LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in MärkteLesedauer: 3 Minuten

Nach dem „Nein“ im Italien-Referendum Die Welt dreht sich weiter

Monica Defend, Head of Global Asset Allocation Research bei Pioneer Investments
Monica Defend, Head of Global Asset Allocation Research bei Pioneer Investments

Die Mehrheit der Italiener hat die Verfassungsänderung von Premierminister Renzi abgelehnt. Was passiert jetzt?

Das Wahlergebnis leitet eine Periode relativer Unsicherheit ein, die dadurch verschärft wird, dass Italien mit einem Wahlrecht (Italicum) in diese kritische Phase geht, das nur für das Abgeordnetenhaus gilt und noch immer vom Verfassungsgericht geprüft wird.

Nach dem Rücktritt Renzis sind nun mehrere Szenarien möglich: Staatspräsident Mattarella könnte entweder Renzi selbst oder – was angesichts des klaren Abstimmungsergebnisses wahrscheinlicher ist – einen respektierten Technokraten, beispielsweise Wirtschaftsminister Padoan, mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragen. Vorgezogene Neuwahlen sind nicht ausgeschlossen, aber nicht unser zentrales Szeanrio.

Welche Rolle spielt das Referendum in einem größeren geopolitischen Kontext?

In Deutschland, Frankreich und den Niederlanden wird im kommenden Jahr gewählt, während die Folgen des Brexit noch immer nicht völlig absehbar sind und Trumps Wahlsieg die politische Balance verschiebt. Zur gleichen Zeit übergeben die Zentralbanken den Stab zurück an die Regierungen, um so geldpolitische Wachstumsimpulse durch expansivere Fiskalpolitik und Strukturreformen zu ergänzen. Populismus und wachsende soziale Unzufriedenheit sind weiterhin große Risiken, allerdings halten wir die Annahme für übertrieben, diese Risiken könnten allein aufgrund des negativen Wahlausgangs tatsächlich eintreten.

Die Parlamentswahlen im kommenden Jahr könnten noch wichtiger werden und nicht nur die politische Richtung, sondern letztlich auch die Währungspolitik der Zentralbanken beeinflussen.

Wie wirkt sich das Ergebnis des Referendums auf die europäischen Rentenmärkte aus?

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Seit dem unerwarteten Brexit-Ergebnis und Trumps Sieg übertreiben Anleger vielleicht bei der Einpreisung politischer Risiken. Aus unserer Sicht hat der Markt vor dem Referendum überreagiert. Ein Sieg des „Nein“-Lagers war zum Teil in den Kursen italienischer Vermögenswerte eingepreist, und wir sehen Potenzial in italienischen Staatsanleihen. Wir erwarten, dass die EZB bereit ist, im Vorfeld der der umsatzschwachen Tage um den Jahreswechsel mehr italienische Staatsanleihen zu kaufen (Frontloading).

Nicht in den Kursen enthalten ist ein Szenario anhaltender politischer Instabilität: ein Scheitern der Bildung einer Übergangsregierung, vorgezogene Neuwahlen unter dem derzeitigen Wahlrecht und ein Sieg der Fünf-Sterne-Bewegung mit anschließendem Referendum über einen Rückzug aus der Eurozone. Wir halten dieses Szenario jedoch für unwahrscheinlich, denn selbst bei einem Wahlsieg dürfte die Fünf-Sterne-Bewegung kaum eine Mehrheit in beiden Kammern erlangen.

Erwarten Sie Auswirkungen auf den Euro?

Am Devisenmarkt könnte das Ergebnis des Referendums kurzfristige Volatilität zur Folge haben und den US-Dollar gegenüber dem Euro verteuern. Von kurzfristigen Schwankungen abgesehen, gehen wir davon aus, dass der Dollar stark bleibt. Dafür sorgen die Zinsnormalisierung der Fed und die unterschiedlichen geldpolitischen Kurse der Zentralbanken. Verschärft werden könnte diese Situation, sollte der „Trump-Effekt“ Wachstum und Inflation anheizen.

Was bedeutet der Wahlausgang für Multi Asset-Investoren?

Wir bleiben gegenüber europäischen Aktien vorsichtig und bevorzugen italienische Unternehmensanleihen mit Investment Grade-Rating und kurzer Laufzeit. Die Kursrisiken durch den dicht gedrängten politischen Kalender im kommenden Jahr sind greifbar. Anlass zur Sorge geben außerdem nach wie vor populistische Strömungen, die den politischen Prozess in Europa zum Stillstand bringen könnten. Die weltweit reflationäre Wirtschaftspolitik schlägt bisher am stärksten an den Aktienmärkten Japans und der USA durch, die zusätzlich von nationalen Maßnahmen zur Steigerung des Ertragswachstums profitieren könnten. Unsere Anleihepositionen steuern wir weiterhin dynamisch: Vor dem Hintergrund der Reflation bevorzugen wir inflationsgeschützte Anleihen aus den USA und der Eurozone, da der Markt hier aus unserer Sicht eine weiterhin nur schwache Inflationsentwicklung eingepreist hat.

An unserer optimistischen Prognose für 2017 ändert sich insgesamt wenig. Wir halten weltweit stärkeres Wachstum und steigende Inflationsraten im kommenden Jahr für denkbar.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion