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Alfred Platow im Interview
„Anleger müssen sich konsequenter für Nachhaltigkeit einsetzen“
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Alfred Platow im Interview „Anleger müssen sich konsequenter für Nachhaltigkeit einsetzen“

Von in FondsLesedauer: 6 Minuten
Alfred Platow, Ökoworld
Alfred Platow, Gründer und Vorstandsvorsitzender von Ökoworld: „Viele Anleger setzen sich nicht wirklich für Nachhaltigkeit ein.“ | Foto: Fotomontage mit Canva / Ökoworld

DAS INVESTMENT: Herr Platow, nachhaltige Aktienfonds sind beliebt. Worauf basiert der Erfolg?

Alfred Platow: Leider teils auf Nichtwissen und Täuschung der Anleger. Nachhaltigkeit im Konsum ist Trend und Mode. Sie gilt als schick und ist häufig mehr Schein als Sein. Das ist ein trauriger Fakt. Alle sind grundsätzlich für Klimaschutz, doch nur wenige sind bereit, sich mit Haut und Haaren darauf einzulassen.

Das zeigte sich bei Fondsanlagen auch im Ausnahmejahr 2022. Es war für Investoren in vielerlei Hinsicht sehr herausfordernd. Die insgesamt extrem volatile Entwicklung bescherte deutliche Kursverluste – sowohl bei Aktien als auch vermeintlich sicheren Anleihen. Für Ökoworld mit hundertprozentiger Ausrichtung auf ethisch-ökologische Investments, einem hohen Anteil an kleinen beziehungsweise mittelgroßen Unternehmen und Fokus auf Qualität unter gleichzeitiger Beachtung strenger Ausschlusskriterien bot das Jahr 2022 ein besonders herausforderndes Umfeld. Einerseits gehörten viele Qualitätsunternehmen aus unserem Investment-Universum zu den Verlierern. Andererseits führte unser Nachhaltigkeitsansatz gepaart mit unserem Kriterienkatalog gegenüber kontroversen Branchen dazu, dass wir in teils hochgejubelte Sektoren natürlich nicht investiert haben. Dazu zählen zum Beispiel die Atomkraft, die Rohstoff-, Öl- & Gasförderungs-, Waffen- und Rüstungsbranche. Das unterscheidet uns von vielen Themenfonds-Anbietern, die zwar auch Titel erwerben, die einen Klimabezug haben, aber nicht unserem hohen ethisch-ökologischen Anspruch gerecht werden.

Die Performance-Entwicklung war im Krisenjahr 2022 klar unterdurchschnittlich. Im längerfristigen Kontext überwiegen jedoch eindeutig die erfreulichen Jahre. Dennoch hat genau diese Ausnahmesituation zu Skepsis und Verunsicherung geführt. Solange das so bleibt, sehe ich für echte dunkelgrüne Anlagen, die aus absoluter Überzeugung getätigt werden, eher schwarz. Anleger müssen umdenken und selber prüfen, ob sie echte nachhaltige Investments mit strengen Kriterien, wie wir sie bei Ökoworld anbieten, wirklich wollen.

Was ist im vergangenen Jahr an den Märkten genau passiert?

Platow: Im Wesentlichen haben wir 2022 eine Rotation zugunsten von No-Go-Sektoren sowie eine ausgeprägte Schwäche bei Schwellenländeraktien und Small- und Mid Caps beobachtet. Wegen unseres strikten Nachhaltigkeitsansatzes konnten wir nicht an der Entwicklung von Apple, Microsoft und LVMH partizipieren. Und dabei wird es auch bleiben. Die Unternehmen sind für uns rote Tücher, die wir nicht grün reden. Wir halten konsequent an unserer strikten ethisch-ökologischen Ausrichtung und dem erfolgreichen Management- und Investmentstil fest. Damit partizipieren wir weiterhin an aussichtsreichen Investment-Themen. Die fundamentale Entwicklung der Unternehmen wird sich auf Dauer auch wieder in der positiven Kursentwicklung widerspiegeln. Geduldige Investoren werden davon profitieren. Wir befinden uns aus meiner Sicht gerade in einer Phase mit Kaufkursen, einer Zeit, in der man günstig einsteigen kann.

 

Was denken Sie über die aktuelle Regulierung nachhaltiger Aktienfonds?

Platow: Sie ist nicht durchdacht, ein unfertiges Regelwerk. Die EU-Taxonomie definiert für mich ganz klar nicht, was grün und was nachhaltig ist. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es unglaubwürdig und praktisch nicht umsetzbar erscheint, dass eine EU-Richtlinie für internationale Asset Manager gelten soll, die in Schwellenländern, den USA und eben global auch in Werte investieren, die nicht taxonomiert sind.

Was halten Sie von Qualitätsstempeln wie dem Morningstar Sustainability Rating und dem FNG-Siegel?

Platow: Das sind für mich persönlich eher Marketing-Siegel. Es sind Ratings für die Industrie, die sie gegenüber Endverbrauchern und in der Presse und im Marketing ins Schaufenster stellen kann. Ich bin skeptisch. Das ist meine Sicht der Dinge.

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Vor welchen Herausforderungen stehen Sie als Anbieter?

Platow: Der Äpfel-Birnenvergleich ist eine Herausforderung. Unsere Fonds werden mit Offerten verglichen, deren Inhalt großteils das abbildet, was bei uns auf der roten Ausschlussliste steht. Das zu transportieren und zu erklären, ist eine wirkliche Herausforderung. Das gilt insbesondere dann, wenn die Performance mal nicht so prickelnd ist. Dann müssen sich Menschen intensiver mit den Gründen und Ursachen und dem Inhalt von Fonds auseinandersetzen. Das machen aber die wenigsten gerne.

 

Wo sind Investments aktuell besonders spannend?

Platow: Die aktuelle Schwäche in Schwellenmärkten und bei kleineren Unternehmen sehen wir als gute Einstiegsgelegenheit. Die Bewertungen sind im historischen Vergleich niedrig. Gerade in diesen Märkten macht aktives Stockpicking – unser Investment-Ansatz – besonders viel Sinn. Unser Investment-Prozess mit Fokus auf kleine und mittelgroße Unternehmen, die Nähe zu Unternehmen inklusive dem persönlichen Austausch bringt uns einen Informationsvorsprung in diesen weniger effizienten Marktsegmenten. Zudem operieren viele kleinere Firmen in profitablen Nischen mit weit überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial. Sie sind innovativ und können flexibler auf Veränderungen reagieren. All diese positiven Merkmale führten dazu, dass Small- und Mid Caps sich langfristig besser entwickelten als große Indexschwergewichte.

Nach der jüngsten Entwicklung gibt es viele aussichtsreiche kleine Unternehmen mit Discount an der Börse. Wir sind davon überzeugt, dass sich die Erfolgsgeschichte bei kleineren Unternehmen hoher Qualität mit Partizipation an strukturellen Wachstumstrends weiter fortsetzt. Unsere übergeordneten Investment-Treiber wie der demografische Wandel, das Bevölkerungswachstum, die wachsende Mittelschicht und der Klimawandel sind absolut intakt. Das wird sich langfristig auch wieder in Aktienkursen entsprechend positiv ausdrücken.

Von welchen Titeln lassen Sie lieber die Finger?

Platow: Von No-Go Aktien, die ich bereits erwähnt habe. Wir haben nach dem enttäuschenden Ausgang des Weltklimagipfels in Ägypten nochmals nachgeschärft. Klar ist, dass Ökoworld fossile Energien grundsätzlich ausschließt. Zum Teil wird bei Multiversorgern jedoch eine verbleibende, ausschließlich ökoeffiziente Gasinfrastruktur akzeptiert, wenn ein glaubwürdiger und nachgewiesener Ausstiegspfad umgesetzt wird. Das ist der Fall, wenn beispielsweise Infrastrukturen zudem für die Wasserstoffwirtschaft unter Umständen nutzbar sind. Nach dem gescheiterten Klimagipfel haben wir jedoch Unternehmen aus diesem Umfeld auch ausgeschlossen, da der erwähnte Ausstiegspfad nicht mehr zu erkennen ist. Unser Nachhaltigkeits-Research kontrolliert die einst freigegebenen Unternehmen immer wieder und schließt auch einst ins Anlageuniversum aufgenommene Unternehmen nach Bedarf und Notwendigkeit wieder aus. Der Prozess ist nicht starr, sondern sehr dynamisch.

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