

Portfoliomanager Volker Glaser von MPPM „Eigentlich ist es derzeit ein hervorragender Markt für Stockpicker“

Die Hamburger Investorentage, abgekürzt HIT, sind eine feste Einrichtung für Nebenwerte-Investoren im deutschsprachigen Raum. Auf dem Branchen-Event, das die Privatbank Donner & Reuschel und das Analysehaus Montega dieses Jahr zum zehnten Mal ausrichteten, treffen potenzielle Geldgeber auf börsennotierte Small- und Midcap-Unternehmen. Auf dem jüngsten Treffen im Scandic Emporio Hamburg haben wir Volker Glaser von der Vermögensverwaltung MPPM in Eppstein zum Gespräch gebeten. Er managt den Aktienfonds MPPM - Deutschland R Fonds (ISIN: LU0993962298). Im Interview verrät der Portfoliomanager, warum er bei Small Caps trotz der aktuellen Krise gute Chancen sieht und warum er beim Thema Nachhaltigkeit eher zurückhaltend ist.
DAS INVESTMENT: Der Aktienfonds MPPM Deutschland ist Ihr wichtigstes Produkt. Von den rund 30 Unternehmen, in die Sie investiert sind, wie viele waren bei den Hamburger Investorentagen dabei?
Volker Glaser: Es waren knapp zehn. Wir haben einen Deutschland-Fonds mit 40 Millionen Euro Assets under Management und eine Vermögensverwaltung, die im Volumen noch einmal deutlich größer ist. Deshalb gibt es hier natürlich auch noch einiges mehr an Werten. Unsere enge Watchlist besteht aus 70 bis 80 Werten, die wir entsprechend eng verfolgen. Von den Unternehmen, die hier sind, werden wir grob gesagt 30 bis 40 Prozent eng covern.
Wonach entscheiden Sie im Vorfeld, welche von den Unternehmen, die Sie noch nicht im Portfolio haben, Sie unbedingt treffen oder sich anhören wollen? Nennen Sie gern Beispiele.
Glaser: Ich finde Turnaround-Chancen am Markt besonders spannend. Ich schaue mir entsprechende Unternehmen, in die wir nicht investiert sind, gezielt an: lasse mir ein Update geben, ob es eine Wende gegeben hat oder ob es immer noch schlecht läuft. Wenn solche Unternehmen aus dem Gröbsten raus sind und die Bewertung passt, dann beschäftigen meine Kollegen und ich uns damit auch weiter und kaufen gegebenenfalls. Ein Beispiel für eine solche Turnaround-Chance ist die Basler AG, die operativ deutlich abgestürzt ist und hier auf der Konferenz vertreten ist. Ein Dauerbrenner wiederum ist Nordex, die ich ein bis zwei Mal im Jahr sehen will. Die sind leider nicht profitabel, wollen aber ab nächstem Jahr gute Gewinne erzielen. Bei beiden kommt es darauf an, ob der Turnaround wirklich kommt, da ist es besonders wichtig, nah am Ball zu bleiben.
Vor zwei Jahren haben Sie sich in einem Interview positiv über Varta geäußert, die auch bei den Investorentagen vertreten waren. Gehört es zu den Unternehmen, in die Sie investiert sind?
Glaser: Ich habe mich damals tatsächlich positiv zu Varta geäußert. Das würde ich heute so nicht wiederholen. Damals ist es mit dem Apple-Geschäft exzellent gelaufen und die Hoffnung auf den Einstieg ins Batteriegeschäft mit einem Autohersteller war groß. Doch dann ging das Geschäft mit Apple drastisch nach unten und es zeigte sich, dass im Batterie-Bereich doch alles länger dauert als gedacht oder gar nicht funktioniert. Wir waren damals nicht investiert, haben auch die Rally nach oben nicht mitgemacht, hatten die Aktie aber auf der Watchlist. Bis heute sind wir bei Varta nicht eingestiegen und unsere Meinung ist, dass wir hier erst einmal noch weiter abwarten können.
Die Performance des MPPM Deutschland, der 2014 aufgelegt wurde, stagnierte zuletzt oder wie beurteilen Sie das?
Glaser: Bis 2017 ist der Fonds sehr gut gelaufen. Ich bin seit Februar 2020 bei MPPM, manage den Fonds seit Anfang 2021 mit meinen Kollegen. In dem Jahr waren es knapp 20 Prozent Performance, im vergangenen Jahr rund 20 Prozent Minus und nun dieses Jahr – in einem sehr schwierigen Umfeld – zehn, elf Prozent Plus. 2022 war einfach ein mieses Jahr, in dem wir uns im Vergleich zu M-Dax und S-Dax noch relativ tapfer geschlagen haben. Dieses Jahr sind wir eigentlich ganz zufrieden, dass wir weiter vorne mitschwimmen. Angesichte der Rahmenumstände, dass es praktisch eine Krise nach der nächsten gibt, habe ich aktuell keinen Grund zu jammern.
Haben Sie nur die harten Auswahlkriterien im Blick? Gerade bei Small- und Mid-Caps sagen einige, es käme auch auf das Bauchgefühl an, zum Beispiel im Kontakt mit dem Management.
Glaser: Ich würde das nicht so sehen. Bei mir zählen eher die härteren Kriterien, also Zahlen wie die Cash-Flow-Entwicklung. Aber auf das richtige Timing kommt es in der Small-Cap-Krise, die nun bereits seit zwei Jahren anhält, auf jeden Fall an. Bei denen, die auf die kleinen Titel gesetzt haben, hat es von 2014 bis 2021 lange Zeit perfekt funktioniert, mit teils riesigen Renditen. Jetzt ist es das genaue Gegenteil, und zahlreiche Small Caps liegen ziemlich am Boden. Die Handelsumsätze sind teilweise fast gar nicht mehr vorhanden, so dass die Kurse bei jeglichen Verkäufen noch einmal eine Etage tiefer fallen. Da ist natürlich das Timing entscheidend, und es gehört auch ein bisschen Glück dazu, würde ich sagen. Nach Bauchgefühl agieren wir allerdings nicht.
Welche Rolle spielen Small Caps tatsächlich noch in Ihrem Portfolio?
Glaser: Aktuell nicht mehr die ganz große Rolle. Wenn man von Small Caps außerhalb der Indexwelt spricht, sind diese Aktien derzeit wegen der Liquiditätsproblematik eher von untergeordneter Bedeutung. In der Vermögensverwaltung haben wir aber schon vereinzelt Werte von 40 bis 70 Millionen Euro Market Cap. Zehn bis 20 Millionen Euro Market Cap ist hingegen tatsächlich eher uninteressant, es sei denn dahinter steckt eine super Story, dann kann man natürlich auch mal eine Ausnahme machen. Aber im Kern sind es momentan eher Unternehmen mit einem Börsenwert von 50 bis 100 Millionen Euro, die bei uns im Fokus stehen. Allerdings kann sich das auch wieder relativ schnell ändern.