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Aktualisiert am 25.11.2023 - 03:11 Uhrin Berater & VermittlerLesedauer: 10 Minuten

GDV und Vermittlerverbände Nach TV-Desaster - Vermittler wütend über untätigen Spitzenverband

GDV-Zentrale in Berlin
GDV-Zentrale in Berlin: Hier will man sich explizit nur um die Anliegen der Versicherer kümmern. | Foto: GDV

War es nur ein Aufreger-Thema oder vielleicht der Beginn einer grundsätzlicheren Debatte? Die Ausstrahlung einer Stern-TV-Sondersendung am 2. November auf RTL hat hohe Wellen geschlagen. Der gewaltige Zorn der Vermittlerschlerschaft zielte wegen Falschaussagen und fragwürdiger Tipps vor allem auf die als Experten und Verbraucherschützer vorgestellten Hermann-Josef Tenhagen und Ron Perduss.

Der Hohn und Spott, der sich in vielen Posts, vor allem bei Facebook oder Linkedin danach zeigte, lässt durchblicken, dass es um weit mehr als nur diese eine TV-Ausstrahlung geht. Viele Vermittler sind mittlerweile frustriert. Sie ärgern sich über das Zerrbild Ihres Berufs, das gerade Fernsehbeiträge bereits seit Jahren vermitteln.

Diskussion bereits auf der DKM

Dass das Thema mittlerweile breiter diskutiert wird, zeigte zuletzt die DKM. Beim jährlichen Branchentreff in Dortmund fielen in der großen Vertriebs-Diskussionsrunde medienkritische Töne. Allerdings mangelte es auch an Lösungsansätzen. Laut des Präsidenten des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), Michael H. Heinz, hätten Beiträge mit positiver Darstellung des Berufs in den Redaktionen keine Chance. Auf etwaige Anliegen hin, bekomme man den Hinweis, dass diese niemand sehen wolle.

In der Erwartung, dass endlich etwas unternommen werden muss, wurden in den digitalen Vermittlergruppen auch Rufe nach einem Einschreiten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sichtbar. Doch dieser reagierte verhalten. Laut eines Medienberichts hieß es vom Verband, dass eine Richtigstellung in Bezug auf die Aussagen der Sendung schon von Herrn Tenhagen kommen müsse, nicht von ihm.

Darauf reagierte Heinz offenbar mit beißendem Spott. Laut des Berichts sagte er, dass er vom Verhalten des GDV nicht mal enttäuscht sei, da er auch nichts anderes erwartet habe. Tatsächlich verlangt der BVK-Präsident von den Branchenvertretern in Berlin aber eine aktivere Rolle. Der GDV sollte sich vor die Vermittler stellen und die Interessen der gesamten Versicherungswirtschaft vertreten. Eine Haltung, die viele teilen.

GDV-Sprecher: „Ich habe die Sendung nicht gesehen“

DAS INVESTMENT bat den GDV bereits vergangene Woche per Mail um die Beantwortung mehrerer Fragen zur Vermittler-Kritik und zum negativen Einfluss von Medienberichterstattung auf das Branchenimage. Ein Sprecher antwortete denkbar knapp: „Ich habe die Sendung nicht gesehen, aber es scheint sich ja um bekannte Positionen zu handeln, zu denen sich der Verband nicht jedes Mal aufs Neue äußern muss – zumal unsere Haltung zu den angesprochenen Themen sattsam bekannt ist.“

Auf die Nachfrage, in welcher Form und mit welchen Stellungnahmen sich der GDV konkret zu imageschädigenden Medienbeiträgen in der Vergangenheit positioniert habe, antworteten die Lobbyisten gar nicht.

Dafür erklärte der Verband auf die Nachfrage, welche Rolle Vermittler in der verbandspolitischen Arbeit spielen: „Der GDV ist die Dachorganisation der Versicherer in Deutschland. Gegenüber Parlament, Regierung und Öffentlichkeit vertritt er die Interessen der Branche. Darüber hinaus erbringt er Dienstleistungen für seine Mitglieder. Die Interessen der Vermittler vertreten die Vermittlerverbände.“ Ein Blick in die Satzung verrät, dass das formal richtig ist. Eine konkrete Repräsentation der Vermittler ist nicht vorgesehen.

Nächste Debatte dreht sich um Untätigkeit des GDV

Jetzt, wo die GDV-Haltung publik wird, rollt die nächste Empörungswelle über Social Media und die betrifft den Verband selbst. Von sachlicher Kritik bis krachender Polemik ist alles vertreten. So schreibt ein User: „Ich habe den GDV in vielen Dingen schon immer für fast überflüssig gehalten, das Fast lasse ich jetzt weg.“ Doch die Mehrheit findet den Verband nicht überflüssig. Es offenbart sich nur, dass Selbstverständnis und formale Rolle des GDV sich nicht mit den Erwartungen eines Großteils der Vermittlerschaft decken.

Andreas Lohrenz, Betreiber und Administrator der größten Facebook-Gruppe für Vermittler und einer der Wortführer in der aktuellen Debatte, sagt: „Das arrogante Gebaren ist bei historischer Betrachtung völlig fehl am Platze. Die deutsche Vermittlerschaft war jahrzehntelang der Garant für den heutigen Wohlstand der Versicherer.“ Der GDV beschäftige sich fern von der Praxis mit allerlei vermeintlich hippen Themen. „Von unnützen Studien bis kurz vor Raketenwissenschaft ist echt alles dabei“, so Lohrenz.

 

Kritiker: GDV braucht Vermittler und setzt falsche Schwerpunkte

Stephan von Heymann vom Maklerpool Aruna sieht es so: „Der GDV ist scheinbar völlig abgehoben und möchte sich für den Pöbel von der Straße nicht einsetzen. Dabei betreibt er mit dem BWV und der DVA, als zwei Tochterunternehmen, die wohl wichtigsten Bildungseinrichtungen der Branche. Man bildet also aus, um einen wesentlichen Teil der Ausgebildeten dann später vollkommen im Stich zu lassen. Da kommt mir nur eins über die Lippen: Schäme Dich, GDV.“

Johannes Paulus, der für eine Ausschließlichkeitsorganisation arbeitet, sagt: „Schade, dass der GDV sich selbst in regelmäßigen Abständen öffentlichkeitswirksam positionieren will, aber dann das größte Sprachrohr, Hunderttausende Vermittler, Recht regelmäßig im Regen stehen lassen möchte. Da sollten sich die Damen und Herren mal die Mühe machen (und vielleicht eine Studie), wer mehr zum positiven Image der Branche beiträgt und wen es hier vor Fremdeinwirkung zu schützen gilt.“

Auch viele andere Vermittler kritisieren neben fehlender Solidarität mit den Vertriebspartnern, den Fokus des GDV auf Stellungnahmen zur Weltwirtschaft, Nachhaltigkeitsberichte oder Imagekampagnen wie „Werde Insurancer“ für mehr Branchennachwuchs. Letztere werden von manchen Vermittlern als nutzlos oder gar peinlich bezeichnet.

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