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in VersicherungenLesedauer: 4 Minuten

Flutkatastrophe Schäden von 1,7 Milliarden Euro noch nicht reguliert

Wiederaufbau nach den Flutschäden an der Ahr
Wiederaufbau nach den Flutschäden an der Ahr: Ein Großteil der Schäden war nicht durch Elementarschadenversicherungen abgedeckt. | Foto: Imago Images / Kosecki

Die Bilder bleiben – und manche Schäden auch: Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands erinnern unbewohnbare Häuser und Baulücken noch an die Katastrophe, die Tief „Bernd“ damals mit sich brachte. In den Fokus gerückt sind seitdem die politischen Fragen, zum Beispiel um eine Elementarschaden-Pflichtversicherung, die die Länder wollen, die Versicherungswirtschaft aber nicht. Es geht angesichts der zunehmenden Extremwettereignisse um Prävention und Klimafolgenanpassung oder eine stärkere Regulierung von Neubau- beziehungsweise Wiederaufbau in Überschwemmungsgebieten.

Ärger bei der Schadenregulierung - einige Verfahren anhängig

Hinter den großen Fragen stehen die vielen Einzelschicksale, die bis heute auch medial immer wieder aufgegriffen werden. Dabei ist auch der Umgang der Versicherer mit den betroffenen Kunden ein Thema. Einige von Ihnen betreut Mark Wilhelm, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Düsseldorf. „Die Sachverhaltsermittlung ist oft sehr komplex und langwierig. Sachverständige kommen leicht zu unterschiedlichen Einschätzungen. Es gibt beispielsweise Grenzwerte bei einer Kontamination mit Heizöl, die bestimmen, ob ein Haus noch bewohnbar ist oder nicht.“ Aus dieser Gemengelange komme es immer zu Verzögerungen bei der Schadenregulierung. Richtungsweisende Urteile gebe es noch nicht und das werde auch auf absehbare Zeit so bleiben.

Kritisch bewertet der Rechtsexperte, dass viele Versicherungsunternehmen den Betroffenen direkt nach der Flut schnelle Zahlungsangebote auf Basis von Grobschätzungen gemacht hätten. Er vermutet, dass viele Kunden so auf einem Teil ihrer tatsächlichen Schäden sitzen geblieben sind, während der Versicherer in so einem Fall den Schaden als erfolgreich reguliert verbucht.

Verbraucherschützer äußern Verständnis für die Versicherer

Über die Anzahl von Streitfällen mit den Versicherungen liegen keine validen Daten vor. Nachfragen von DAS INVESTMENT bei den Verbraucherzentralen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ergaben, dass Fälle bekannt seien, allerdings in überschaubarer Größenordnung. Eine Sprecherin sagte, dass die Versicherer teilweise „sehr schleppend“ vorgegangen seien. Dennoch ist die Kritik an der Branche zurückhaltend, dafür seien die Herausforderungen, die alle ein Stück weit überforderten, zu groß gewesen. Kurz nach der Flut habe es bei den Verbraucherzentralen viele Anfragen gegeben, auch zum Thema Versicherungsschutz. Im weiteren Verlauf fehle ihnen bei gutachterlichen Fragen allerdings die Beratungsbefugnis.

Dass längst nicht alle Schäden behoben sind, räumt auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ein. Bislang haben die Versicherungsunternehmen laut GDV 6,7 Milliarden der 8,4 Milliarden Euro Gesamtschaden für die Sachversicherung an betroffene Kunden ausgezahlt. Für die Branche war es damit die bislang folgenschwerste Naturkatastrophe in Deutschland.

 

„Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass jede und jeder Betroffene möglichst rasch die komplette Versicherungsleistung bekommt. Aber die Schadenregulierung kann eben nur so schnell sein wie der Wiederaufbau“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. „Wenn noch nicht der komplette Betrag geflossen ist, liegt das in der Regel an Materialengpässen oder fehlenden Handwerkerkapazitäten.“ Der Wiederaufbau sei zum Teil noch voll im Gang. „Jeder und jede Versicherte hat bereits Geld erhalten, in manchen Fällen aber noch nicht alles. Wo noch gebaut wird, kann noch nicht alles ausgezahlt worden sein“, so Asmussen. 

1,7 Milliarden Euro noch nicht ausgezahlt: GDV nennt Gründe

Die Gesamtzahl der versicherten Schäden in den Flutregionen gibt der GDV jetzt mit rund 166.000 an, davon 124.000 in Nordrhein-Westfalen. Zwischenzeitlich sei eine deutlich höhere Zahl gemeldet worden, von denen sich viele Schäden aber als nicht versichert herausgestellt hätten „Die Schadenregulierung war und ist bei dieser schieren Menge an Schäden eine enorme Herausforderung“, so Asmussen. „In den allermeisten Fällen haben die Versicherer das schnell, effektiv und zur Zufriedenheit der Kunden gelöst.“ GDV-Daten zur Flutkatastrophe gibt es hier.

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