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Monte-Carlo-Simulation So lässt sich die nötige Sparsumme für den Ruhestand berechnen

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Die Mindestanzahl der notwendigen Iterationen, die benötigt wird, um zu einem belastbaren Ergebnis zu gelangen, hängt davon ab, was man simulieren möchte. Für die – im Vergleich zur Lösung bestimmter Probleme in der Biologie oder Physik – einfachen Zwecke der Simulation eines Investmentportfolios werden 1.000 Iterationen pro Simulation in der Regel als ausreichend betrachtet.

Technisch formuliert hilft MCS dabei, das so genannte Renditereihenfolgerisiko ("Sequence of Return Risk") besser zu verstehen und zu managen. Renditereihenfolgerisiko bedeutet, dass die spezifische Reihenfolge von schwankenden Monats- oder Jahresrenditen während des Betrachtungszeitraums eine hohe Auswirkung auf die Gesamtrendite und damit auch auf den Endwert des Portfolios hat, wenn dem Portfolio im Zeitablauf Mittel zugeführt oder entnommen werden.

Mehrere Durchführungswege

MCS kann methodisch auf verschiedene Arten durchgeführt werden. Bei der am meisten verbreiteten Methode werden eine durchschnittliche Jahresrendite und eine Volatilität dieser Renditen angenommen. Auf der Basis einer unterstellten statistischen Normalverteilung der zukünftigen Renditen werden vom Computer tausende von Iterationen (Einzelprognosen) berechnet. Dieses Standardverfahren könnte man als "klassische" MCS bezeichnen.

Eine andere Methode besteht darin, historische Portfoliorenditen zu verwenden (z. B. die letzten 50 Jahre), um daraus einzelne Periodenrenditen wie aus einer Urne zufällig zu ziehen und aneinanderzureihen. Das wird dann wiederum vom Computer Tausendmal wiederholt. Dieses Verfahren nennt sich "Bootstrapping". Es ist weniger verbreitet, aus unserer Sicht aber genauso relevant wie die klassische MCS.

Bei den zwei vorhergehenden Methoden wird in der Simulation eine zufällige Abfolge der periodischen Portfoliorenditen angenommen. Bei einer dritten Methode werden hingegen komplette historische Renditereihenfolgen verwendet (z. B. die Renditen der Jahre 1970 bis 2017 in derselben Reihenfolge, wie sie aufgetreten sind). Das Simulationselement bei diesem Verfahren besteht darin, den Startzeitpunkt zufällig zu wählen, was dann vom Computer wieder einige hunderte oder tausende Male wiederholt wird. Diese Methode auf der Basis historischer Renditeverläufe liefert im Vergleich zu den anderen beiden Methoden interessante, da abweichende Ergebnisse, weil sie die in den Daten vorhandene (schwache) "Regression zum Mittelwert" nicht eliminiert. Diese alternative MCS-Methode kann als sinnvolle Ergänzung zu den anderen Methoden angesehen und eingesetzt werden.

Zu optimistisch oder zu pessimistisch?

Gelegentlich ist zu hören, dass die Annahme einer Normalverteilung von Wertpapierrenditen eine zu optimistische Abbildung der Realität an den Kapitalmärkten sei. Allerdings führt ein Abrücken von der Normalverteilungsannahme bei MCS, wie hier beschrieben, in der Praxis nur zu geringfügig anderen Ergebnissen, bei zugleich deutlich mehr Komplexität und Aufwand in der Durchführung. Kurioserweise wird in der Literatur zugleich argumentiert – im Widerspruch zur vorgenannten Kritik –, dass MCS nach der klassischen Methode im Vergleich zu Methoden auf der Basis historischer Periodenrenditen zu pessimistische Ergebnisse produziere (Tharp, 2017). Es ist also offen, ob die klassische Methode zu optimistisch oder zu pessimistisch ist. Für eine endgültige Klärung dieser Frage bräuchte man weit, weit längere historische Datenreihen als wir sie haben; vermutlich mehr als 500 Jahre an Kapitalmarktrenditen statt lediglich 30 bis 120 Jahre (je nach Land), wie tatsächlich der Fall.

Unabhängig von der gewählten Methode gilt: In die Zukunft gerichtet ist die Entwicklung von Vermögensanlagen unsicher und je länger der Prognosezeitraum, desto größer die Streubreite der möglichen Endvermögenswerte. Bei einer MCS wird versucht, diese Unsicherheit für Erkenntniszwecke des Anlegers zu modellieren. Die Berücksichtigung der Unsicherheit künftiger Renditen, insbesondere ihrer zeitlichen Abfolge, unterscheidet MCS fundamental von den eingangs erwähnten linearen Portfolioentwicklungsberechnungen, die keine Unsicherheit miteinbeziehen und deshalb für die Beantwortung der hier relevanten Anlegerfragen nur sehr eingeschränkt geeignet sind.

So viel zur Theorie. Nun aber zur Praxis, das heißt zu konkreten Konstellationen, in denen MCS sinnvoll eingesetzt werden kann.

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