herdentriebs
Wer nach dem rasanten Absturz einen dieser Fonds gekauft hat, steht heute mit einem satten Plus von rund 50 Prozent da. Und schon sind wir mitten im Spiel des antizyklischen Investierens. Es ist das genaue Gegenteil des prozyklischen Ansatzes.
Anhänger der antizyklischen Philosophie vermeiden es, blindlings auf bereits abgefahrene Züge aufzuspringen. Stattdessen setzen sie auf das Erkennen günstiger Einstiegsgelegenheiten, um langfristig von der Erholung unterbewerteter Aktien zu profitieren. Die antizyklische Strategie basiert auf der Überzeugung, dass Kursbewegungen zyklisch verlaufen - eine Art Pendelbewegung um einen Durchschnittswert. Dieses Muster führt dazu, dass sich die Kurse letztlich wieder ihrem Mittelwert annähern, um eine faire Bewertung zu erreichen.
Einer, der sich seit langem mit unterbewerteten Märkten beschäftigt, ist Norbert Keimling, Kapitalmarktanalyst bei Taunus Trust. Sein Spezialgebiet ist die quantitative Analyse. Akribisch durchforstet er Daten, die bis in die 1980er Jahre zurückreichen, um die Attraktivität von Ländern und Branchen zu ergründen.
Antizyklische Schlussfolgerungen: Wie Keimlings Analysen gegen den Trend gehen
Bei der Suche danach stützt sich Keimling auf zwei wichtige Kennzahlen: das Kurs-Buchwert-Verhältnis und das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das er nach der Methode des Wirtschaftsnobelpreisträgers Robert J. Shiller berechnet. Diese Methode berücksichtigt die inflationsbereinigten Gewinne der vergangenen zehn Jahre. Für rund 20 ausgewählte Aktienmärkte wird deren langfristiges Renditepotenzial ermittelt.
Die Aktienmärkte im Überblick: Wo es billig und wo es teuer ist
Dabei stößt er regelmäßig auf einen auffälligen Zusammenhang: Je niedriger die Bewertungen der Aktienmärkte waren, desto besser schnitten sie im darauffolgenden Jahrzehnt ab. Umgekehrt dümpelten teure Märkte in den Folgejahren oft mit unterdurchschnittlichen Renditen vor sich hin. Keimlings Schlussfolgerungen weisen hier oft in eine antizyklische Richtung, die den aktuellen Börsentrends widerspricht.
Kritischer Blick auf die USA, Schwellenländer und Europa im Fokus
Insbesondere US-Aktien, die seit der Finanzkrise 2008 fast alle anderen großen Aktienmärkte hinter sich gelassen haben, hält er für sehr teuer. Das Fazit seiner jüngsten Aktienmarktanalyse fasst der Experte in einem Kommentar auf LinkedIn wie folgt zusammen: „Asien, die Schwellenländer und teilweise Europa weisen attraktive Bewertungen auf, während andere Märkte wie die USA überbewertet sind“. Seiner Meinung nach könnte dies in den kommenden Jahren zu Enttäuschungen für Anleger führen, die sich eng an Benchmarks orientieren.
Wie erfolgreich antizyklisches Investieren sein kann - vorausgesetzt, der Einstiegszeitpunkt ist annähernd richtig gewählt -, haben uns in der jüngeren Vergangenheit Rebound-Märkte wie die Türkei im vergangenen Jahr oder Griechenland in diesem Jahr gezeigt. Türkische Aktien verdoppelten 2022 ihren Wert. In Griechenland stiegen die Kurse nach einer jahrelangen Abwärtsbewegung im laufenden Jahr um 40 Prozent, über drei Jahre sogar um 100 Prozent.
Aber wie bei jeder Strategie gibt es auch hier einen gewaltigen Haken. Insbesondere psychologische Komponenten und die Reaktionen anderer Investoren sind kaum vorhersehbar. Ebenso können unvorhergesehene globale Krisen ins Spiel kommen. Wer gegen den Strom schwimmt, sollte sich bewusst sein, dass es Momente geben kann, in denen auch diese Strategie ins Leere läuft. Die erhoffte Trendwende kann ausbleiben. Denn aus wissenschaftlicher Sicht ist es schlicht unmöglich, Marktentwicklungen im Voraus zu prognostizieren. Deshalb sollte auch antizyklisches Investieren nicht als alleiniger Erfolgsgarant angesehen werden.
Im Folgenden präsentieren wir euch einige antizyklische Investitionsmöglichkeiten, die sich insbesondere als ergänzende Bestandteile im Portfolio eignen. Vielfach handelt es sich dabei um Schwellenländer, die in den vergangenen Jahren besonders schwach abgeschnitten haben. Allerdings sollte man keinesfalls blindlings auf Länder wie Korea oder Brasilien setzen – das wäre mit Sicherheit keine vernünftige Herangehensweise. Denn es gibt eine grundlegende Regel, die Anleger stets beherzigen sollten: Niemals alles auf eine Karte setzen, sondern das Prinzip der breiten Diversifikation als oberstes Gebot der Geldanlage verinnerlichen.
Stand der Fonds-Daten: 14. August 2023 / Daten von Taunus Trust: 31. Oktober 2022