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"Monetärer Rückenwind am europäischen Aktienmarkt"

Manfred Schlumberger von BHF Trust
Manfred Schlumberger von BHF Trust
Wie geht es an den Kapitalmärkten im nächsten Jahr weiter? Schauen wir auf die fundamentalen und monetären Rahmenbedingungen, und beginnen wir in den USA: Trotz der temporären Belastungen durch den Budgetstreit wächst die US-Konjunktur annualisiert mit fast 3 Prozent. Die Arbeitslosenrate sinkt primär wegen der fallenden „Partizipationsrate“ am Arbeitsmarkt (weniger US-Bürger, die einen Job suchen) und nur sekundär wegen der Geldpolitik der Notenbank Fed.

Dennoch hat diese den Einstieg in das „Tapering“, also die Reduzierung der Anleihenkäufe, verschoben. Was war der wesentliche Grund? Der massive Anstieg der langen Hypothekenzinsen von weit über 1 Prozentpunkt zwischen Mai und August 2013!

Darauf reagierten die Häuserpreise in den USA sofort negativ. Da der private Immobilienmarkt von zentraler Bedeutung für die Verbraucherstimmung und damit die US-Konjunktur ist, stoppte Fed-Chef Ben Bernanke den „Einstieg aus dem Ausstieg“ im September.

Seine als „Super-Taube“ geltende Nachfolgerin Janet Yellen unterstrich jüngst nochmals ihre Besorgnis hinsichtlich eines verfrühten Taperings. Dennoch spricht die zu erwartende Konjunkturdynamik der USA für ein Tapering in 2014, das vermutlich im Frühjahr beginnen wird.

Die Gewinndynamik der Unternehmen hat sich in den USA auf etwas über 4 Prozent abgeschwächt, und die gängigen Bewertungskennziffern wie das KGV sind im Schnitt relativ hoch.

Umschichtungen nach Europa

In den USA ist die Erwartung eines kurz bevorstehenden Zusammenbruchs des Euro in den letzten 12 Monaten von „sehr wahrscheinlich“ auf „unwahrscheinlich“ zurückgegangen.

Da die Unternehmen in Europa günstiger bewertet sind, wird seit dem Frühjahr massiv Kapital aus den USA nach Europa umgeschichtet, das in den letzten Jahren entweder im Inland geblieben oder in die „Glamour-Aktienmärkte“ der Schwellenländer verlagert wurde.

Zwar haben auch in Europa jüngst 50 Prozent der Unternehmen ihre Gewinnprognosen verfehlt, allerdings sind hier die Möglichkeiten einer Bewertungsexpansion höher. Da Europa im nächsten Jahr vermutlich den Weg aus der Rezession finden wird, kommt „Turnaround-Phantasie“ hinzu.

Als Reaktion auf die weiterhin stark restriktive Kreditvergabe in den Euro-Peripherie-Ländern nutzte die Europäische Zentralbank (EZB) unter Führung von Mario Draghi zum Schrecken aller Sparer die Gelegenheit zu einer erneuten Zinssenkung, als die Inflationsrate in Europa die Marke von 1 Prozent unterschritt. Gleichzeitig kündigte er an, die Zinsen noch lange unten zu halten und weckte die Phantasie auf neue „LTRO“-Tender oder gar Anleihenkäufe nach dem Fed-Modell.

Die schwache Kreditvergabe im Euro-Raum hat jedoch einen realen Grund. So meldete die Bank of Spain einen Anteil von fast 13 Prozent an notleidenden Krediten in den spanischen Bankbilanzen (188 Milliarden Euro).

Im Gegensatz zu den USA steht die Sanierung weiter Teile des europäischen Bankensektors noch aus. Hier und in der Erwartung weiterer Schuldenschnitte zugunsten von Peripherie-Ländern liegen die größten Risiken für die europäischen Kapitalmärkte.

Zinsgefahren in den Emerging Markets

Die Taperingankündigung der Fed ließ im Mai/Juni Aktien, Renten und Währungen in den meisten Schwellenländern (in China nur die Aktien) mächtig einbrechen. Entsprechend kam es zu kräftigen Gegenbewegungen im September nach dem Rücknahmebeschluss der Fed.

Viele Schwellenländer sind jedoch auch weiterhin zur Vermeidung von Kapitalabflüssen gezwungen, ihre Zinsen zu erhöhen und damit die Konjunktur zu schwächen.

Trotz attraktiver gewordener Unternehmensbewertungen ist dies jedoch eher kontraproduktiv für die jeweiligen Aktienmärkte. Ein zu erwartender US-Tapering-Beginn in 2014 macht insofern die Schwellenländer auch im nächsten Jahr eher wenig attraktiv.

China ist hier die Ausnahme. China benötigt keine Kapitalzuflüsse und ist in der Lage, mittels fiskalpolitischer Impulse das Wachstum über 7,5 Prozent zu halten. China will noch „mehr Markt“ wagen, und der Umbau der Wirtschaft in Richtung Konsum scheint langsam, aber sicher voranzugehen.

Negativ für den Aktienmarkt bleibt jedoch die fehlende geldpolitische Unterstützung durch die Notenbank wegen der Kreditblase im Unternehmenssektor und den Übertreibungen bei den Immobilienpreisen.

Die Rally geht weiter

Summa summarum haben die Aktienmärkte in Europa und in Japan in den nächsten Wochen und Monaten den stärksten monetären Rückenwind. Leitzinserhöhungen der Notenbanken in den alten Industrieländern sind bis mindestens 2016 nicht zu erwarten. Insofern ist ein Ende der Aktienmarkthausse nicht abzusehen und ein Dax von 10.000 Punkten lässt grüßen.

Wo liegen die größten Risiken? In der schwachen Gewinndynamik vieler Unternehmen, einem erneuten Aufflackern der Krise in Europa, dem zu erwartenden Tapering in den USA und damit eventuell verbundener erneuter Verwerfungen in strukturell schwachen Schwellenländern.


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