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Aktualisiert am 21.11.2022 - 12:55 Uhrin FondsLesedauer: 4 Minuten

Claus Hecher von BNP Paribas Asset Management „Vielleicht gibt es irgendwann nur noch nachhaltige ETFs“

Claus Hecher, BNP Paribas AM.
Claus Hecher verantwortet das ETF-Geschäft der Investmentgesellschaft BNP Paribas Asset Management in Deutschland. | Foto: BNP Paribas AM

DAS INVESTMENT: Herr Hecher, was tun Sie persönlich, um nachhaltig zu leben?

Claus Hecher: Ich fahre ein Hybrid-Fahrzeug um in die Elektromobilität einzusteigen. Mit mehr Auswahl an Modellen, höheren Reichweiten und einem engmaschigeren Netz an Ladesäulen möchte ich beim nächsten Fahrzeugwechsel komplett umsteigen. Ich bin seit drei Jahren nicht mehr in den Urlaub geflogen. Es gibt auch schöne Reiseziele nahe an meinem Heimatort, die mit dem Auto erreichbar sind. Coffee-To-Go im Wegwerf-Becher ist auch nicht mein Ding.

Es gibt sehr viele Definitionen von Nachhaltigkeit. Was denken sie darüber?

Hecher: Das ist einer der Gründe, warum nachhaltiges Investieren in Deutschland so langsam angelaufen ist. Es gibt zu viele Definitionen, etwa das französische Label ISR, das deutsche FNG-Siegel und nun endlich seit einigen Jahren die Einordnungen nach Artikel 6, 8 und 9 der EU-Offenlegungsverordnung. Das ist aber noch in der Mache, bisher wird ja nur das „E“ in ESG von der Taxonomie ordentlich abgedeckt, gefolgt vom „S“, den sozialen Aspekten. Es fehlt noch an Reporting-Standards – und vor allem an Datenverfügbarkeit.

Worauf achten Sie besonders, wenn Sie ESG-ETFs auf den Markt bringen?

Hecher: Wir von BNP Paribas Asset Management wollen das Thema Nachhaltigkeit in der Asset-Management-Branche pushen und haben viele Ideen für die Infrastruktur, Kreislaufwirtschaft, grüne Immobilien und die Blue Economy. Wir verstehen uns auch als politischer Akteur und üben unser Stimmrecht entsprechend auf Hauptversammlungen aus. Dabei müssen wir natürlich immer auf der Höhe regulatorischer Anforderungen sein, zum Beispiel bei der EU-Offenlegungsverordnung oder bei den Vorgaben von Labels und Siegeln. Am Ende kommt es aber auf die Auswahl der Indizes an. Hier prüfen wir beispielsweise, ob die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllt sind. Für Investoren, die einen niedrigen Tracking Error und geringe Performance-Unterschiede zwischen Standard- und ESG-Indizes wünschen, bieten wir sogenannte MSCI ESG Min TE Indizes für regionale Aktienmärkte an.

Wie viele nachhaltige ETFs haben Sie derzeit im Angebot?

Hecher: Aktuell bieten wir insgesamt 100 ETFs mit einem Volumen von rund 33,8 Milliarden Euro an. Davon sind 64 mit einem Volumen von 17,5 Milliarden Euro nachhaltig. 87 Prozent davon entsprechen Artikel 8 oder 9 der EU-Offenlegungsverordnung.* Den ersten nachhaltigen ETF haben wir 2008 aufgelegt.

 

 

Was brauchen ETFs Ihrer Meinung nach, um wirklich nachhaltig zu sein und mehrheitlich den Ansprüchen der Anleger zu genügen?

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Hecher: Anleger hätten mehr Sicherheit, wenn Anbieter präziser die Branchen nennen, die sie ausschließen, und ihren Umgang mit Kontroversen deutlicher machen würden. Bei der Titelselektion sollten sie klar definierte ESG-Kriterien berücksichtigen. Ein weiterer Schritt wäre die Prüfung durch eine neutrale Instanz.

Wie beliebt sind nachhaltige ETFs in Deutschland im Vergleich zu den USA und Rest-Europa?

Hecher: In Europa sind nachhaltige ETFs beliebter als in den USA. Für Deutschland allein ist das anhand von Daten schwer zu beurteilen. Aber in Ländern wie Frankreich oder Belgien haben nachhaltige ETFs bereits einen höheren Stellenwert als bei uns.

Welche Anleger interessieren sich typischerweise für ESG-ETFs?

Hecher: Die stärkste Nachfrage kommt von Dachfonds-Managern in den Vermögensverwaltungen von Banken, Versicherungen und Stiftungen, aber auch von Privatinvestoren über Direkt-Broker.

Warum sollten sich Investoren für einen ESG-ETF entscheiden?

Hecher: Abgesehen von dem immer geltenden Argument der niedrigeren Kosten berücksichtigen Anbieter die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens und Aspekte der transparenten und kontrollierten Unternehmensführung. Der Vorwurf des 'Preises der niedrigeren Rendite im Vergleich zu aktiven Fonds' lässt sich nicht belegen. Viele Manager schlagen auch mit nachhaltigen Strategien oft nicht den Index.

Glauben Sie, dass es irgendwann nur noch nachhaltige ETFs gibt?

Hecher: Das kann gut sein. Die Entwicklung hängt vom Willen der Investoren ab, mit ihrem Geld Positives zu bewirken. Zudem spielt die Regulatorik eine wichtige Rolle.

* Stand: 30. Juni 2022

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