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Aktualisiert am 09.09.2022 - 11:22 Uhrin Anleihemärkte: Analysen & PrognosenLesedauer: 8 Minuten

Stolls Fondsecke Mit Schwellenländeranleihen dem Zinstief entfliehen

Sonnenuntergang über Kuwait City
Sonnenuntergang über Kuwait City: Der Sprung in die erste Liga der Schwellenländer rückt das Land ins Blickfeld institutioneller Investoren. Anleger:innen können über Anleihen mitverdienen | Foto: Imago Images / Xinhua

Rentenfonds? Das klingt ungefähr so spektakulär wie Suppe ohne Salz: Viele Anleger:innen verbinden damit saft- und kraftlose Investments, die keine Erträge mehr erwirtschaften und im schlimmsten Fall sogar Verluste produzieren.

Die Lage ist selbst für erfahrene Investor:innen vertrackt: Nachdem die Aktienindizes im Rekordtempo nach oben gerauscht sind, schwächelten sie zuletzt. Gleichzeitig bringen sichere Anleihen nach wie vor quasi keine Zinsen. Der Blick auf die Rendite deutscher Bundesanleihen beispielsweise ist frustrierend: Im Dezember 2021 lag sie bei Papieren mit einer Laufzeit von 10 Jahren bei durchschnittlich -0,31 Prozent. Da zudem die Inflation rasant anzieht, erleiden Zinssparer unter dem Strich massive reale Verluste. Gefahr von Rückschlägen an den Aktienmärkten und Zinsdürre bei Anleihen: Das ist eine echte Zwickmühle – aber auch kein Grund zu verzweifeln.

Blick auf Schwellenländeranleihen kann sich lohnen

Anleger:innen auf der Suche nach interessanten Anleihezinsen könnten den Blick in die Ferne schweifen lassen. Und zwar in Länder, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht mit Top-Ratings glänzen und deshalb höhere Zinsen für Kapital zahlen müssen als Staaten mit bester Bonität. In der globalen Niedrigzinsphase gelten Schwellenländeranleihen als Rettungsanker fürs Anleihedepot – wenngleich die Risiken natürlich höher sind als bei Papieren entwickelter Volkswirtschaften.

Mit steigenden US-Anleihezinsen, wie wir sie aufgrund der anstehenden Zinswende in den Vereinigten Staaten bald sehen könnten, sinkt zwar die Attraktivität von Schwellenländeranleihen. Trotzdem ist eine Flucht aus den riskanteren Papieren nach Ansicht von Experten nicht zu erwarten. So weisen die Fixed-Income Strategen von Franklin Templeton auf die verbesserte Zahlungsbilanz von Schwellenländern und eine geringere Abhängigkeit von externen Finanzierungsquellen sowie eine relative Verringerung der Verschuldung von Schwellenländerunternehmen hin.

Schwellenländeranleihen bieten Diversifizierungsvorteile

Marcin Adamczyk, Head of Emerging Market Debt bei NN Investment Partners, betont in seinem aktuellen Ausblick die Vorteile der Assetklasse: „Anleger, die überlegen, wo sie 2022 investieren wollen, sollten bedenken, dass Schwellenländeranleihen in einem ausgewogenen Portfolio immer noch wertvolle Diversifizierungsvorteile bieten können. Insbesondere Lokalwährungsanleihen weisen eine geringe Korrelation mit anderen festverzinslichen Anlageklassen auf. Außerdem haben die Zentralbanken in den Industrieländern in großem Umfang Unternehmensanleihen gekauft, während dies in den Schwellenländern nicht der Fall war, sodass sich das technische Bild in den beiden Regionen unterscheidet.“

Dies sei laut Adamczyk zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Kurse von Industrieländeranleihen historische Höchststände erreicht haben. Anleihen aus Schwellenländern hingegen seien günstiger – insbesondere Hochzinsanleihen – und nicht von einer möglichen Krise bedroht, sollten die Zentralbanken ihre Käufe plötzlich einstellen. „Dies könnte zu einer noch geringeren Korrelation führen, als es in der Vergangenheit der Fall war“, vermutet Adamczyk.

Schwellenländeranleihen in Hart- und Lokalwährungen

Schwellenländeranleihen bleiben somit grundsätzlich attraktiv. Für Privatanleger:innen dürfte meist ein Fonds die beste Wahl sein. Denn das Segment ist unübersichtlich und die Auswahl geeigneter Papiere erfordert hohe Fachkenntnis. Darüber hinaus sind einzelne Schwellenländeranleihen oft nur mit hohen Mindestsummen zu kaufen.

Wer auf Schwellenländeranleihefonds setzen will, hat verschiedene Optionen. So gibt es etwa Produkte, die sich auf Hartwährungsanleihen fokussieren. Diese Papiere sind nicht in der Landeswährung, sondern beispielsweise in US-Dollar oder Euro notiert. Das hat den Vorteil, dass dort weniger oder keine Währungsrisiken anfallen, allerdings sind auch die Renditechancen geringer.

Währungschance und -risiko bei Lokalwährungsanleihen

Dann gibt es Fonds, die in Schwellenländeranleihen in lokalen Währungen investieren. Früher war es in den aufstrebenden Volkswirtschaften üblich, sich in US-Dollar zu verschulden. In Krisenzeiten wurde das aber zu einem Problem: Gerieten ein Land und seine Währung in schwieriges Fahrwasser, waren die auf US-Dollar lautenden Schulden schwerer zurückzuzahlen. Das fachte Krisen wiederum weiter an.

Inzwischen ist es daher üblich, dass Schwellenländer sich in ihrer eigenen Währung verschulden. Das mindert für die Staaten das Fremdwährungsrisiko. Für Euro-Anleger:innen entstehen dadurch zusätzliche Chancen auf Währungsgewinne – es steigt aber auch das Risiko entsprechender Verluste. Ein anschauliches Beispiel ist die türkische Währung: Die Lira hat 2021 gegenüber dem US-Dollar 44 Prozent abgewertet. Ein gutes Fondsmanagement weiß solchen Risiken aus dem Weg zu gehen. Langfristig jedenfalls schneidet die Anlageklasse gut ab. Das zeigen etliche Fonds mit einer mehr als 20-jährigen Historie, darunter der Apollo New World (ISIN: AT0000746979) oder der Pictet-Global Emerging Debt-P (USD) (ISIN: LU0128467544). Es gibt aber auch interessante jüngere Produkte, die sich durch eine höhere Flexibilität für das Fondsmanagement auszeichnen.

Carmignac Portfolio EM Debt: Sehr flexibel unterwegs

Joseph Mouawad kam 2015 als Analyst für das Spezialgebiet Schwellenländeranleihen und Währungen zu Carmignac und wurde 2017 zum Fondsmanager ernannt. Er begann seine berufliche Laufbahn 2005 bei Barclays Capital, wo er als Fixed Income Analyst tätig war. Den heute 133 Millionen Euro großen Carmignac Portfolio EM Debt (ISIN: LU1623763221) managt Mouawad seit Auflage am 31. Juli 2017.

Die Fondsstrategie ist sehr flexibel ausgelegt. Der Manager investiert in Staats- und Unternehmensanleihen sowie Währungen und nutzt zudem Chancen, die sich bei Lokalwährungsanleihen ergeben.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Unterstützung bekommt Mouawad von James Blannings, der vor allem die Grenzmärkte im Blick hat: „Investments in Frontier-Markets sind ein starker Weg, um Investments mit ESG-Impact zu tätigen, da sie häufig von einer sehr niedrigen Basis ausgehen. Unsere Investments in der Ukraine veranschaulichen dies gut: Nach der Invasion der Krim und einer tiefen Wirtschaftskrise startete der IWF ein Programm, das dazu beiträgt, die Institutionen der Ukraine zu reformieren, um ihre Qualität zu verbessern und Korruption zu bekämpfen“, so Blanning.

ESG-Kriterien bei Schwellenländeranleihen im Blick

Der sehr aktive Ansatz mit hohem Freiheitsgrad bescherte dem Fonds seit Auflage eine deutliche Outperformance gegenüber seinem Referenzindex. In den vergangenen drei Jahren erwirtschafteten die Manager für ihre Anleger:innen aktienähnliche Renditen (9,48 Prozent p.a.). Bemerkenswert: Neben einer hohen Rendite soll der Fonds einen positiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft leisten und bindet ESG-Kriterien in die Anlageentscheidungen ein. Durch jährlich rund 200 Gespräche mit Institutionen und Unternehmen können die Rahmenbedingungen und entsprechende Faktoren abgeklopft, qualitativ verstanden und beurteilt werden. Die Benchmark-unabhängige Philosophie führt zu einem konzentrierten Portfolio aus rund 40 Emittenten, die meisten davon aus Osteuropa (33 Prozent) und Lateinamerika (27 Prozent).

AS-Sicav I – Frontier Markets Bond Fund A: Erfahrenes Team, breit diversifiziert

Eine Alternative für Renditejäger:innen sind die Frontier-Markets. Zwar sind diese weniger weit entwickelt als die Schwellenländer. Allerdings zeichnen sie sich durch höheres Wachstum und Renditeaufschläge im Anleihebereich aus.

Einer der wenigen Anleihefonds für Schuldtitel aus Frontier-Markets ist der AS-Sicav I Frontier Markets Bond Fund (ISIN: LU0963865083) der schottischen Fondsgesellschaft abrdn, vormals Aberdeen.

Anleihen aus Sambia, Ägypten, Ukraine und Co. im Paket

Kevin Daly investiert das 527 Millionen Dollar große Fondsvermögen sehr breit gestreut in überwiegend staatliche Schuldtitel (76 Prozent). Unternehmensanleihen werden zu 14 Prozent beigemischt.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Aktuell umfasst das Portfolio 92 Beteiligungen aus Ländern wie Angola, Sambia, der Ukraine, Nigeria, Ägypten oder Kasachstan. Daly verweist in einem Kommentar zum Fonds auf die hohe laufende Rendite seiner Schuldtitel von 9,5 Prozent. Zusätzliche Renditechancen ergeben sich beispielsweise, wenn ein Grenzland zum Schwellenland aufsteigt. Zuletzt gelang das Kuwait. Die Heraufstufung in den MSCI Emerging Markets Index rückt das Land in den Blickpunkt zahlungskräftiger Investor:innen weltweit.

Um die Voraussetzungen für den Sprung nach oben zu schaffen, begeben Länder wie Vietnam, Nigeria oder Kenia hochverzinste Anleihen. Daly stützt sich bei seinen Kaufentscheidungen auf die Erkenntnisse eines 44-köpfiges Analystenteams. Er nennt seinen fundamental orientierten Investmentansatz, der durch technische Marktanalysen ergänzt wird, den Schlüssel zum Verständnis und zur Bewertung der relevanten Risikofaktoren.

Die Wertentwicklung des Fonds liegt deutlich über dem Sektordurchschnitt. Seit Auflage im September 2013 konnten Anleger:innen ihr Investment fast verdoppeln, insofern sie die monatlich ausgeschütteten Erträge reinvestiert hätten. Das Risiko war dabei unterdurchschnittlich. Die Sharpe-Ratio des Fonds, welche die Rendite zum eingegangenen Risiko ins Verhältnis setzt, ist besser als bei allen globalen Schwellenländer-Rentenfonds des Sektors.

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