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Nachhaltig investieren Wie Covid-19 die ESG-Agenda verändert

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Vergütung von Führungskräften

Viele Unternehmen werden angesichts der Markt- und Wirtschaftslage die Zielvorgaben ihrer kurz- und langfristigen Anreizpläne verfehlen. Das wird sich spürbar auf die variablen Anteile der Managementgehälter auswirken.

Die Mehrheit der Aktionäre wird missbilligen, wenn Führungskräfte nach einem Verlustjahr großzügige Boni erhalten, auch wenn die Unternehmen keinen Einfluss auf die Auswirkungen des Virus haben. Wir sind uns darüber im Klaren, dass Vergütungsausschüsse Anpassungen an Strukturen vornehmen können, um solche Topmanager besonders zu honorieren, die ihre Unternehmen mit außergewöhnlicher Kompetenz durch die anstehende heikle Phase lenken. Wir werden aufmerksam auf die im Einzelfall vorliegenden Bedingungen für die Unternehmen achten – unter anderem darauf, ob Unternehmen Beschäftigte und Führungskräfte einheitlich behandeln. So würden wir äußerst kritisch bewerten, wenn Unternehmen, die ihren Beschäftigten bei der Selbstquarantäne Steine in den Weg legen, im Anschluss versuchen, ihre Führungskräfte für entgangene Boni zu entschädigen.

Von Unternehmen, die aufgrund des Virus und der damit verbundenen staatlichen Maßnahmen einen außergewöhnlichen Anstieg der Nachfrage nach ihren Dienstleistungen verzeichnen, erwarten wir grundsätzlich, dass die Vergütungsausschüsse dies als Mitnahmeeffekt behandeln und bereit sind, die Vergütung gegebenenfalls nach unten anzupassen.

Manche Führungskräfte in besonders schwer betroffenen Sektoren wie der Luftfahrt haben bereits freiwillig Gehaltskürzungen in Kauf genommen. In wenigen Fällen wurde das Grundgehalt bis auf null herabgesetzt. Als Investoren fordern wir solche Schritte zwar nicht, doch wenn CEOs in Extremsituationen dazu in der Lage sind, dürfte das längerfristig voraussichtlich für mehr Loyalität bei ihren Beschäftigten sorgen.

Kapitalallokation

Eine der zentralen Säulen der Corporate Governance ist die Kapitalallokation und die Entscheidung, worauf sich Unternehmen bei der Finanzierung fokussieren. In den letzten Jahren haben wir beobachtet, dass Unternehmen Liquidität zunehmend für den Rückkauf eigener Aktien verwenden statt für Investitionen ins Unternehmen oder für die Stärkung ihrer Bilanzen. In den Unternehmen des S&P 500 fließen mittlerweile 50 Prozent aller freien Cashflows in Aktienrückkäufe.

In einer Zeit, in der die Bilanzen enorm belastet sind und die Unternehmen vor erheblichen unerwarteten Kosten stehen – unter anderem dadurch, wie sie Ressourcen verwenden, um das Wohl ihrer Belegschaft zu sichern –, sollten Managementteams überprüfen, inwieweit ihre Aktienrückkaufprogramme derzeit und auf längere Sicht angemessen sind.

Erwartungsgemäß werden bestimmte Sektoren zwar Staatshilfen erhalten, doch höchstwahrscheinlich werden in Schieflage geratene Unternehmen notfallmäßig durch Bezugsrechte oder Platzierungen mit hohen Abschlägen Kapital aufnehmen. Unter solchen Umständen sähen wir es gerne, wenn Unternehmen Verwässerungseffekte für Altaktionäre möglichst minimieren, indem sie deren Bezugsrechte beachten und ihnen das Recht einräumen, vor anderen Marktteilnehmern weitere Aktien zu erwerben.

Klimawandel

Einer Schätzung zufolge hat sich der CO2-Ausstoß in China durch den Shutdown vom Februar um 200 Millionen Tonnen verringert, was etwa der Hälfte der jährlichen Emissionen des Vereinigten Königreichs entspricht. Das ist aber natürlich nur ein vorübergehender Effekt. Der wichtigere Aspekt im Zusammenhang mit dem Klimawandel sind die Folgen von COVID-19 auf die praktischen Vorbereitungen und die politische Dynamik im Vorfeld der entscheidenden Klimakonferenz COP26. Massendemonstrationen für das Klima, die im letzten Jahr so viel Wirkung zeigten, werden nicht möglich sein, und die Aufmerksamkeit der Regierungen wird unweigerlich geteilt sein. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene hat die Internationale Energieagentur ferner davor gewarnt, dass die Konjunkturabschwächung viele staatlich finanzierte grüne Projekte zum Stillstand bringen dürfte, da Regierungen Mittel dringend umleiten müssen, um Unternehmen und Bürger über Wasser zu halten. Der Einbruch der Energienachfrage wird sich ebenfalls negativ auf privatwirtschaftliche Investitionen auswirken. So gab es beispielsweise einen drastischen Preisrückgang im Emissionshandelssystem der Europäischen Union, was den Anreiz für Investitionen in erneuerbare Energien verringert. Auf längere Sicht könnte Potenzial für «grüne fiskalpolitische Anreize» bestehen, also staatliche Ausgaben für neue umweltfreundliche Infrastruktur. Doch Aussagen über die Wahrscheinlichkeit wären verfrüht.

COP26 dürfte angesichts der politischen Haltung mancher maßgeblicher Regierungen wie der US-amerikanischen ohnehin schwierig werden, doch angesichts dieser zusätzlichen Hindernisse ist es umso wichtiger, dass Investoren aktiv werden – unter anderem, indem sie von Unternehmen die Ausrichtung ihrer Geschäftsstrategien auf die Pariser Ziele einfordern und Regierungen dazu animieren, ehrgeizige nationale Emissionsziele zu setzen.

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