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Aktualisiert am 08.09.2022 - 16:25 Uhrin Stolls FondseckeLesedauer: 8 Minuten

Stolls Fondsecke Mit Infrastrukturfonds von Sanierung profitieren

Autobahnbrücke in der südwestchinesischen Provinz Guizhou
Autobahnbrücke in der südwestchinesischen Provinz Guizhou: Vernachlässigte Investitionen, Digitalisierung sowie der grüne Umbau der Wirtschaft erfordern Billioneninvestitionen in die Infrastruktur | Foto: imago images / Xinhua

Joe Biden konnte nicht ahnen, wie aktuell das Thema wirklich ist: Der US-Präsident war im vergangenen Winter gerade auf dem Weg zu einer Rede im US-Bundesstaat Pennsylvania, um über die Modernisierung der maroden Infrastruktur in den USA zu sprechen. Da passierte es: Nur etwas mehr als drei Kilometer entfernt brach eine Brücke in Pittsburgh unter den Schneemassen zusammen.

Immenser Sanierungsbedarf bei der US-Infrastruktur

Allein 45.000 marode Brücken in den USA verdeutlichen den dringenden Sanierungsbedarf im Land. Biden will sich der Sache annehmen: Die Infrastruktur-Offensive gehört zu seinen innenpolitischen Kernvorhaben. Rund 550 Milliarden US-Dollar will er in den nächsten Jahren dafür locker machen: „Um Amerika zu modernisieren und fit für die Zukunft zu machen“, wie er sagt.

Auf der Sanierungsliste stehen neben Brücken ganze Straßenzüge, Häfen- sowie Flughäfen, der Nahverkehr und das Schienennetz. Das Infrastrukturprogramm, das zusammen mit älteren Plänen rund eine Billion Dollar schwer ist, rückt Infrastrukturanbieter wie Bauunternehmen und deren Zulieferer stärker in den Anlegerfokus.

Das Problem maroder Straßen und Brücken ist aber nicht auf die USA beschränkt. Auch in Europa herrscht vielerorts Infrastrukturnotstand. So ist die Rahmedetal-Autobahnbrücke nahe der A 45 seit Dezember 2021 komplett gesperrt. Der Grund: Akute Einsturzgefahr. Der Verkehr quält sich seitdem im Dauerstau durch Lüdenscheid. Das Thema Infrastrukturinvestitionen umfasst aber weit mehr als nur marode Verkehrsadern. Die Palette potenzieller Anlagemöglichkeiten reicht darüber hinaus von traditionellen Bereichen wie Telekommunikation, Entsorgung, Wasserwirtschaft oder dem Gesundheitswesen bis hin zu alternativen Sparten wie Wasserstoff, erneuerbaren Energien oder digitalen Infrastrukturen.

Zusätzlichen Schub könnte das Thema durch den Krieg in der Ukraine bekommen. Dieser deckt schonungslos die Schwächen der westlichen Infrastruktur und den dringenden Handlungsbedarf auf, um sich unabhängiger von russischem Öl- und Gas zu machen. Das könnte die Energiewende weiter beschleunigen.

Laut einem Bericht der NZZ sieht die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (Irena) einen weltweiten Investitionsbedarf von jährlich 5,7 Billionen US-Dollar für die Energiewende bis zum Jahr 2030. So viel Geld wäre nötig, um das bei der Pariser Klimakonferenz 2015 vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

Jährlicher Investitionsbedarf in europäische Infrastruktur

Quelle, Allianz Global Investors

Entsprechend fließt ein großer Teil des vor Jahresfrist durch gemeinsame Schulden finanzierten, 750 Milliarden Euro schweren EU-Hilfspakets in moderne Infrastruktur.

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Große Pläne in Asien

Ein Blick in Richtung Fernost zeigt: Auch in Asien ist nicht kleckern, sondern klotzen angesagt. Nach Plänen der chinesischen Regierung fließen allein in die Projekte der neuen Seidenstraße bis zu 1.200 Milliarden US-Dollar. Indien steht dem nicht nach. Premier Modi plant für die kommenden Jahre den Bau von sage und schreibe einhundert Smart Cities – durchgestylten Millionenstädten mit Kanalisation, staufreien Straßen sowie einwandfreier Strom- und Wasserversorgung. Für uns selbstverständlich, sind diese Dinge bislang Mangelware auf dem Subkontinent. Hinzu kommt ein umfangreiches Programm zur Modernisierung von Schienennetzen und Bahnhöfen. Indian Railways plant Investitionen in Höhe von über 12 Milliarden US-Dollar.

Günstige Einstiegsgelegenheit

Die weltweit umspannende Infrastrukturpaketwelle könnte sich für Anleger als fruchtbarer Nährboden für künftige Gewinne erweisen. Zudem erscheint der Zeitpunkt für Investitionen auch aus einem anderen Grund günstig: Der Sektor zählte wegen seiner meist defensiven Geschäftsmodelle in den vergangenen Jahren nicht zu den Lieblingen der Börsianer. Gefragt waren bis weit in die Mitte des vergangenen Jahres Wachstums- und Technologiewerte. Erst mit den steigenden Inflationsraten rücken Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen wieder verstärkt in den Anlegerfokus.

Im Gegensatz zu ihren zyklischen Pendants bieten Infrastrukturinvestments ein hohes Maß an prognostizierbaren und vergleichsweise stabilen Cashflows. Werner Richli, Fondmanager des Credit Suisse (Lux) Infrastructure Equity Fund betont: „Infrastrukturanlagen operieren in der Regel in geschützten Märkten, die Güter sind preisunelastisch und ein Regulator überwacht die Preisfestsetzung.“

Die Preissetzungsmacht, beispielsweise bei Mautstraßen-Betreibern, bietet zudem einen guten Inflationsschutz. Konzessionen und langfristige Verträge koppeln die Erträge häufig fortlaufend an die Inflationsrate. Außerdem sind entsprechende Unternehmen günstig, betont Peter Meany. Der Manager des First Sentier Global Listed Infrastructure schreibt in seinem aktuellen Kommentar: „Betreiber von Mautstraßen aus Europa, Asien und Lateinamerika bieten angesichts der aktuellen Bewertungen außergewöhnliche Kaufgelegenheiten.“

In den vergangenen fünf Jahren entwickelten sich Infrastrukturfonds mit rund 6 Prozent pro Jahr deutlich schlechter als der breite Markt. Der MSCI World erwirtschaftete im selben Zeitraum mit über 12 Prozent die doppelte Rendite und zeigt, dass der Sektor insgesamt Nachholbedarf hat. Darüber hinaus sind Infrastrukturaktien in der Regel anders als viele Wachstumswerte nicht hoch bewertet oder überteuert. Wer daraus Kapital schlagen möchte, kann sich via Fonds oder ETFs beteiligen.

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