HQ-Trust-Geschäftsführer Reinhard Panse
Die Zukunft der Kapitalmarkterträge nach Jahren des Booms
Reinhard Panse, Geschäftsführer und Partner von HQ Trust, dem Multi Family Office der Harald-Quandt-Familie. Foto: Uwe Noelke
Nach Kapitalmarktjahren, die eigentlich nur eine Richtung kannten, stellt sich nun die Frage: wie weiter? Befinden sich Renten-, Aktien- und Immobilienmärkte in einer Art Blasenbildung, wie kam es dazu und was heißt das für den Ausblick auf künftige Risikoprämien?
Die fünf Kriterien für eine Blasenbildung
HQ Trust unterstellt eine ungesund hohe Bewertung von Kapitalanlagen (Blase), wenn mehrere der folgenden fünf Kriterien erfüllt sind:
Ungewöhnlich hohe Marktkapitalisierung einer Anlageform in Bezug auf das jeweilige Volkseinkommen
Ungewöhnlich niedrige Renditen
Ungewöhnlich schlechte Qualität der Vermögensanlagen
Ungewöhnlich hohe Kreditkäufe in einer Anlageform
Staatlich gewollte Falschbilanzierung (häufig die Ursache für das gleichzeitige Auftreten der Kriterien 1 bis 4)
Zu 1: Ungewöhnlich hoher Wert einer Anlageform in Bezug auf das jeweilige Volkseinkommen
Rentenmärkte:...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die fünf Kriterien für eine Blasenbildung
HQ Trust unterstellt eine ungesund hohe Bewertung von Kapitalanlagen (Blase), wenn mehrere der folgenden fünf Kriterien erfüllt sind:
- Ungewöhnlich hohe Marktkapitalisierung einer Anlageform in Bezug auf das jeweilige Volkseinkommen
- Ungewöhnlich niedrige Renditen
- Ungewöhnlich schlechte Qualität der Vermögensanlagen
- Ungewöhnlich hohe Kreditkäufe in einer Anlageform
- Staatlich gewollte Falschbilanzierung (häufig die Ursache für das gleichzeitige Auftreten der Kriterien 1 bis 4)
Zu 1: Ungewöhnlich hoher Wert einer Anlageform in Bezug auf das jeweilige Volkseinkommen
- Rentenmärkte: Die Gesamtverschuldung, und damit auch das weltweite Volumen von Unternehmensanleihen, Pfandbriefen und anderen hypothekenbesicherten Wertpapieren sowie von Staatsanleihen, in vielen großen Volkswirtschaften ist auf ein historisch ungewöhnlich hohes Niveau angestiegen. Früher wurden Schuldenstände von über 250 Prozent des Volkseinkommens allenfalls nach langen Kriegen (Beispiel Großbritannien nach den Napoleonischen Kriegen, Deutschland, Großbritannien oder Japan nach dem 2. Weltkrieg) bei den Kriegsteilnehmern verzeichnet, aber in langen Friedensperioden ist dieses Schuldenniveau niemals zuvor in einer größeren Anzahl von Staaten erreicht worden.
- Aktienmärkte: US-Aktien weisen ebenfalls einen sehr hohen Wert im Vergleich zum Volkseinkommen auf. Da dies jedoch in erheblichem Maße durch die Technologieriesen, die weltweit hohe und stark wachsende Gewinne erzielen, bedingt ist, ist die Aussagekraft dieses Kriteriums nicht so eindeutig wie bei Rentenmärkten.
- Immobilien: Insbesondere im Luxus-Wohnimmobiliensektor sind historisch ungewöhnlich hohe Werte in sehr vielen Ländern zu verzeichnen.
- Kryptowährungen: Der Wert sollte nahe Null liegen, da kein Staat eine Währung dulden wird, die privat erzeugt wird, dazu nicht in der Lage ist, eine große Zahl von Transaktionen gleichzeitig zu ermöglichen und obendrein extrem viel Energie benötigt. Außerdem werden immer neue Kryptowährungen kreiert, die angeblich technologisch überlegen sind oder für einen bestimmten Zweck besonders geeignet sind. Hier findet also eine permanente Inflation statt.
Zu 2: Ungewöhnlich niedrige Renditen:
- Rentenmärkte: Insbesondere die Verzinsung von Staatsanleihen hat im Sommer 2016 in allen großen Ländern historische Weltrekorde aufgestellt, zum Beispiel mit negativen Renditen von 10-jährigen Staatsanleihen in Deutschland oder der Schweiz, aber auch Renditen von unter 1,5 Prozent in maroden (Italien) oder wirtschaftlich starken Ländern (USA). Auch zwei Jahre später sind die Zinsen global trotz weiterer Erholung der Weltwirtschaft kaum gestiegen und im historischen Vergleich weiterhin extrem niedrig
- Aktienmärkte: Dividendenrenditen sind lediglich in den USA mit unter 2 Prozent auffallend niedrig, in anderen Ländern mit meist über 3 Prozent (Eurozone insgesamt) oder sogar über 4 Prozent (Italien, Großbritannien) normal. Historische Beispiele für extrem tiefe Dividendenrenditen waren Japan im Dezember 1989 (0,4 Prozent bei 6,4 Prozent Zins für 10-jährige Staatsanleihen) und Technologieaktien in den USA (Nasdaq) oder in Deutschland (Neuer Markt) im 1. Quartal 2000 mit Werten von ebenfalls unter
0,5 Prozent. Nachfolgend verloren der japanische wie auch der US-Technologieaktienindex circa 80 Prozent und der Neue Markt in Deutschland sogar 97 Prozent. - Immobilien: Luxuswohnungen erbringen häufig so niedrige Mieterträge, dass nur noch die Verwaltungs- und Instandhaltungskosten abgedeckt werden.
- Kryptowährungen: Sie weisen ein hohes Totalverlustrisiko auf, bieten aber bei völlig fehlender Verzinsung keinerlei Kompensation dafür.
Zu 3: Ungewöhnlich schlechte Qualität der Vermögensanlagen:
- Rentenmärkte: Die oben erwähnte extrem hohe Verschuldung bedeutet natürlich auch ein erhöhtes Verlustrisiko für Anleger, da die Schuldner letztlich aus dem Volkseinkommen ihre Papiere bedienen müssen. Insbesondere für Staaten mit hohen Schulden (Italien, Portugal, Griechenland) ohne eigene Notenbank, die bei Bedarf Geld druckt und der Regierung unter die Arme greift, gibt es Ausfallrisiken, die durch die extrem tiefen Renditen keinesfalls vergütet werden. Andere Länder wie Deutschland, aber auch die USA, haben sehr hohe verdeckte Staatsschulden durch ein teures Sozialsystem, dessen Folgekosten etwa ab 2025 die Staatsdefizite auch hierzulande stark anschwellen lassen werden. Diese Risiken werden in den USA mit etwa 3 Prozent Rendite teilweise abgegolten. In Deutschland mit 0,3 Prozent Rendite auf 10-jährige Staatsanleihen wird dieses Risiko überhaupt nicht kompensiert.
- Kryptowährungen: Sie können von jedermann in die Welt gesetzt werden. Entsprechend hoch ist das Betrugspotenzial.
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