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Müssen vermögende Familien Angst vorm Staat haben?

Kirsten Baus
Kirsten Baus
DAS INVESTMENT.com: Gelten familiengeführte Unternehmen nach wie vor als krisenresistenter?

Kirsten Baus: Ja, sie sind krisenresistenter. Steckt das eigene Geld im Unternehmen, verfährt man vorsichtiger. Familienunternehmen planen in großen Zeiträumen, legen Wert auf eine gute Eigenkapitalausstattung, wachsen organisch und betreiben eine gründliche Folgenabschätzung, bevor sie Risiken eingehen. Wachstum wird in starkem Maß aus eigener Kraft bestritten, Fremdfinanzierungen bleiben begrenzt.

DAS INVESTMENT.com: Was wiederum müssen Familienunternehmen von großen AGs lernen?

Baus: Transparenz. Daran fehlt es oft.

DAS INVESTMENT.com: Wie lassen sich die relativ frischen Dramen um Ratiopharm, Schaeffler und Schickedanz beurteilen. Wer oder was hat in den konkreten Fällen versagt?

Baus: Hinterher ist man immer schlauer. Wäre die Finanzkrise nicht gekommen, stünden zumindest einige heute als geniale Strategen da. Davon abgesehen, dass der Erfolg vieles heiligt, könnte ich als Außenstehender allenfalls über Ursachen spekulieren. Das tue ich aber prinzipiell nicht.

DAS INVESTMENT.com: Haben sich Konfliktschwerpunkte innerhalb familiengeführter Unternehmen durch die Krise verändert?

Baus: Krisen gibt es immer wieder, und die meisten Familienunternehmen rechnen damit, dass sie kommen. Die Finanzkrise wurde allerdings als überraschend und ungewöhnlich heftig erlebt. Das erforderte einschneidende Maßnahmen, die natürlich zu anderen als nur Routinekonflikten führten. Wenn die Familie dann schlecht aufgestellt ist oder Gesellschafter zerstritten sind, kann es eng werden. Eine handlungsfähige Unternehmerfamilie wird dagegen auch mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten fertig.

DAS INVESTMENT.com: Vielfach findet die Übergabe eines Unternehmens zwischen einer Kriegs- oder unmittelbarer Nachkriegsgeneration und einer international ausgebildeten, jedoch recht saturierten Folgegeneration statt. Welche Problemfelder ergeben sich aus diesen zwei Lebensleistungen?

Baus: Pauschal lässt sich das kaum beantworten. Wenn die Familie nicht mehr operativ führt, sondern sich auf die Gesellschafterrolle zurückgezogen hat, gilt anderes als im umgekehrten Fall. Führt die Familie operativ, hat das globalisierte Marktumfeld eine völlig neue Situation geschaffen, die einen Leistungsvergleich zwischen den Generationen erschwert. Eines aber ist geblieben: In jedem Fall sehen Familienunternehmen mehr aufs Geld als Publikumsgesellschaften. Sie sind sparsamer – im Geschäft wie auch privat. Und noch etwas – die Gesellschafter verstehen sich nicht als Shareholder.

DAS INVESTMENT.com: Gibt es einen verstärkten Drang junger Unternehmer mit dem Familienvermögen eher gemeinnützigen oder nachhaltig-ökologischen Geschäftsmodellen nachzugehen? Etwa wie Marcel Brenninkmeijer, Spross aus der C&A-Dynastie.

Baus: Familienunternehmen sind Teil der Gesellschaft. Wandeln sich deren Wertauffassungen, ändert sich das Marktgeschehen. Wenn der Kunde es will, müssen Familienunternehmen darauf reagieren und ihre Chance suchen oder selbst neue Trends setzen.

DAS INVESTMENT.com: Inwieweit findet generell eine Neuaufstellung von Unternehmen und Familienvermögen statt, Stichwort Diversifikation?

Baus: Das spielt eine bedeutende Rolle. Wie wichtig es ist, gut diversifiziertes Privatvermögen aufzubauen und nicht alles im Unternehmen zu belassen, ist mittlerweile fast allen Unternehmerfamilien bewusst. Es schafft auch Flexibilität im Erbgang, etwa bei der Abfindung weichender Erben.

DAS INVESTMENT.com: Der Berufsstand des Bankers hat sich stark gewandelt: Wie können Verkäufer und Unternehmer heute noch auf Augenhöhe kommunizieren?

Baus: Bei der Vermögensanlage ist die Skepsis der Unternehmer gegenüber den Bankern wie zuvor schon bei der Unternehmensfinanzierung beträchtlich gewachsen. Ich würde es eine Vertrauenskrise nennen.
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