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Morningstar-Analyse Rentenfonds so riskant wie seit der Jahrhundertwende nicht mehr

Aus historischer Sicht konnten die Erträge von Rentenfonds im Vergleich zu Aktienfonds als weniger anfällig für plötzliche Schwankungen gelten. Allerdings nicht in diesem Jahr: Fonds mit langfristigen Staatsanleihen oder Firmenschuldverschreibungen sind im Vergleich zu Aktienfonds so volatil wie seit der Jahrhundertwende nicht mehr, wie aus Daten des Fondsbeobachters Morningstar aus Chicago hervor geht.

Einer der Hauptgründe für diese Entwicklung ist, dass die zusammengeschrumpften Renditen von Langfristanleihen diese grundsätzlich anfälliger machen für stärkere Gewinne und Verluste. Diese Lage trifft auf eine ohnehin für stärkere Volatilität anfällige Marktverfassung - unter anderem wegen der Aussicht auf eine näher rückende Zinswende in den USA und durch die massive Quantitative Lockerung der Europäische Zentralbank über Anleihekäufe, bis zur Schuldenkrise in Griechenland und den Marktverwerfungen an den chinesischen Aktienbörsen.

Ausgebufften Händlern steht überdies mit dem gewachsenen Angebot an Derivaten eine günstige Möglichkeit offen, die Märkte in größerem Umfang in die gewünschte Richtung zu bewegen.

Anleihen-Crash Diese Rentenfonds sind um bis zu 25 Prozent eingebrochen


Alleine in den USA sind seit der Finanzkrise etwa eine Billion Dollar in Anleihefonds geflossen, aber die Marktverfassung birgt derzeit ein Risiko, das viele private Anleger nicht mehr tragen mögen. Entsprechend fließt derzeit Kapital aus dem Anlagesegment ab, und zwar erstmals in diesem Jahr. Als Folge bleiben Anleihen unter Druck - nach dem bereits schwächsten Quartal überhaupt.

Die Strategin Kate Warne von Edward D. Jones & Co. in St. Louis drückt es so aus: „Bei langfristigen festverzinslichen Anlagen gehen die Leute derzeit höhere Risiken ein, als ihnen klar ist“. Die Volatilität an den Anleihemärkten sei einfach noch nicht auf den Radarschirmen der Anleger angekommen.

Weltweit haben die Rentenmärkte auf Monatsbasis in diesem Jahr keine längeren Gewinnstrecken verzeichnet. Dem um ein Prozent höheren Juli war ein Verlust im zweiten Quartal von 2,2 Prozent vorangegangen. Es war das stärkste Minus seit mindestens 1996, wie aus Daten der Bank of America hervor geht.

Und in den USA ist die dortige Notenbank so nah wie nie an ihrer Leitzinswende. Bei nahezu Null steht das Leitzinsniveau mittlerweile seit 2008. Das nächste zinspolitische FOMC-Treffen findet am 16. und 17. September statt. „Die aktuelle Lage begünstigt ohnehin die Volatilität, und nun tritt die erste Veränderung der Geldpolitik seit vielen Jahren hinzu“, sagt Alan Gayle von RidgeWorth Investments in Richmond im US- Bundesstaat Virginia.

Besonders schwierig ist diese Lage naturgemäß für die Fondsmanager, in deren Mandat es liegt, die Kundengelder in langfristigen Anleihen anzulegen. So hat der Long Duration Total Return Fund von Pacific Investment Management Co. mit seinem Volumen von 4 Milliarden Dollar in den ersten drei Monaten 2015 um 3,4 Prozent zugelegt, wie Bloomberg-Daten zeigen. In den folgenden drei Monaten verlor der Fonds 7,1 Prozent.

Preissprünge wie diese haben für eine Volatilität der Rendite gesorgt, die um 79 Prozent höher ist als bei Konkurrenzfonds.

Unabhängig von der kurzfristigen Marktlage benötigt die wachsende Zahl von Pensionären und Pensionsfonds jedoch eine Möglichkeit für sichere und planbare Niedrigrisikoanlagen. Hier wird es in den kommenden Jahren wohl eine weiter zunehmende Nachfrage geben. Die Amerikaner werden älter und achten stärker auf sichere Einkommen, sagt Rentenstratege Kevin Giddis von Raymond James & Associates in Memphis, Tennessee.

Größere Sorge macht den Anbietern indes eher das Gegenteil. So könnte die schwache Entwicklung eine Welle von Kapitalabzügen auslösen und die Nachfrage austrocknen lassen. Einige Anleger scheinen da wenig zögerlich: Während etwa 50 Milliarden Dollar im ersten Halbjahr in Anleihefonds geflossen sind, haben die Anleger alleine in den ersten drei Juliwochen 3,5 Milliarden Dollar wieder abgezogen. Das geht aus Daten des Branchenverbands Investment Company Institute hervor.

Und schließlich kann das größere Angebot an Derivaten auf Festverzinsliche die Spekulationen am Anleihemarkt verstärken. Mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz lassen sich auf diese Weise recht große Marktbewegungen erzielen, was das Volatilitätsrisiko am Gesamtmarkt verstärkt.

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