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Nachhaltige Versicherer: Worauf Kunden Wert legen

Seit August vergangenen Jahres müssen Versicherungsvermittler die Nachhaltigkeitsvorstellungen beziehungsweise -präferenzen ihrer Kunden in jedem Beratungsgespräch berücksichtigten. Mittlerweile ist sich der Großteil der Finanzwelt einig, dass die Umsetzung unzureichend funktioniert. Neben dem eher geringen Kundeninteresse spielt die Schwierigkeit in der Auswahl geeigneter Produkte nach den Vorgaben der EU-Taxonomie eine wesentliche Rolle.
Dass die Versicherer allerdings eine Verantwortung über ihre Produkte und deren Nachhaltigkeit hinaus haben, zeigen nun veröffentlichte Ergebnisse einer Befragung des Analysehauses Assekurata aus dem Juli unter rund 1.000 Personen. Die Studie „Nachhaltigkeit der Versicherer aus Kundensicht 2023“ klärt darüber auf, wie sich Endkunden Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Versicherungsgesellschaften vorstellen und welchen Stellenwert sie dem Thema beimessen.
Geringes Verständnis von spezifischer Nachhaltigkeit bei Versicherungen
Die Teilnehmer wurden befragt, wie klar ihre Vorstellung von der Bedeutung des Begriffs Nachhaltigkeit im Kontext von Versicherungsunternehmen ist. Im Zuge dessen gaben 21,1 Prozent der Befragten an, eine sehr klare Vorstellung von Nachhaltigkeit im Allgemeinen zu haben. Allerdings führen nur 5 Prozent aus, eine sehr klare Vorstellung des Begriffs in diesem im Zusammenhang zu besitzen. Stattdessen haben 52,5 Prozent eine unklare oder eher unklare Vorstellung von Nachhaltigkeit im Kontext von Versicherungsunternehmen. Im Vergleich dazu lag dieser Anteil bei der Frage zur allgemeinen Nachhaltigkeit lediglich bei 7,1 Prozent.

„Es ist also deutlich zu erkennen, dass Verbraucher eine weniger klare Vorstellung von Nachhaltigkeit bei Versicherungsunternehmen haben und diesen Begriff weniger gut definieren können als den allgemeinen Nachhaltigkeitsbegriff. Darüber hinaus lässt sich eine Tendenz beobachten, dass mit zunehmendem Alter der Befragten die Vorstellung von Nachhaltigkeit bei Versicherungsunternehmen weniger klar wird“, schreibt Autor Christopher Herbeck, Analyst bei der Assekurata Rating-Agentur.
Für nur rund 7 Prozent ist Nachhaltigkeit der Produktwahl wichtig
Ein ähnliches Muster ergab sich laut Assekurata bei der Frage nach der Bedeutung von Nachhaltigkeit bei der Auswahl von Versicherungsprodukten. Nur 7,1 Prozent der Befragten waren Nachhaltigkeit bei Versicherungsprodukten wichtig und 22,0 Prozent eher wichtig. Das sind Werte, die tendenziell noch unterhalb derer bei vergleichbaren Umfragen liegen. Im Gegensatz dazu erklärten 40 Prozent, dass ihnen das Thema unwichtig oder eher unwichtig ist. Für 31 Prozent gilt das teilweise.
Auffällig ist, dass gleichzeitig 61,1 Prozent angeben, dass ihnen eine nachhaltige Lebensweise persönlich wichtig oder eher wichtig ist, während nur 9,9 Prozent sie als unwichtig oder eher unwichtig erachteten. Dies verdeutliche, dass Verbraucher ihre persönliche Einstellung nicht unbedingt auf ihre Entscheidungen bei der Auswahl von Versicherungsprodukten übertragen. Überdies zeigen die Umfrageergebnisse, dass die Relevanz des Nachhaltigkeitsaspekts bei Versicherungsprodukten mit zunehmendem Alter der Befragten tendenziell abnimmt.

Kapitalanlagefaktoren spielen noch die größte Rolle
In der Verbraucherbefragung wurde auch der Stellenwert verschiedener Nachhaltigkeitsaspekte untersucht. Dabei wurden fünf Bereiche in den Kategorien Hauptverwaltung, Kapitalanlage und Produkte unterschieden. Denn man wolle von den Befragten erfahren, welche Faktoren ihrer Ansicht nach charakteristisch für nachhaltiges Handeln von Versicherungsunternehmen sind, so der Studienautor. Dabei wurden die Aspekte der Kapitalanlage von den Befragten am ehesten mit einem nachhaltigen Handeln eines Versicherers in Verbindung gebracht.
Übergreifend über die Hauptkategorien hinweg sahen die Befragten den sparsamen Umgang mit Ressourcen am Hauptstandort als wichtigsten Aspekt für das nachhaltige Handeln eines Versicherungsunternehmens. Es folgen die Vorgaben „Ausschluss von Investitionen in umweltschädigende Unternehmen“ und „Investition in klimafreundliche Technologien“ bei der internen Kapitalanlage.
Am wenigsten Einfluss auf die Wahrnehmung von Nachhaltigkeit hatten das Pflanzen von Bäumen oder Spendenleistungen. Ebenso wurde Fairness gegenüber den Mitarbeitern von den Befragten nicht als ein deutliches Signal für Nachhaltigkeit angesehen, berichtet Assekurata. Tatsächlich liegt der Aspekt am Ende des Rankings, die Bedeutungszuschreibung der Kunden ist mit einem Noten-Mittelwert von 2,37 dennoch recht hoch.

Fragwürdige Schlussfolgerung
Auffällig ist, dass die Unterschiede zwischen dem wichtigsten und dem unwichtigsten Nachhaltigkeitsaspekt nicht besonders groß sind. „Das zeigt, dass die Befragten ein eher unklareres Bild von Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche haben“, schlussfolgert Herbeck.
Diese Interpretation wird allerdings nicht weiter begründet und erscheint insofern fragwürdig, als es keine allgemeingültige Definition der für Versicherer wichtigsten ESG-Kriterien gibt. Jede der von Assekurata vorgegeben Aspekte hat zweifellos eine Nachhaltigkeitsdimension, sodass die tendenziell hohe Bedeutungszuschreibung mit Mittelwerten nach Schulnoten von 1,93 bis 2,41 nachvollziehbar erscheint. Gesichert festzustellen ist allenfalls, dass umweltbezogene Faktoren von den Studienteilnehmern als wichtiger angesehen werden als soziale Themen.