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„Nach Bundesanleihen fließt jetzt viel Geld in deutsche Aktien und Immobilien“

Martin Hüfner von Assénagon
Martin Hüfner von Assénagon
Was verbindet Deutschland mit Ländern wie der Türkei, Pakistan, Venezuela oder Ägypten? Eigentlich nicht viel, würde man auf den ersten Blick sagen. Außer der Tatsache natürlich, dass diese Staaten für deutsche Unternehmen und Investoren wichtige Partner sind.

Was aber die Wenigsten wissen: Diese Länder gehören zusammen mit Deutschland (und einigen anderen Plätzen in der Welt) zu den Aktienmärkten mit den größten Kurssteigerungen der Welt in diesem Jahr.

In Deutschland sind die Aktienkurse seit Anfang Januar per Saldo um insgesamt 19 Prozent gestiegen. In der Türkei waren es 29 Prozent, in Ägypten 42,5 Prozent, in Pakistan 32,2 Prozent und in Venezuela sogar 150 Prozent.

Deutschland einsame Spitze

Die Entwicklung in diesen Ländern ist aber nicht unmittelbar vergleichbar mit der in Deutschland. Es handelt sich zumeist um enge Märkte, bei denen schon geringe Bewegungen zu großen Kursausschlägen führen. In der Vergangenheit waren die besten Aktienperformer in der Regel Länder mit relativ kleinen Märkten (die daher auch schwer prognostizierbar sind).

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Wichtiger ist, dass die deutsche Aktienmarktentwicklung unter den Industrieländern als einsame Spitze herausragt. In den meisten Staaten erhöhten sich die Kurse der Dividendenpapiere seit Jahresbeginn bestenfalls nur halb so stark: USA 7,8 Prozent, Japan 8 Prozent, Großbritannien 3,6 Prozent, Schweiz 9,1 Prozent. In China haben sich die Kurse in den ersten acht Monaten dieses Jahres sogar um 4,2 Prozent verringert.

Die gute Aktienmarktentwicklung in Deutschland ist ungewöhnlich. Die Bundesrepublik gilt normalerweise nicht als Aktienland. Ihre Stärke sind eher Rentenpapiere.

Weshalb ist das diesmal anders?

Zwei Gründe: Der eine ist, dass sich die deutsche Wirtschaft in einer guten Verfassung befindet. Die Unternehmen haben ihre Produktpalette gestrafft und sich regional auf Wachstumsmärkte ausgerichtet. Die Verbesserungen durch die Hartz-Reformen auf dem Arbeitsmarkt wirken weiter. Die Finanzpolitik hat zwar nicht verhindern können, dass die Staatsverschuldung stark angestiegen ist. Deutschland steht hier aber wesentlich besser da, als viele andere Industriestaaten.

Der zweite Grund ist paradoxerweise die Eurokrise. Sie schadet dem Aktienmarkt nicht, sondern nutzt ihm im Gegenteil. Wir klagen zwar über die hohen Transfers in die Schuldnerstaaten in Südeuropa. Die Unsicherheit über das weitere Schicksal des Euro belastet den Export und die Investitionsentscheidungen der Unternehmen.

Aber es gibt auch eine andere Seite, die oft übersehen wird. Als Folge der Eurokrise sucht unendlich viel Geld aus Südeuropa, Anlagen im Norden. Zuerst ging es vornehmlich in Bundesanleihen. Nachdem die Zinsen aber so tief gefallen sind, fließt es jetzt auch in Immobilien und Aktien.

Von Januar bis Mai 2012 haben Ausländer deutsche Aktien in Höhe von 9,8 Milliarden Euro gekauft (unter großen Schwankungen von Monat zu Monat). Das ist mehr als in den vergangenen zwei Jahren zusammen (7,6 Milliarden Euro). Es wäre aber merkwürdig, wenn dabei nicht auch Fluchtgelder gewesen wären.

Hinzu kommt, dass auch deutsche Anleger aus Mangel an Anlagealternativen bei den niedrigen Zinsen, Aktien erwerben. Die Zahl der deutschen Aktionäre (direkte Aktienanleger plus Fondsbesitzer) ist im ersten Halbjahr 2012 nach Berechnungen des Deutschen Aktieninstituts um 1,5 Millionen gestiegen. Das kann noch eine Weile so weitergehen. Deutsche Aktien können trotz der schlechter werdenden Konjunktur weiter steigen.

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